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Bourne griff sich seine Lederjacke und ging zur Wohnungstür.»Ich bleibe nicht lange fort, versprochen. Willst du dich inzwischen nützlich machen, könntest du diese Website besuchen und weitere Informationen einholen.«

Jamie Hull, der amerikanische Sicherheitschef beim Terrorismusgipfel in Reykjavik, hatte eine Abneigung gegen Araber. Er mochte sie nicht, traute ihnen nicht. Sie glauben nicht mal an Gott — zumindest nicht an den richtigen —, erst recht nicht an Christus den Erlöser, sagte er sich verdrießlich, während er auf einem Korridor des weitläufigen Hotels Oskjuhlid unterwegs war.

Aber sie kontrollierten drei Viertel der weltweiten Ölvorkommen. Ein weiterer Grund, sie nicht zu mögen. Wäre diese Tatsache nicht gewesen, hätte kein Mensch sie im Geringsten beachtet, und sie hätten sich unter sonst gleichen Voraussetzungen in ihren rätselhaften Stammeskriegen zerfleischt. Hier in Reykjavik gab es vier arabische Sicherheitsteams — eines aus jedem der teilnehmenden Staaten —, aber Fahd al-Sa’ud koordinierte ihre Arbeit.

Für einen Araber war Fahd al-Sa’ud gar nicht so übel. Er war ein Sa’udi… oder ein Sunnit? Hull schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was das für einen Unterschied machte. Das war ein weiterer Grund für seine Abnei-gung: Man wusste nie, wer zum Teufel sie waren oder wessen Hand sie abhacken würden, wenn man ihnen Gelegenheit dazu gab. Fahd al-Sa’ud hatte sogar im Westen studiert, irgendwo in London, in Oxford… oder vielleicht in Cambridge? Als ob das einen Unterschied gemacht hätte! Der Vorteil war nur, dass man mit dem Kerl normales Englisch sprechen konnte, ohne dass er einen wie ein Mondkalb anglotzte.

Außerdem hatte Hull den Eindruck, er sei ein vernünftiger Mann, was bedeutete, dass er wusste, wem er Respekt schuldete. Ging es um die Bedürfnisse und Wünsche des US-Präsidenten, dann stimmte al-Sa’ud in praktisch allen Punkten Hulls Anordnungen zu — ganz im Gegensatz zu diesem sozialistischen Hundesohn Boris Iljitsch Karpow. Hull bedauerte heftig, sich bei dem Alten über ihn beklagt zu haben, was ihm einen Anschiss eingebracht hatte, aber tatsächlich war Karpow der fieseste Kerl, mit dem Hull jemals das Unglück gehabt hatte, zusammenarbeiten zu müssen.

Hull betrat den in mehrere Ränge unterteilten Konferenzsaal, in dem das eigentliche Gipfeltreffen stattfinden würde. Der Saal war ein perfektes Oval mit einer wellenförmigen Decke aus blauen Schalldämmplatten. Hinter diesen Platten verbargen sich die gewaltigen Lufteinlässe der von der komplexen Belüftungsanlage des Hotels völlig unabhängigen Klimaanlage. Ansonsten bestanden die Wände aus poliertem Teakholz, die Sitze waren blau gepolstert, alle waagrechten Flächen waren aus Bronze oder Rauchglas.

Seit dem Tag seiner Ankunft traf Hull hier jeden Morgen mit seinen Kollegen zusammen, um die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen zu besprechen und zu verfeinern. Nachmittags trafen sie mit ihren jeweiligen Mitarbeitern zusammen, um über Einzelheiten zu diskutieren und die neuesten Verfahren zu erläutern. Seit ihrer Ankunft war das gesamte Hotel für den Publikumsverkehr gesperrt, damit die Sicherheitsteams das Gebäude durchsuchen, elektronisch auf Wanzen überprüfen und in jeder Beziehung sichern konnten.

Als er den hell beleuchteten Konferenzsaal betrat, sah er seine Kollegen: Fahd al-Sa’ud, schlank, mit schwarzen Augen über seiner Hakennase und dem überaus selbstbewussten Betragen eines Prinzen; Boris Iljitsch Karpow, Kommandeur der Alpha-Einheit des Sicherheitsdiensts FSB, muskulös und bullig, mit breiten Schultern und schmalen Hüften, einem brutal wirkenden, flachen Tatarengesicht unter buschigen Augenbrauen und dichtem schwarzem Haar. Hull hatte Karpow noch nie lächeln gesehen; was Fahd al-Sa’ud betraf, bezweifelte er, dass er überhaupt wusste, wie man das machte.

«Guten Morgen, Kollegen«, sagte Boris Iljitsch Kar-pow in seiner ernsthaft schwerfälligen Art, die Hull an einen Nachrichtensprecher aus den fünfziger Jahren erinnerte.»In nur drei Tagen beginnt das Gipfeltreffen, und vor uns liegt noch viel Arbeit. Sollen wir gleich anfangen?«

«Unbedingt«, sagte Fahd al-Sa’ud und nahm seinen gewohnten Platz auf dem Podium ein, auf dem in nur zweiundsiebzig Stunden die Führer der fünf wichtigsten arabischen Staaten mit den Präsidenten Amerikas und Russlands zusammensitzen würden, um die erste gemeinsame Initiative auszuarbeiten, die dem internationalen Terrorismus den Nährboden entziehen sollte.»Ich habe Stellungnahmen von meinen Kollegen aus den anderen teilnehmenden islamischen Staaten erhalten und bin gern bereit, sie hier zu erläutern.«

«Forderungen, meinen Sie«, meinte Karpow aggressiv. Er war nie über ihren Beschluss, bei ihren Treffen Englisch zu reden, hinweggekommen; er war zwei zu eins überstimmt worden.

«Boris, wieso müssen Sie alles immer ins Negative ziehen?«, fragte Hull.

Karpow reagierte ungehalten; Hull wusste, dass er seine amerikanische Ungezwungenheit nicht leiden konnte.»Forderungen haben einen gewissen Geruch an sich, Mr. Hull. «Er tippte sich an die Spitze seiner geröteten Nase.»Ich kann sie riechen.«

«Mich wundert’s, dass Sie nach jahrelanger Wodkatrinkerei überhaupt noch etwas riechen, Boris.«

«Wodka macht uns stark, macht uns zu richtigen Männern. «Karpow verzog seine roten Lippen zu einem geringschätzigen Lächeln.»Im Gegensatz zu euch Amerikanern.«

«Ich soll auf Sie hören, Boris? Auf einen Russen? Ihr Land ist ein Totalversager. Der Kommunismus hat sich als so korrupt erwiesen, dass Russland unter seiner Last implodiert ist. Und Ihr Volk ist moralisch bankrott.«

Karpow sprang auf, sein ganzes Gesicht war nun so rot wie Nase und Lippen.»Ich habe langsam genug von Ihren Beleidigungen!«

«Pech für Sie. «Hull stand so ruckartig auf, dass er dabei seinen Stuhl umwarf. Die Ermahnungen des CIA-Direktors waren in diesem Augenblick vergessen.»Ich fange gerade erst richtig an.«

«Gentlemen, Gentlemen!«Fahd al-Sa’ud trat zwischen die Streithähne.»Erklären Sie mir bitte, wie dieser kindische Streit uns hilft, die Aufgaben zu bewältigen, die vor uns liegen. «Seine Stimme klang ruhig und gelassen, während er von einem zum anderen sah.»Jeder von uns dient seinem jeweiligen Staatsoberhaupt unbeirrbar loyal. Habe ich Recht? Dann sind wir verpflichtet, ihnen nach besten Kräften zu dienen. «Er ließ nicht locker, bis ihm beide widerstrebend beipflichteten.

Karpow nahm wieder Platz, behielt aber die Arme vor der Brust verschränkt. Hull stellte seinen Stuhl auf, rückte ihn an den Tisch und warf sich mit verdrießlicher Miene darauf.

«Wir mögen uns vielleicht nicht, aber wir müssen lernen, zusammenzuarbeiten«, sagte Fahd al-Sa’ud und beobachtete sie dabei aufmerksam.

Hull war vage bewusst, dass Karpow außer seiner aggressiven Halsstarrigkeit noch einen Wesenzug hatte, der ihn aufbrachte. Er brauchte einen Augenblick, um die Ursache dafür zu erkennen, aber bei näherer Überlegung wurde sie ihm klar. Irgendwas an Karpow — sein unerschütterliches Selbstbewusstsein — erinnerte ihn an David Webb oder Jason Bourne, wie alle CIA-Mitarbeiter ihn auf Befehl des Alten nennen mussten. Trotz allem Aktionismus und aller Lobbyarbeit Hulls zu seinen eigenen Gunsten war Bourne immer Alex Conklins Liebling geblieben, bis Hull schließlich aufgegeben hatte und ins Zentrum für Terrorismusbekämpfung übergewechselt war. Dort hatte er Karriere gemacht, kein Zweifel, aber er konnte es nie verwinden, um welche Position Bourne ihn gebracht hatte. Conklin war eine Legende innerhalb der Agency gewesen. Mit ihm zusammenzuarbeiten war Hulls Traum gewesen, seit er vor zwanzig Jahren zur CIA gegangen war. Es gab Träume, die man als Kind hatte;von diesen konnte man sich später leicht trennen. Aber die Träume eines Erwachsenen nun, die waren etwas ganz anderes. Die Verbitterung wegen unerfüllter Träume ließ sich nicht überwinden, zumindest nicht nach Hulls Erfahrung.