«Warum sind das schlechte Nachrichten?«rief Jason.»Wir wissen, wo sie ist! Wir können… Oh, mein Gott, ich verstehe. «Borowskis Stimme wurde gedämpft.»Sie kann einen Zug nehmen, einen Wagen mieten… «
«Sie könnte auch unter irgendeinem falschen Namen nach Paris fliegen«, meinte Bernardine.»Doch ich habe da eine Idee. Wahrscheinlich ist sie genauso wertlos wie mein Verstand, aber trotzdem… Haben Sie spezielle — wie nennen Sie es? — Spitznamen füreinander? Kosenamen vielleicht?«
«Ehrlich gesagt, halten wir nicht viel von solchen Sachen… Moment mal. Vor ein paar Jahren hatte Jamie, das ist unser Sohn, Schwierigkeiten mit dem Aussprechen von Mommy. Er drehte es um und sagte Miemom. Wir machten unseren Spaß damit und nannten sie ein paar Monate lang auch so, bis der Junge es richtig konnte.«
«Liest sie die Zeitungen?«
«Andächtig, zumindest den Wirtschaftsteil. Ich bin nicht sicher, ob sie ernsthaft darüber hinauskommt. Es ist ihr morgendliches Ritual.«
«Auch in einer Krise?«
«Besonders in einer Krise. Sie behauptet, das beruhige sie.«
«Dann schicken wir ihr eine Botschaft — im Wirtschaftsteil.«
Botschafter Atkinson machte sich in der amerikanischen Botschaft in London auf einen Vormittag mit trübseliger Schreibarbeit gefaßt. Die Trübseligkeit wurde von einem Pochen in den Schläfen und einem schlechten Geschmack im
Mund begleitet. Es war kein typischer Kater, weil er nur selten Whisky trank und seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr wirklich betrunken gewesen war. Vor sehr langer Zeit, etwa zweieinhalb Jahre nach dem Fall von Saigon, hatte er die Grenzen seiner Talente und vor allem seiner finanziellen Möglichkeiten erkannt. Als er mit den normalen, nicht außergewöhnlichen Auszeichnungen aus dem Krieg zurückgekehrt war, hatte ihm seine Familie einen frei gewordenen Sitz an der New Yorker Börse verschafft, wo er in den folgenden dreißig Monaten etwas über drei Millionen Dollar verloren hatte.
«Hast du denn überhaupt nichts Vernünftiges gelernt in Andover und Yale?«hatte sein Vater gebrüllt.»Wenigstens ein paar Verbindungen in der Wall Street herzustellen?«
«Dad, sie waren alle eifersüchtig auf mich, du weißt das. Mein Aussehen, meine Mädchen — ich sehe wie du aus, Dad —, sie haben sich alle gegen mich verschworen. Manchmal denke ich, daß sie durch mich dir eins auswischen wollen! Du weißt, wie sie reden. Senior und Junior, glänzende Gesellschaften und all der Quatsch… Denk an die Kolumne in den Daily News, wo sie uns mit den Fairbanks verglichen haben.«
«Ich kenne Doug seit vierzig Jahren!«bellte der Vater.»Er ist aufgestiegen, weil er einer der Besten ist.«
«Und er war nicht in Andover oder Yale, Dad.«
«Er brauchte es nicht, zum Teufel! Warte mal. Der diplomatische Dienst…? Was, zum Kuckuck, war das für ein Diplom, das du in Yale gemacht hast?«
«Ein Examen der philosophischen Fakultät.«
«Scheiß drauf! Da war doch noch etwas. Die Kurse in… was?«
«Hauptfach: englische Literatur, Nebenfach: politische
Wissenschaften.«
«Das ist es! Das andere kannst du vergessen. Da warst du hervorragend — in dem politischen Scheiß.«
«Das war nun wirklich nicht meine Stärke, Dad.«
«Du bist durchgekommen?«
«Ja… so eben.«
«Nicht so eben, mit Auszeichnung! Das ist es!«
Und so begann Philip Atkinson III. seine Karriere im diplomatischen Dienst durch die wertvolle politische Unterstützung seines Vaters, und obwohl der schon vor acht Jahren verstorben war, vergaß er nie die letzte Ermahnung dieses alten Schlachtrosses:»Versau dir nicht diesen Job, Sohn, Wenn du saufen und huren willst, dann mach es in deinen eigenen vier Wänden oder in irgendeiner verdammten Wüste, ist das klar? Und behandle deine Frau, wie immer sie heißen mag, mit echter Zuneigung, solange jemand zusieht, kapiert?«
«Ja, Dad.«
Und genau deswegen fühlte sich Philip Atkinson an ebendiesem Vormittag so beschissen. Er hatte den vergangenen Abend auf einer Dinnerparty mit unwichtigen Mitgliedern der Königsfamilie verbracht, die tranken, bis es ihnen zu den Ohren herauslief, und mit seiner Frau, die deren Verhalten damit entschuldigte, daß sie königlich waren, und er hatte das alles nur mit reichlich Chablis ertragen können. Es gab Momente, in denen er sich in die unbekümmerten Zeiten von Saigon zurücksehnte, wo man saufen konnte, wie man wollte.
Das Telefon klingelte, wodurch Atkinson seine Unterschrift auf einem Dokument, das er nicht verstand, verzog.»Ja?«
«Der Hochkommissar vom Ungarischen Zentralkomitee, Sir.«
«Oh, wer ist das — wer sind die? Haben wir diplomatische Beziehungen mit denen — mit ihm?«
«Weiß ich nicht, Herr Botschafter. Ich kann seinen Namen wirklich nicht aussprechen.«
«Na gut, stellen Sie ihn durch.«
«Herr Botschafter?«sagte die tiefe, nicht akzentfreie Stimme am Telefon.»Mr. Atkinson?«
«Ja, hier ist Atkinson. Verzeihen Sie, aber ich kann mich weder an Ihren Namen noch an eine andere Verbindung mit Ihrem Zentralkomitee erinnern.«
«Spielt keine Rolle. Ich spreche für die Schlangenlady…«
«Stop!«schrie der Botschafter am Hof von St. James.»Bleiben Sie dran, und wir sprechen in zwanzig Sekunden weiter. «Atkinson griff unter den Tisch, stellte den Zerwürfler an und wartete, bis er einsatzbereit war.»In Ordnung, reden Sie weiter.«
«Ich habe von der Schlangenlady Instruktionen erhalten und mir wurde gesagt, daß ich mir die Sache von Ihnen bestätigen lassen soll.«
«Bestätigt!«
«Und ich werde sie also ausführen?«
«Guter Gott, ja! Was immer sie sagen. Mein Gott, schauen Sie, was mit Teagarten in Brüssel geschehen ist, mit Armbruster in Washington! Schützen Sie mich! Tun Sie, was sie sagt!«
«Danke, Herr Botschafter.«
Borowski nahm zuerst ein Bad, so heiß, wie er es gerade noch, ertragen konnte. Dann wechselte er den Verband um seinen Hals und ging in sein kleines Zimmer zurück. Er warf sich aufs Bett… So hatte Marie also einen ganz einfachen Weg gefunden, unbemerkt nach Paris zu kommen. Verdammt! Wie konnte er sie finden, sie schützen? Konnte sie sich überhaupt vorstellen, was sie da tat? David würde den Verstand verlieren. Er würde in Panik geraten und tausend Fehler begehen… Oh, mein Gott, ich bin David!
Hör auf. Kontrolliere dich.
Das Telefon klingelte. Er griff nach dem Apparat neben dem Bett.»Ja?«
«Santos möchte Sie sehen. Mit Frieden im Herzen.«
Kapitel 24
Der ärztliche Rettungshubschrauber ging vor dem Eingang nieder, der Rotor wurde abgestellt, und die Blätter schwangen langsam aus. Entsprechend der Regeln für das Ausladen von Patienten, ging anschließend erst die Ausgangstür auf, und die Metalltreppe wurde ausgefahren. Ein uniformierter Assistenzarzt ging Panov voraus, drehte sich um und half dem Doktor nach unten, wo ein zweiter Mann in Zivil ihn zu einem wartenden Wagen begleitete. Drinnen warteten Peter Holland, Direktor der CIA, und Alex Conklin. Der Psychiater setzte sich neben Holland; er atmete mehrmals tief durch, seufzte vernehmlich und ließ sich in die Polsterung sinken.
«Ich bin ein Verrückter«, stellte er fest und betonte jedes Wort.»Nachweisbar schwachsinnig, und ich werde selbst meine Einlieferungspapiere unterschreiben.«
«Sie sind in Sicherheit, das ist das Wichtigste, Doktor«, sagte Holland.
«Schön, dich zu sehen, verrückter Mo«, fügte Conklin hinzu.
«Habt ihr eine Ahnung, was ich gemacht habe?… Ich habe einen Wagen gegen einen Baum gesetzt, gezielt und mit mir drinnen. Nachdem ich dann endlos gelaufen bin, wurde ich von der einzigen mir bekannten Person mitgenommen, die mehr lockere Schrauben im Kopf hat als ich.
Ihre Libido ist zerrüttet, und sie ist ihrem Mann, einem Lkw-Fahrer davongelaufen — der ihr hart auf den Fersen war und der, wie ich dann erfuhr, den süßen Namen Bronk trägt. Meine verrückte Chauffeuse hielt mich als Geisel, indem sie drohte, mich in einem überfüllten Trucker-Restaurant als Vergewaltiger anzuprangern. Einer von denen war allerdings okay und hat mich da rausgeholt. «Panov hielt abrupt inne und griff in die