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Es war schwierig, klar zu denken, während heiße Wellen ihren Körper durchfluteten. Ein Teil ihres Ichs erkannte, dass er das wollte. Er wollte sie nicht einfach hier in den Tiefen der Schlucht auf nacktem Fels unter freiem Himmel besitzen. Wie in dem Architektenhaus in Iraklion unterzog er sie einem Test. Verlor sie völlig den Kopf, gelang es ihr nicht, ihre Gedanken zu ordnen, schaffte er es, dass sie vor Begehren außerstande war, seine Frage zu beantworten, dann war sie für ihn erledigt. Dann würde er sich eine andere suchen, die für seine Zwecke geeignet war.

Während er ihre Bluse aufknöpfte und ihre brennende Haut berührte, zwang Sina sich dazu, sich daran zu erinnern, wie es mit Chalid Murat gewesen war, wie er sich nach den zweimal in der Woche stattfindenden Besprechungen mit seinen Ratgebern angehört hatte, was sie zu sagen hatte — und wie er oft danach gehandelt hatte. Sina hatte nie gewagt, Hassan von dieser Rolle zu erzählen, weil sie fürchtete, dann Opfer seiner maßlosen Eifersucht zu werden.

Aber jetzt, auf einem sonnenwarmen Felsen den gierigen Händen des Scheichs ausgeliefert, extrapolierte sie in die Zukunft. Sie schlang Spalko einen Arm um den Nacken, zog ihn zu sich herab und flüsterte ihm ins Ohr:»Ich suche mir jemanden — einen Mann mit imposanter Erscheinung, dessen Liebe zu mir ihn gefügig macht — und benütze ihn als Sprachrohr für meine Befehle. Die Tschetschenen werden sein Gesicht sehen, seine Stimme hören, aber er wird genau das tun, was ich ihm sage.«

Er richtete den Oberkörper kurz auf, und sie blickte in seine Augen auf, sah sie ebenso vor Bewunderung wie vor Lust glitzern und erkannte mit einem weiteren jubelnden Schauder, dass sie ihren zweiten Test bestanden hatte. Und dann, geöffnet und sofort aufgespießt, stöhnte sie in einem gedehnten, lang gezogenen Freudenschrei ihre geteilte Lust hinaus.

Kapitel achtzehn

Als sie zurückkamen, roch es in Annakas Wohnung noch immer nach Kaffee. Sie waren nicht länger als nötig in dem Cafe geblieben. Bourne ging zu viel durch den Kopf, als dass er hätte ruhig sitzen können. Aber die Erholungspause, so kurz sie auch gewesen war, hatte ihn belebt, hatte seinem Unterbewusstsein die Möglichkeit gegeben, die benötigten Informationen zu verarbeiten.

Sie betraten die Wohnung dicht hintereinander. Der Duft von Limonenöl und Moschus stieg wie Nebel über einem Fluss von ihr auf, und Bourne konnte nicht anders, als ihn tief einzuatmen. Um auf andere Gedanken zu kommen, konzentrierte er sich grimmig auf die Aufgabe, die ihn hergeführt hatte.

«Hast du die Blutergüsse und Verbrennungen, die Stich- und Schnittwunden an Laszlo Molnars Körper gesehen?«

Annaka fuhr zusammen.»Bitte erinnere mich nicht daran.«

«Er ist viele Stunden, vielleicht sogar mehrere Tage lang gefoltert worden.«

Sie sah ihn unter elegant geschwungenen Augenbrauen hervor ernsthaft an.

«Das bedeutet«, fuhr er fort,»dass er Dr. Schiffers Aufenthaltsort verraten haben könnte.«

«Oder auch nicht«, sagte sie.»Auch das wäre ein Grund gewesen, ihn zu ermorden.«

«Ich glaube nicht, dass wir’s uns leisten können, das anzunehmen.«

«Was meinst du mit >wir<?«

«Ja, ich weiß, ich bin jetzt auf mich allein gestellt.«

«Willst du damit erreichen, dass ich mich schuldig fühle? Du vergisst, dass mir nichts daran liegt, Dr. Schiffer zu finden.«

«Auch nicht, wenn’s eine Katastrophe für die ganze Welt wäre, wenn er den falschen Leuten in die Hände fiele?«

«Wie meinst du das?«

Chan, der unten in seinem Leihwagen saß, drückte sich den Ohrhörer fester ins Ohr. Er konnte jedes Wort deutlich verstehen.

«Alex Conklin war ein meisterhafter Organisator — das war seine Spezialität. Ich habe keinen gekannt, der komplexe Unternehmen besser geplant und ausgeführt hätte. Wie ich dir erzählt habe, wollte er Dr. Schiffer so dringend haben, dass er ihn aus einem streng geheimen Projekt des Verteidigungsministeriums losgeeist, zur CIA geholt und dort prompt hat >verschwinden< lassen. Das bedeutet, dass Schiffers Arbeit so wichtig gewesen sein muss, dass Alex ihn unbedingt in Sicherheit bringen wollte. Und wie sich herausgestellt hat, hatte er Recht, denn jemand hat Dr. Schiffer entführt. Dein Vater und seine Leute haben ihn in Conklins Auftrag zurückgeholt und in ein Versteck gebracht, das nur Molnar kannte. Dein Vater ist jetzt tot, Laszlo Molnar ebenfalls. Der Unterschied ist lediglich, dass Molnar vor seinem Tod gefoltert wurde.«

Chan setzte sich auf, er fühlte sein Herz jagen. Dein Vater? Konnte die Begleiterin Bournes, die er bisher kaum beachtet hatte… konnte sie wirklich Annaka Va-das sein?

Annaka stand in einem Sonnenfleck, der durch ihr Erkerfenster einfiel.»Woran hat Dr. Schiffer gearbeitet, dass es alle so brennend interessiert? Was glaubst du?«

«Ich dachte, Dr. Schiffer sei dir egal«, sagte Bourne.

«Keine abfälligen Bemerkungen. Beantworte einfach meine Frage.«

«Schiffer ist der weltweit führende Fachmann fürs Teilungsverhalten von Bakterien. Das habe ich auf der Website des Forums gesehen, die Molnar besucht hat. Ich hab’s dir erzählt, aber du warst zu sehr damit beschäftigt, die Leiche des armen Kerls zu finden.«

«Das klingt wie Geschwafel, finde ich.«

«Erinnerst du dich an die Webseite, die Molnar aufgerufen hatte?«

«Argentinisches hämorrhagisches Fieber, Kryptoko-ckose…«

«Lungenpest, Milzbrand. Ich halte es für möglich, dass der gute Doktor mit diesen tödlichen Krankheitserregern gearbeitet hat — oder mit anderen, die vielleicht noch gefährlicher sind.«

Annaka starrte ihn sekundenlang an, dann schüttelte sie den Kopf.

«Was Alex so aufgeregt — und geängstigt — hat, war meiner Ansicht nach, dass Dr. Schiffer etwas entwickelt hat, das sich als biologische Waffe einsetzen lässt. Damit hätte er ein Wissen, nach dem alle Terroristen gieren.«

«Großer Gott! Aber das ist nur eine Vermutung. Wie willst du feststellen, ob du Recht hast?«

«Ich muss einfach weitergraben«, sagte Bourne.»Interessiert dich noch immer nicht, wo Dr. Schiffer steckt?«

«Allmählich interessiert es mich, aber ich sehe nicht, wie wir ihn finden sollen. «Sie wandte sich ab und trat an ihren Flügel, als sei er ein Prüfstein oder ein Talisman, der sie vor Schaden beschützen könnte.

«Wir«, sagte Bourne.»Du hast >wir< gesagt.«

«Das war ein Versprecher.«

«Ein Freudscher Versprecher, denke ich.«

«Schluss damit«, sagte sie verärgert.»Kein Wort mehr!«

Inzwischen kannte er sie gut genug, um zu wissen, dass das ihr Ernst war. Er setzte sich an ihren Schreibsekretär. Dabei sah er das LAN-Kabel, das ihren Laptop mit dem Internet verband.

«Ich habe eine Idee«, sagte er. In diesem Augenblick sah er die Kratzspuren. Das schräg einfallende Sonnenlicht traf die Klavierbank und ließ einige frische Kratzer deutlich hervortreten. In ihrer Abwesenheit war jemand in der Wohnung gewesen. Wozu? Er sah sich nach kleinsten Veränderungen im Raum um.

«Was hast du?«, fragte Annaka.»Was ist los?«

«Nichts«, sagte er. Aber das Kissen lag nicht ganz so da, wie er’s zurückgelassen hatte; es war etwas nach rechts

Annaka stemmte eine Hand in die Hüfte.»Was vermutest du also?«

«Ich muss erst noch etwas holen«, improvisierte er.»Aus dem Hotel. «Er wollte sie nicht beunruhigen, aber er musste eine Möglichkeit finden, heimliche Nachforschungen anzustellen. Es war denkbar — vielleicht sogar wahrscheinlich —, dass der Eindringling, der in ihrem

Apartment gewesen war, noch in der Nähe war. Schließlich waren sie auch in Laszlo Molnars Apartment überrascht worden. Aber wie zum Teufel hat der Beschatter uns hierher verfolgt? fragte er sich. Er war so vorsichtig wie nur möglich gewesen. Darauf gab es natürlich eine logische Antwort: Chan hatte ihn aufgespürt.