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«Ja, ja… Warte eine Minute! Hier gegenüber ist ein Laden für Lebensmittel. Das Schild heißt Battle Ford's Best, reicht das?«

Ein Seufzen am anderen Ende der Leitung in Virginia war die Antwort.»Ja, tut es. Wenn du ein sozial produktiver Sammler von Militaria aus dem Bürgerkrieg wärst und nicht ein unbedeutender Holzkopf.«

«Was soll das heißen?«

«Geh rüber zum alten Schlachtfeld von Ford's Bluff. Das ist ein nationales Heiligtum. Da stehen überall Schilder. Ein Hubschrauber wird in dreißig Minuten dort sein.«

«Weißt du, wie dramatisch du dich anhörst? Dabei war ich das Objekt von Feindseligkeiten…«

«Das reicht, Coach.«

Borowski ging in das Pont-Royal und direkt zum Nachtportier, entnahm seinem Geldbeutel eine Note von fünfhundert Francs und schob sie ihm ruhig in die Hand.

«Mein Name ist Simon«, sagte er lächelnd.»Ich bin weggewesen. Irgendwelche Nachrichten?«

«Keine Nachrichten, Monsieur Simon«, war die ruhige Antwort,»aber zwei Männer stehen draußen, der eine in der Rue Montalembert und der andere in der Rue de Bac.«

Jason holte eine Tausend-Francs-Note heraus und drückte sie dem Mann in die Hand.»Ich zahle für so einen Blick, und ich zahle gut. Weiter so.«

«Natürlich, Monsieur.«

Borowski ging zu dem alten Fahrstuhl. Auf seinem Stock ging er die sich kreuzenden Korridore entlang zu seinem Zimmer. Nichts war verändert, alles war so, wie er es zurückgelassen hatte, außer daß das Bett gemacht war. Das Bett. Oh, Gott, er brauchte Ruhe, Schlaf. Er konnte so nicht weitermachen. Irgend etwas war mit ihm — weniger Energie, weniger Luft. Und doch brauchte er beides mehr denn je zuvor. Wie gerne würde er sich hinlegen… Nein. Da war Marie. Da war Bernardine. Er ging zum Telefon und wählte die Nummer, die er im Gedächtnis hatte.

«Tut mir leid, daß es so spät geworden ist«, sagte er.

«Vier Stunden zu spät, man ami. Was ist passiert?«

«Keine Zeit. Was ist mit Marie?«

«Nichts. Absolut nichts. Sie ist mit keinem internationalen Flug gelandet, ist auch nicht für einen der kommenden Flüge eingetragen. Ich selbst habe die Anschlüsse von London, Lissabon, Stockholm und Amsterdam gecheckt nichts. Es gibt keine Marie Elise St. Jacques auf dem Weg nach Paris.«

«Muß aber. Sie würde niemals ihren Entschluß umstoßen, das sieht ihr nicht ähnlich. Und sie weiß nicht, wie man an den Kontrollen vorbeikommt.«

«Ich wiederhole. Sie steht auf keiner Flugliste irgendeines Fluges von wo auch immer nach Paris.«

«Verdammt!«»Ich werde es weiterprobieren, mein Freund. Die Worte vom heiligen Alex habe ich noch im Ohr. Unterschätze nicht la belle mademoiselle.«

«Sie ist keine verdammte Mademoiselle, sie ist meine Frau… Sie gehört nicht zu uns, Bernardine. Sie ist keine Agentin, die Haken schlagen kann, Doppelhaken, Dreifachhaken. Das ist sie nicht. Aber sie ist auf dem Weg nach Paris. Ich weiß es.«

«Die Fluggesellschaften wissen es nicht. Was kann ich mehr sagen?«

«Was Sie schon gesagt haben«, sagte Jason, wobei seine Lungen kaum noch Luft holen konnten und seine Augenlider immer schwerer wurden.»Weiterversuchen.«

«Was ist heute nacht passiert?«

«Morgen«, antwortete David Webb, kaum hörbar.»Morgen… Ich bin so müde, und ich muß jemand anders sein.«

«Wovon reden Sie? Sie hören sich an wie…«

«Nichts. Morgen. Ich muß nachdenken… Oder vielleicht sollte ich an gar nichts denken.«

Marie stand in Marseilles in der Schlange vor der Paßkontrolle, die glücklicherweise zu dieser frühen Stunde nicht lang war. Sie nahm einen gelangweilten Gesichtsausdruck an, obwohl sie sich keineswegs so fühlte. Sie war an der Reihe.

«Americaine«, sagte der verschlafene Beamte.»Sind Sie zum Vergnügen oder geschäftlich hier, Madame?«

«Je parle francais, monsieur. Ich bin Kanadierin aus Quebec. Separatistin.«

«Ah, bien!« Die verschlafenen Augen des Beamten öffneten sich ein bißchen weiter, als er auf französisch fortfuhr:»Sind Sie geschäftlich hier?«

«Nein. Meine Eltern sind aus Marseilles, und beide sind kürzlich verstorben. Ich möchte mir ansehen, woher sie stammen, wo sie gelebt haben — das, was mir vielleicht gefehlt hat.«

«Wie rührend, meine Dame«, sagte der Paßbeamte zu der ansprechenden Reisenden.»Vielleicht brauchen Sie auch einen Führer? Es gibt keinen Teil dieser Stadt, der nicht unauslöschlich in meinem Gedächtnis eingeprägt wäre.«

«Sie sind sehr freundlich. Ich werde im Sofitel Vieux Port absteigen. Wie heißen Sie? Meinen haben Sie ja.«

«Lafontaine, Madame. Zu Ihren Diensten!«

«Lafontaine? Sagen Sie nur!«

«Doch wirklich.«

«Wie interessant.«

«Ich bin sehr interessant«, sagte der Beamte mit halb geschlossenen Augenlidern, jetzt aber nicht aus Schläfrigkeit, während er die Stempelprozedur erledigte.

«Ich stehe Ihnen immer zu Diensten, Madame!«

Muß ich doch schon wieder auf diesen Clan stoßen, dachte Marie, als sie zum Gepäckband ging. Dann wollte sie einen Inlandflug unter irgendeinem Namen nach Paris buchen.

Francois Bernardine wachte plötzlich auf, stützte sich auf die Ellbogen, stirnrunzelnd, verwirrt.»Sie ist auf dem Weg nach Paris. Ich weiß es!«Die Worte ihres Mannes, der sie am besten kannte.»Sie steht auf keiner Flugliste irgendeines Fluges von wo auch immer nach Paris. «Seine eigenen Worte.

Paris. Das Schlüsselwort war Paris! Aber angenommen, es war nicht Paris?

Der Veteran vom Deuxieme kroch aus dem Bett. Das Licht des frühen Morgens schimmerte schon durch die hohen, schmalen Fenster seiner Wohnung. Er rasierte sich schneller, als es seinem Gesicht guttat, wusch sich, zog sich an und ging auf die Straße hinunter zu seinem Peugeot, an dessen Windschutzscheibe der unvermeidbare Zettel hing. Leider waren

sie nicht mehr auf offiziellem Weg mit einem Telefongespräch zu erledigen. Er seufzte, nahm ihn von der Scheibe und stieg in seinen Wagen.

Achtundfünfzig Minuten später schwenkte er auf den kleinen Parkplatz eines kleinen Ziegelsteingebäudes ein, der zum riesigen Cargo-Komplex des Flughafens Orly gehörte. Das Gebäude beherbergte eine Abteilung der Grenzbehörde, eine wichtige Abteilung, die einfach als Büro für Lufteinreise bekannt war, wo ausgeklügelte Computersysteme für die genaueste minütliche Kontrolle jedes Fluggastes nach Frankreich von allen internationalen Flughäfen sorgten. Eine wichtige Institution für die Einreisebehörde, die aber vom Deuxieme nicht häufig konsultiert wurde, denn für die Leute, an denen das Deuxieme in aller Regel interessiert war, gab es viel zuviel andere Einreisemöglichkeiten. Nichtsdestoweniger hatte Bernardine im Laufe der Jahre Informationen aus diesem Büro geholt, auf die Theorie bauend, daß das Sichtbare oft nicht wahrgenommen wurde. Ab und zu hatte er damit Erfolg gehabt. Er fragte sich, ob das auch an diesem Morgen der Fall sein würde.

Neunzehn Minuten später hatte er die Antwort. Aber der Erfolg kam zu spät. Es gab ein Münztelefon im Vorraum des Büros. Bernardine warf eine Münze hinein und wählte das Pont-Royal an.

«Ja?«hustete die Stimme von Jason Borowski.

«Entschuldigung, daß ich Sie geweckt habe.«

«Francois?«

«Ja.«

«Ich war gerade beim Aufstehen. Unten auf der Straße stehen zwei Männer, die noch müder als ich sind. Wenn sie noch nicht abgelöst worden sind.«

«Gestern abend oder die ganze Nacht?«

«Ich werd's Ihnen erzählen, wenn wir uns sehen. Was gibt's?«

«Ich bin in Orly, und ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten. Informationen, die zeigen, was für ein Idiot ich bin. Ich hätte daran denken müssen… Ihre Frau ist über Marseille gekommen, vor gut zwei Stunden. Nicht Paris. Marseille.«