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«Nein. Ich rannte um mein Leben, als dieser Verrückte mit den Leuchtraketen, wie heißt er, Webb, in der Auffahrt auf mich schoß. Er erwischte mich, ich fiel hin, und das lausige Buch fiel mir aus der Hand — gerade als der Polizeiwagen ankam. Er hob's auf, und ich bin wie der Teufel zum Zaun gerannt.«

«Webb hat es also.«

«Nehme ich an.«

«Christus auf dem Trampolin…!«

«Sonst noch was, Lou? Wir sind gerade dabei, die Kerzen auf der Torte anzuzünden.«

«Ja, Mario, ich brauche dich möglicherweise in Washington…«

«Nee, einen Moment mal, cugino, du kennst meine Regeln. Immer etwas Pause zwischen den Geschäftsreisen. Wie lange dauerte Manassas? Sechs Wochen? Und im vergangenen Mai in Key West, drei, beinahe vier Wochen. Ich kann nicht anrufen, keine Postkarte schreiben — nein, Lou, ich habe Verantwortung Angie und den Kindern gegenüber. Ich will keine Schlüsselkinder großziehen. Sie sollen ein Vorbild haben, verstehst du, was ich meine?«

«Was habe ich nur für einen verdammten Cousin!«Louis warf den Hörer hin und griff sofort wieder danach, als er über die Tischplatte flog und sich im Elfenbein ein Riß zeigte.»Der beste Killer auf dem Markt und gleichzeitig eine Flasche«, murmelte der capo supremo, während er wie besessen wählte. Als abgenommen wurde, verschwand der Zorn aus seiner

Stimme, das heißt, er war nicht mehr zu hören:»Hallo, Frankie-Boy, wie geht es meinem besten Freund?«

«Oh, hi, Lou«, kam zögernd eine schmachtende Stimme aus einem teuren Appartement in Greenwich Village.»Kann ich dich in zwei Minuten zurückrufen? Ich bringe gerade meine Mutter in ein Taxi, mit dem sie zurück nach Jersey will. Okay?«

«Sicher, mein Kind. Zwei Minuten. «Mutter? Verdammter Hurensohn! Il pinguino! Louis ging zu seiner Spiegelmarmorbar, wo rosa Engel über den Whiskyflaschen schwebten. Er schenkte sich einen Drink ein und nahm ein paar beruhigende Schlucke. Das Bartelefon klingelte.

«Ja?«sagte er, als er vorsichtig das zerbrechliche Kristallinstrument aufnahm.

«Ich bin es, Lou. Frankie. Ich habe Mama auf Wiedersehen gesagt.«

«Ein guter Junge, Frankie. Man soll nie die Mama vergessen.«

«Hast du mir beigebracht, Lou. Du hast mir erzählt, daß du deiner Mutter die größte Beerdigung ausgerichtet hast, die man je in East Hartford gesehen hat.«

«Ja, ich hab die ganze verdammte Kirche gekauft, Junge.«

«Wie schön, sehr schön.«

«Nun laß uns zu was anderem Schönen kommen, ja? Es ist mal wieder einer dieser Tage gewesen, Frankie, viel Ärger, du weißt, was ich meine.«

«Gewiß, Lou.«

«Ich brauche etwas Erleichterung. Komm her, Frankie.«

«So schnell, wie es mit einem Taxi geht, Lou.«Prostituto! Es würde sein letzter Job sein. Frankie, das Großmaul.

Der gutgekleidete Anwalt lief zwei Blöcke in Richtung Süden und einen Block in Richtung Osten zu seinem wartenden Wagen unter dem Baldachin eines imposanten Wohngebäudes, immer

noch in Brooklyn Heights. Sein untersetzter Chauffeur unterhielt sich mit dem uniformierten Portier, dem er ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte. Als er seinen Chef sah, ging er rasch zur rückwärtigen Tür und hielt sie auf. Wenige Minuten später steckten sie mitten im Verkehr in Richtung Brücke.

In der Stille des Fonds öffnete der Anwalt seinen Gürtel aus Krokodilleder, drückte auf die Schnalle, und eine kleine Hülse fiel zwischen seine Beine. Er hob sie auf und legte den Gürtel wieder an. Er hielt die Hülse gegen das gedämpfte Licht am Fenster und besah sich das Miniaturaufnahmegerät, das durch Stimmen aktiviert wird. Es war ein außerordentliches Gerät, winzig und mit einem Acryl-Mechanismus, der es erlaubte, es auch durch die ausgeklügeltsten Sicherheitsschleusen zu bringen. Der Anwalt beugte sich in seinem Sitz vor und sagte zu dem Fahrer:»William?«

«Ja, Sir. «Der Chauffeur sah in den Rückspiegel und sah die ausgestreckte Hand seines Chefs. Er griff danach.

«Bring das ins Haus und überspiele es bitte auf eine Kassette, ja?«

«Jawohl, Major.«

Der Manhattan-Anwalt lehnte sich im Sitz zurück und lächelte vor sich hin. Von jetzt an würde ihm Louis alles liefern, was er wollte. Ein Capo durfte keine Nebenabsprachen treffen, wenn es um die Familie ging. Ganz zu schweigen vom Eingeständnis gewisser sexueller Präferenzen.

Morris Panov saß mit einer Augenbinde neben seinem Wächter auf dem Vordersitz des Wagens. Seine Hände waren locker, beinahe höflich gebunden, als sei der Capo der Meinung, er würde überflüssige Befehle befolgen. Sie waren etwa dreißig Minuten schweigend gefahren. Dann sagte der Wächter.

«Was ist ein Perio-oh-Zahnarzt?«fragte er.

«Ein Kieferorthopäde, ein Arzt, der auf Kieferoperationen spezialisiert ist, bei Problemen, die mit den Zähnen oder dem Zahnfleisch zusammenhängende

Schweigen.

Sieben Minuten später:»Welche Art von Problemen?«

«Beliebig. Von Infektionen und dem Ausschaben der Wurzeln bis hin zu komplizierteren Maßnahmen, gewöhnlich zusammen mit einem Onkologisten.«

Schweigen.

Vier Minuten später:»Was war das zuletzt? Dieser Onkel-

was?«

«Mundkrebs. Wenn es rechtzeitig gemacht wird, brauchen nur kleinere Knochenteile herausgenommen zu werden… Wenn nicht, dann muß der ganze Kiefer entfernt werden. «Panov spürte, wie der Wagen ins Schlingern geriet, als der Fahrer für einen Moment die Kontrolle verlor.

Schweigen.

Anderthalb Minuten später:»Den ganzen verdammten

Kiefer?«

«Nur so ist der Patient noch zu retten. «Dreißig Sekunden später:»Sie glauben, daß ich so was haben könnte?«

«Ich bin Arzt und will niemanden beunruhigen. Mir ist lediglich ein Symptom aufgefallen, ich habe keine Diagnose gestellt.«

«Scheiße auch! Dann machen Sie doch eine Diagnose!«

«Dazu bin ich nicht qualifiziert.«

«Verdammt! Sie sind doch Doktor oder nicht? Ich meine, ein richtiger Doktor, kein fasullo, der nur so tut, aber nicht mal ein Schild hat.«

«Doktor bin ich.«

«Dann sehen Sie mich an!«

«Ich kann nicht. Ich habe eine Binde vor den Augen. «Panov fühlte plötzlich die dicke, starke Hand des Wächters an seinem Kopf, wie er das Tuch herunterriß. Das dunklere Innere des Wagens beantwortete Mos Frage: Wie konnte man mit einem Passagier, dem die Augen verbunden waren, so mir nichts, dir nichts durch die Gegend fahren? In diesem Wagen war es kein Problem. Außer der Windschutzscheibe waren die Fenster nicht nur gefärbt, sondern beinahe undurchsichtig.»Machen Sie schon, sehn Sie her!«Der Capo, den Blick auf die Straße gerichtet, verdrehte seinen Kopf grotesk in Richtung Panov. Seine dicken Lippen waren hochgezogen und seine Zähne gebleckt wie bei einem Kind, das vor einem Spiegel Monster spielt.

«Sagen Sie mir, was Sie sehen.«

«Es ist zu dunkel hier drinnen«, erwiderte Mo. Aber das Wichtigste, was er sehen wollte, konnte er durch die Windschutzscheibe erkennen. Sie befanden sich auf einer Landstraße, so schmal und so ländlich, daß es schon einen Schritt daneben nichts als Schlamm gab. Wohin immer er gefahren wurde, es geschah auf extremen Umwegen.

«Öffnen Sie das verdammte Fenster!«bellte der Wächter, den Kopf immer noch verdreht, wobei sein offenstehender Mund einer Karikatur von Orca glich, einem Wal, der sich übergeben wollte.»Verheimlichen Sie mir nichts. Ich werde diesem Sack jeden Finger brechen! Er kann dann seine verdammten Operationen mit den Ellbogen machen! Ich habe meiner Schwester gesagt, daß er nicht gut ist, dieser Windhund. Liest immer Bücher, keine action, wenn Sie wissen, was ich meine?«

«Wenn Sie mal für ein paar Sekunden zu schreien aufhören, dann kann ich mehr erkennen«, sagte Panov, nachdem er das Fenster auf seiner Seite runtergedreht hatte und nichts als Bäume sah und gewöhnliches Gebüsch auf einer entschieden abgelegenen Straße, die bestimmt nicht auf vielen Karten eingezeichnet war.»Da haben wir es«, fuhr Mo fort und hob seine locker gebundenen Hände zu dem Mund des Capo, ohne jedoch die Straße aus dem Auge zu lassen.»Oh, mein Gott!«schrie Panov.