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Im Lageraum tief im Inneren der CIA-Zentrale griff der Offizier vom Dienst, der einen Bildschirm beobachtete, nach dem Telefon und wählte eine besondere Nummer. Er wartete einen Augenblick, bis eine Computerstimme» Sprechen Sie!«sagte. Der Wachhabende verlangte den Direktor. Seine Stimme wurde analysiert und mit dem Dienstplan verglichen. Erst dann wurde das Gespräch weitervermittelt, und eine Männerstimme sagte:»Bitte warten Sie. «Im nächsten Augenblick meldete sich die unverkennbar knurrige Stimme des CIA-Direktors.

«Ich dachte, Sie sollten wissen, Sir, dass ein interner Alarm ausgelöst worden ist. Jemand hat den Firewall der Army geknackt und ihr Sterberegister nach folgenden Personen abgefragt: Dao Webb, Alyssa Webb, Joshua Webb.«

Darauf folgte eine kurze, unangenehme Pause.»Sagten Sie Webb? Sie wissen bestimmt, dass der Name Webb war?«

Der plötzliche Ernst im Tonfall des Direktors ließ dem jungen Offizier vom Dienst den Schweiß auf die Stirn treten.»Ja, Sir.«

«Wo befindet sich dieser Hacker?«

«In Budapest, Sir.«

«Hat das Alarmsystem funktioniert? Hat es die Absenderadresse ermittelt?«

«Ja, Sir. Nummer 106–108 Fo utca.«

In seinem Dienstzimmer lächelte der Alte grimmig. Rein aus Zufall hatte er eben Martin Lindros’ letzten Bericht gelesen. Die Franzmänner hatten jetzt offenbar das gesamte Material vom Unfallort, an dem Jason Bourne umgekommen sein sollte, durchgesiebt, ohne eine Spur menschlicher Überreste zu finden. Nicht mal einen Backenzahn. Also gab es trotz der Zeugenaussage der Sure-te-Agentin keine amtliche Bestätigung dafür, dass Bourne wirklich tot war. Der Direktor schlug wütend mit der Faust auf seinen Schreibtisch. Bourne war ihnen wieder einmal entwischt. Aber trotz seines Zorns und seiner Frustration überraschte ihn das nicht sonderlich. Schließlich war Bourne von dem besten Mann ausgebildet worden, den die Agency hervorgebracht hatte. Auch Alex Conklin hatte mehrmals seinen eigenen» Tod «inszeniert, allerdings nie auf so spektakuläre Weise.

Natürlich, sagte der Direktor sich, war es immer möglich, dass ein anderer als Jason Bourne den Firewall der U.S. Army überwunden hatte, um an die moderigen Leichenakten einer Frau und ihrer zwei Kinder heranzukommen, die nicht einmal beim Militär gewesen und vermutlich nur einer Hand voll noch lebender Menschen bekannt waren. Aber wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass das zutraf?

Nein, dachte er zunehmend aufgeregt, Bourne ist nicht bei diesem Unfall bei Paris umgekommen. Er ist gesund und munter in Budapest — wieso dort? — und hat ausnahmsweise einen Fehler gemacht, den wir nutzen können. Warum er sich für die Leichenakten seiner ersten Familie interessierte, konnte der Direktor nicht beurteilen, und es war ihm auch egal, solange Bournes Wissbegierde ihnen die Chance eröffnete, ihn endlich zu liquidieren.

Der CIA-Direktor griff nach dem Telefonhörer. Alles Weitere hätte er einem Untergebenen überlassen können, aber er wollte sich das Vergnügen gönnen, gerade diese Liquidierung persönlich anzuordnen. Jetzt hab ich dich, du Hundesohn, dachte er, als er eine Auslandsnummer wählte.

Kapitel zwanzig

Nairobi wurde Ende des 19. Jahrhunderts als britisches Arbeiterlager beim Bau der Eisenbahnlinie Mombasa-Uganda gegründet. Die Stadt hat heute eine deprimierend banale Skyline voller eleganter moderner Hochhäuser. Nairobi liegt auf einer weiten Ebene in flachem Grasland, das vor der Einführung der westlichen Zivilisation viele Jahrhunderte lang die Heimat der Massai gewesen war. Gegenwärtig ist es die am schnellsten wachsende Großstadt Ostafrikas. Die Stadt leidet unter den üblichen Wachstumsbeschwerden und bietet den verwirrenden Anblick von Altem und Neuem nebeneinander, während gewaltiger Reichtum und bitterste Armut aufeinander prallen, dass die Funken fliegen, die Gemüter sich erhitzen und immer wieder mit Gewalt Ruhe hergestellt werden muss. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit sind Unruhen ebenso häufig wie nächtliche Raubüberfälle — vor allem in dem westlich der Innenstadt gelegenen Uhuru Park und seiner Umgebung.

Keine dieser Unannehmlichkeiten brauchte die kleine Reisegruppe zu kümmern, die eben in zwei gepanzerten Limousinen vom Wilson Airport kommend eintraf, obwohl die Insassen die vor Gewaltverbrechen warnenden Schilder und die Wachleute privater Sicherheitsdienste wahrnahmen, die in der Innenstadt und westlich davon, wo die Ministerien und ausländischen Botschaften lagen, sowie entlang der Latema und River Road patrouillierten.

Sie kamen am Rand des Basars vorbei, auf dem buchstäblich alle Arten von ausgemustertem Kriegsmaterial, von Flammenwerfern bis zu von der Schulter abzufeuernden Fliegerabwehr-Raketen, ebenso zum Verkauf angeboten wurden wie billige Kattunkleider und in farbenprächtigen Stammesmustern gewebte Textilien.

Spalko fuhr mit Hassan Arsenow in der vorderen Limousine. Im zweiten Wagen hinter ihnen saß Sina mit Magomet und Achmed, zwei der wichtigsten Unterführer Arsenows. Die beiden Männer hatten sich nicht die Mühe gemacht, sich die dichten, lockigen Vollbärte abzunehmen. Sie trugen ihre traditionelle schwarze Kleidung und starrten Sinas westliche Aufmachung verwirrt an. Die junge Frau lächelte sie an, beobachtete ihre Mienen sorgfältig auf irgendwelche Veränderungen hin.

«Alles ist bereit, Scheich«, sagte Arsenow.»Meine Leute sind perfekt ausgebildet und vorbereitet. Sie sprechen einigermaßen Isländisch; sie haben die Einrichtungen des Hotels und die von dir angegebenen Verfahren im Kopf. Sie warten nur noch auf meinen endgültigen Befehl, um mit der Ausführung zu beginnen.«

Spalko starrte nach draußen, wo auf den Straßen Nairobis Einheimische und Ausländer von der Abendsonne rot angestrahlt unterwegs waren, und lächelte vor sich hin.»Entdecke ich einen skeptischen Unterton in deiner Stimme?«

«Falls du’s tust«, sagte Arsenow rasch,»liegt das nur an meinen großen Erwartungen. Ich habe mein Leben lang auf eine Chance gewartet, das russische Joch abzuschütteln. Meine Landsleute haben sich zu lange als Ausgestoßene fühlen müssen; sie haben Jahrhunderte darauf ge-wartet, in der islamischen Gemeinschaft willkommen geheißen zu werden.«

Spalko nickte geistesabwesend. Für ihn war längst irrelevant, was Arsenow dachte; bald würde er den Wölfen zum Fraß vorgeworfen werden und spurlos verschwinden.

An diesem Abend versammelten die fünf sich in dem privaten Speisezimmer, das Spalko im obersten Stock des Hotels 360 an der Kenyatta Avenue gebucht hatte. Wie ihre Zimmer bot es einen prachtvollen Blick über die Stadt zum Nairobi National Park hinüber, der nicht nur mit Giraffen, Gnus, Thomsongazellen und Nashörnern, sondern auch mit Löwen, Leoparden und Wasserbüffeln besetzt war. Beim Abendessen wurde nicht über ihr Unternehmen gesprochen; es gab keinerlei Hinweise darauf, was sie hergeführt hatte.

Das änderte sich, sobald das Geschirr abgetragen war. Ein Team von Humanistas, Ltd. das vor ihnen in Nairobi eingetroffen war, hatte eine Multimediapräsentation vorbereitet, zu der die nötigen Geräte auf einem Wägelchen hereingerollt wurden. Eine Stativleinwand wurde aufgestellt, und Spalko begann mit einer Power-PointPräsentation, bei der er die isländische Küste, Reykjavik und Umgebung, Luftaufnahmen des Hotels Oskjuhlid sowie Außen- und Innenaufnahmen des Hotels zeigte.»Dies ist das Überwachungssystem. Wie ihr seht, ist es hier und hier durch neueste Bewegungsmelder und Infrarotsensoren ergänzt«, sagte er.»Und dies ist das Schaltpult, das wie alle Systeme des Hotels doppelt gegen Stromausfall gesichert ist — nicht nur durch ein Notstromaggregat, sondern auch durch Akkus mit entsprechend hoher Kapazität. «Er ging das Unternehmen in sämtlichen Details durch, indem er mit dem Augenblick ihrer Ankunft begann und mit dem Verlassen des Hotels aufhörte. Alles war sorgfältig durchgeplant; alles stand bereit.