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Er reagierte unwillkürlich.»Großer Gott! Warum?«

Sie zuckte mit den Schultern.»Sein Bruder ist ein gemeingefährlicher Irrer. Stepan hat’s gewusst — seine Eltern übrigens auch —, aber er wollte es nicht wahr haben, bis es zu spät war. Und auch danach hat er den Jungen verteidigt und darauf bestanden, das Ganze sei ein tragischer Unfall gewesen.«

«Das mag alles stimmen«, sagte Bourne.»Aber es hat dir trotzdem nicht das Recht gegeben, ein Komplott gegen den eigenen Vater zu schmieden.«

Sie lachte.»Wie kannst ausgerechnet du das sagen, obwohl dein Sohn und du versucht haben, euch gegenseitig umzubringen? Solche Wildheit in zwei Männern, mein Gott!«

«Er will mich umlegen. Ich verteidige mich nur.«

«Aber er hasst dich, Jason, mit einer Leidenschaft, wie ich sie selten erlebt habe. Er hasst dich genauso, wie ich meinen Vater gehasst habe. Und weißt du, warum? Weil du ihn verlassen hast, wie mein Vater meine Mutter verlassen hat.«

«Du redest, als sei er tatsächlich mein Sohn«, knurrte Bourne.

«Ah, richtig, du hast dir eingeredet, er sei’s nicht. Das ist praktisch, nicht wahr? Auf diese Weise brauchst du nicht daran zu denken, wie du ihn dem Tod im Dschungel überlassen hast.«

«Nein, das habe ich nicht!«Bourne wusste, dass es falsch war, sich von ihr in diese emotional geladene Diskussion verwickeln zu lassen, aber er konnte nicht anders.»Mir hat man gesagt, er sei tot. Ich hatte keine Ahnung, dass er überlebt haben könnte. Das habe ich erst entdeckt, als ich in die staatliche Datenbank eingedrungen bin.«

«Hast du alles getan, um dir Gewissheit zu verschaffen? Nein, du hast deine Familie begraben, ohne auch nur einen Blick in die Särge zu werfen! Hättest du’s getan, hättest du gesehen, dass der Sarg deines Sohnes leer war. Nein, du Feigling, du hast stattdessen fluchtartig das Land verlassen.«

Bourne zerrte erneut an seinen Fesseln.»Das ist gut — du dozierst hier über Familiendinge!«

«So, das reicht. «Stepan Spalko hatte den Raum mit dem perfekten Timing eines Zirkusdirektors betreten.

«Ich habe mit Mr. Bourne nun wichtigere Angelegenheiten zu besprechen.«

Annaka stand gehorsam auf. Sie tätschelte Bourne die Wange.»Schau nicht so mürrisch drein, Jason. Du bist nicht der erste Mann, den ich zum Narren gehalten habe, und du wirst nicht der Letzte sein.«

«Nein«, sagte er.»Spalko wird der Letzte sein.«

«Annaka, lass uns jetzt allein«, sagte Spalko und rückte seine Fleischerschürze mit Händen zurecht, die in Latexhandschuhen steckten. Die Schürze war frisch gewaschen und gebügelt. Noch hatte sie keinen einzigen Blutfleck.

Als Annaka hinausging, konzentrierte Bourne seine Aufmerksamkeit auf diesen Mann, der nach Chans Aussage Alex und Mo hatte ermorden lassen.»Und Sie misstrauen ihr nicht, nicht einmal ein bisschen?«

«Ja, sie ist eine ausgezeichnete Lügnerin. «Er schmunzelte.»Und ich verstehe mich selbst ganz gut aufs Lügen. «Er trat an das Wägelchen und musterte mit Kennerblick die in den Fächern aufgereihten Instrumente.»Wahrscheinlich ist’s nur verständlich, dass Sie glauben, weil Annaka Sie verraten hat, müsste sie das auch bei mir tun. «Als Spalko sich etwas zur Seite drehte, spiegelte das Licht sich auf der unnatürlich glatten Haut von Hals und rechter Gesichtshälfte.»Oder versuchen Sie etwa einen Keil zwischen uns zu treiben? Das wäre die übliche Arbeitsweise eines hochkarätigen Agenten, wie Sie einer sind. «Er zuckte mit den Schultern, griff nach einem Instrument, zwirbelte es zwischen den Fingern.»Mr. Bourne, was mich interessiert, ist die Frage, wie viel Sie über Dr. Schiffer und seine kleine Erfindung in Erfahrung gebracht haben.«

«Wo ist Felix Schiffer?«

«Sie könnten ihm nicht helfen, Mr. Bourne, selbst wenn Sie das Unmögliche schaffen und sich befreien könnten. Er hat seine Schuldigkeit getan und kann jetzt von niemandem wiederbelebt werden.«

«Sie haben ihn umgebracht«, sagte Bourne,»genau wie Sie Alex Conklin und Mo Panov ermordet haben.«

Spalko zuckte mit den Schultern.»Conklin hat mir Schiffer weggeschnappt, als ich ihn am dringendsten brauchte. Ich habe ihn mir natürlich zurückgeholt. Ich bekomme immer, was ich will. Aber Conklin musste dafür büßen, dass er geglaubt hatte, er könnte meine Pläne ungestraft durchkreuzen.«

«Und Panov?«

«Der war zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte Spalko.»So einfach war das.«

Bourne dachte an all das Gute, das Mo Panov in seinem Leben für ihn getan hatte, und fühlte sich von der Nutzlosigkeit seines Lebens überwältigt.»Wie können Sie von der Ermordung zweier Männer reden, als bedeute sie nicht mehr als ein Fingerschnalzen?«

«Weil sie mich nicht mehr gekostet hat, Mr. Bourne. «Stepan Spalko lachte.»Und schon morgen wird der Tod dieser beiden vor dem verblassen, was der Welt bevorsteht.«

Bourne bemühte sich, das glitzernde Instrument nicht anzusehen. Stattdessen erschien vor seinem inneren Auge ein Bild von Laszlo Molnars bläulich weißer Leiche, die jemand in dessen Kühlschrank gezwängt hatte. An ihr hatte er selbst gesehen, welche Wunden ihm Spalko mit diesen Instrumenten zufügen konnte.

Angesichts der offensichtlichen Tatsache, dass Spalko für Molnars Folterung und Tod verantwortlich gewesen war, wusste er jetzt, dass alles, was Chan ihm über diesen Mann erzählt hatte, wahr gewesen war. Und wenn Chan die Wahrheit über Spalko erzählt hatte, war es dann nicht möglich, dass er schon immer die Wahrheit gesagt hatte, dass er wirklich Jason Bournes Sohn war? Die Tatsachen waren unwiderlegbar, die Wahrheit lag vor ihm, und Bourne fühlte ihr Gewicht wie einen Berg auf seinen Schultern lasten. Er konnte es nicht ertragen… sich was einzugestehen?

Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr, weil Spalko dabei war, seine Folterinstrumente zu gebrauchen.»Ich frage Sie noch ein Maclass="underline" Was wissen Sie über Dr. Schiffers Erfindung?«

Bourne sah an Spalko vorbei. Er starrte die nackte Betonwand an.

«Sie haben sich dafür entschieden, mir nicht zu antworten«, sagte Spalko.»Ich bewundere Ihren Mut. «Er lächelte charmant.»Und bemitleide die Sinnlosigkeit Ihrer Geste.«

Er trieb das spiralförmige Ende des Instruments in Bournes Fleisch.

Kapitel sechsundzwanzig

Chan betrat das Houdini, ein Geschärt für Zauberartikel und Logikspiele im Gebäude 87 Vaci utca. Die Regale und Vitrinen der nicht allzu großen Boutique quollen über von schwarzen Umhängen, Zylindern, Zauberkästen und magischen Würfeln aller Art. Kinder jeden Alters, die ihre Mütter oder Väter im Schlepp hatten, streiften durch die Gänge und zeigten mit staunend aufgerissenen Augen auf das fantastische Angebot.

Chan wandte sich an eine der gestressten Verkäuferinnen und sagte ihr, er wolle zu Oszkar. Sie fragte ihn nach seinem Namen, dann hob sie einen Telefonhörer ab und wählte die Nummer einer Nebenstelle. Nach einigen kurzen Sätzen legte sie auf und schickte Chan durch den Laden nach hinten.

Durch eine Tür in der Rückwand gelangte er in einen winzigen Vorraum, der von einer nackten Glühbirne erhellt wurde. Die Wände waren von unbestimmbarer Farbe, und die Luft roch nach gekochtem Kohl. Chan stieg eine eiserne Wendeltreppe hinauf und gelangte ins Büro im ersten Stock. Die Wände standen voller Bücher — hauptsächlich Erstausgaben von Zauberbüchern und Biografien und Memoiren von berühmten Zauberern und Entfesslungskünstlern. An der Wand über einem alten Schreibtisch mit Rollverschluss hing ein signiertes Foto von Harry Houdini. Der alte Orientteppich auf den Bodendielen hätte noch immer unbedingt gereinigt werden müssen, und der riesige thronartige Lehnsessel mit der hohen Rückenlehne behauptete weiter seinen Ehrenplatz hinter dem Schreibtisch.