«Was soll ich mit der Leiche tun?«bellte Jax.
«Halten Sie sie eine Weile frisch, Kaktus will es so.«
«Kaktus? Ich war die ganze Nacht bei ihm im Krankenhaus. Er wird bald wieder okay sein, aber er weiß genausowenig wie ich, was, zum Teufel, eigentlich vorgeht.«
«Ich kann auch nicht immer alles erklären! Sonst wäre ich nicht beim Geheimdienst«, sagte Alex.»Ich rufe zurück.«
Danach war er in die Küche gegangen und hatte den Kopf unter den Wasserhahn gehalten. Was konnte sonst noch schiefgehen? Und natürlich klingelte das Telefon.
«Himmel, Arsch«, sagte Conklin und nahm den Hörer ab.
«Hol mich hier raus«, sagte Jason Borowski ohne eine Spur von David Webb in der Stimme.»Ich muß nach Paris!«
«Was ist passiert?«
«Er ist entkommen, das ist passiert, und ich muß getarnt nach Paris, ohne Paß und Zoll. Er hat sie alle in der Tasche, und ich darf ihm keine Chance geben, mich aufzuspüren… Alex, hörst du mir zu?«
«DeSole wurde heute nacht gekillt, bei einem Unfall, der kein Unfall war, um vier Uhr früh. Medusa ist im Anmarsch.«
«Ich scheiße auf Medusa! Das ist Geschichte für mich. Wir haben es falsch angepackt. Ich will den Schakal, und ich habe einen Anhaltspunkt. Ich kann ihn finden — und schnappen!«
«Und du läßt mich mit Medusa allein…«
«Du hast gesagt, du willst hoch in die Chefetage gehen — du hast gesagt, daß du mir nur achtundvierzig Stunden bis dahin gibst. Du kannst die Uhr vorstellen und hochgehen, bring mich nur hier raus und nach Paris.«
«Sie wollen mit dir reden.«
«Wer?«
«Peter Holland, Casset und wen sie sonst noch anschleppen… den Generalstaatsanwalt, ja, und den Präsidenten.«
«Worüber?«
«Du warst es doch, der sich mit Armbruster, mit Swaynes Frau und Sergeant Flannagan unterhalten hat. Nicht ich. Ich habe nur ein paar Stichworte hingeworfen, die bei Armbruster und bei Atkinson, dem Botschafter in London, Antworten ausgelöst haben. Ich weiß nichts Wesentliches. Du hast den Überblick. Ich kann zu leicht widerlegt werden. Sie müssen mit dir sprechen.«
«Und den Schakal soll ich mir solange warmhalten?«
«Nur für einen Tag, höchstens zwei.«
«Verdammt, nein! Weil es so nicht funktioniert, und das weißt du! Wenn ich erst einmal dort bin, dann bin ich ihr einziger wichtiger Zeuge und werde von einem geschlossenen Verhör zum anderen geschleppt. Und wenn ich mich weigere, mit ihnen zusammenzuarbeiten, dann werde ich verhaftet. Nichts da, Alex. Ich habe nur eine Priorität: Paris!«
«Hör mal«, sagte Conklin.»Es gibt ein paar Sachen, die kann ich kontrollieren, andere nicht. Wir haben Charlie Casset gebraucht, und er hat uns geholfen. Aber er ist nicht jemand, den man betrügen kann, und das will ich auch nicht. Er weiß, daß DeSoles Tod kein Unfall war, und er weiß auch, daß wir eine Menge mehr über DeSole und Brüssel wissen, als wir ihm erzählen. Wenn wir alle Hilfe der CIA wollen, und wir brauchen sie, zum Beispiel, um dich auf einem Militär- oder Diplomatenflug nach Frankreich zu bringen, dann können wir Casset nicht ignorieren. Dann würde er uns einen Tritt in den Arsch geben und, aus seiner Sicht, mit Recht.«
Borowski schwieg. Nur sein Atem war zu hören.»In Ordnung«, sagte er dann.»Wie geht's weiter? Du sagst Casset, wenn er uns jetzt alles gibt, was wir wollen, dann geben wir ihm, nein, dann gebe ich ihm alles, was er will. Du mußt dich da möglichst raushalten. Ich liefere dem Justizminister genug Informationen, um die dicksten Fische in der Regierung anzuklagen. Allerdings unter der Voraussetzung, daß das Justizministerium nicht bereits Teil der Schlangenlady ist… Du kannst noch sagen, daß ich ihnen einen Friedhof verraten werde, der sehr aufschlußreich sein dürfte.«
Nun war Conklin an der Reihe, einen Moment zu schweigen.»Er wird mehr als das wollen, er wird wissen wollen, was mit dir und dem Schakal ist.«
«Ich verstehe. Für den Fall, daß ich verliere. Okay, dann sag ihm noch, daß ich, sobald ich in Paris bin, alles, was ich weiß, diktiere und abschreiben lasse und daß ich es an dich schicke. Vielleicht jeweils ein oder zwei Seiten, damit sie kooperativ bleiben.«
«In Ordnung… Jetzt zu Paris. Wenn ich mich recht erinnere, liegt Montserrat in der Nähe von Dominica und Martinique, oder?«
«Jeweils weniger als eine Stunde entfernt, und Johnny kennt jeden Piloten auf den großen Inseln.«
«Martinique ist französisch, nehmen wir die. Ich kenne Leute im Deuxieme Bureau. Fliege also nach Martinique und ruf mich vom Flughafen aus an. Bis dahin habe ich alles fertig.«
«Wird gemacht… Da ist noch eine letzte Sache, Alex: Marie. Sie und die Kinder werden heute nachmittag wieder hiersein. Rufe sie an, bitte, und sage ihr, daß ich in Paris alle CIA-Unterstützung habe.«
«Du verdammter, verlogener Hurensohn…«
«Bitte!«
«Also gut, ist gemacht. Apropos lügen — wenn ich den Tag überlebe, bin ich heute abend bei Mo Panov zum Essen eingeladen. Er ist allerdings ein schrecklicher Koch, auch wenn er glaubt, er sei der größte. Und ich würde ihm gern von den jüngsten Ereignissen berichten. Er flippt aus, wenn ich mich weigere!«
«Dann tu's. Ohne ihn würden wir schließlich beide in einer Gummizelle sitzen und auf rohem Leder kauen.«
«Bis später. Viel Glück.«
Am nächsten Tag um 10.25 Uhr morgens, Ortszeit Washington, kam Dr. Morris Panov in Begleitung eines Wächters aus dem Walter-Reed-Hospital. Er hatte eine therapeutische Sitzung mit einem ausgeschiedenen Armeeoffizier hinter sich, der unter einem traumatischen Erlebnis litt. Bei einer Übung, acht Wochen zuvor, waren mehr als zwanzig Rekruten, die unter seinem Kommando standen, ums Leben gekommen. Der Mann hatte sich schuldig gemacht, weil er seine Leute eindeutig überfordert hatte, nur um sie zu drillen. Nun mußte er lernen, mit seiner Schuld fertig zu werden. Panov murmelte versunken ein paar Gedanken vor sich hin, als er plötzlich erschrocken den Wächter ansah.»Sie sind neu, nicht wahr? Ich dachte, ich kenne euch alle.«
«Ja, Sir. Wir werden oft kurzfristig versetzt, das hält alle auf Zack.«
«Richtig, Gewohnheit lullt ein. «Der Psychiater ging weiter bis zu dem Platz, wo normalerweise sein gepanzerter Wagen auf ihn wartete. Heute stand dort ein anderes Fahrzeug.»Das ist nicht mein Wagen«, sagte er verwirrt.
«Steigen Sie ein«, befahl der Wächter und öffnete den Wagenschlag.»Was?«Ein paar Hände griffen nach ihm, ein uniformierter Mann zog ihn auf den Rücksitz. Der Wächter stieg ebenfalls ein. Sie hielten den Psychiater fest; der eine, der im Wagen gesessen hatte, riß Mos Leinenjackett herunter, schob den kurzen Ärmel seines Hemdes zurück und jagte ihm eine Spritze in den Oberarm.
«Gute Nacht, Doktor«, flötete der Soldat mit den Abzeichen des Medizinerkorps auf seinen Epauletten.»Ruf New York an«, war das letzte, was Mo Panov hörte.
Kapitel 19
Die Air France 747 aus Martinique kreiste im abendlichen Dunst von Paris über dem Flughafen Orly. Der Flug hatte fünf Stunden und zweiundzwanzig Minuten Verspätung wegen schlechten Wetters in der Karibik. Der Pilot bereitete den Landeanflug vor, und der Kopilot machte dem Tower davon Meldung. Dann schaltete er auf die geheime Frequenz und schickte eine letzte Botschaft an einen gesonderten Empfänger im Tower.»Deuxieme, Spezialladung. Teilen Sie bitte Ihrem Mann mit, er kann jetzt seine Position einnehmen. Danke. Ende.«