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Packer wischte sich nachdenklich den Mund ab. »Ich kann das wirklich nicht glauben.« Er nahm die Gefäße von Mitchs Handfläche und sah sie genau an. »Sie sind so verdammt alt. Vor drei Jahren hatten zwei Postdocs bei mir ein Forschungsprojekt über Sequenzen der MitochondrienDNA aus Neandertalerknochen.

Es waren nur noch Fragmente übrig.«

»Dann kannst du ja bestätigen, dass die hier echt sind«, sagte Mitch. »Ausgetrocknet, zerfallen, aber vermutlich vollständig.«

Packer stellte die Gefäße vorsichtig auf den Tisch. »Warum soll ich das tun? Bloß weil wir Freunde sind?«

»Wenn ich Recht habe, ist es die größte wissenschaftliche Entdeckung unserer Zeit. Endlich würden wir mehr darüber erfahren, wie die Evolution funktioniert.«

Packer griff nach seinem Portemonnaie und nahm einen Zwanziger heraus. »Ich zahle«, sagte er. »Große Entdeckungen machen mich sehr nervös.«

Mitch sah ihn entsetzt an.

»Ach, ich mach’ das schon«, sagte Packer mürrisch. »Aber nur weil ich ein Idiot bin, der auf alles reinfällt. Nicht noch mehr Bitten um Gefallen, Mitch, ich flehe dich an!«

31

National Institutes of Health, Bethesda

Cross und Dicken saßen einander gegenüber an dem breiten Tisch in einem kleinen VorstandsBesprechungszimmer im Natcher Building. Neben Cross saß Kaye. Dicken spielte mit einem Kugelschreiber und blickte vor sich auf den Tisch wie ein nervöser kleiner Junge.

»Wann findet Marks großer Auftritt statt?«, fragte Cross.

Dicken blickte auf und grinste. »Ich würde ihm fünf Minuten geben. Vielleicht weniger. Er ist über das alles nicht gerade erbaut.«

Cross bohrte mit einem langen, abgebrochenen Fingernagel zwischen den Zähnen.

»Das Einzige, was Sie nicht in großen Mengen haben, ist Zeit, was?«, wollte Dicken wissen.

Cross lächelte höflich.

»Mir kommt’s so vor, als ob Georgien noch gar nicht weit zurückliegt«, sagte Kaye, nur um das Gespräch in Gang zu halten.

»Überhaupt nicht weit«, fügte Dicken hinzu.

»Sie haben sich in Georgien kennen gelernt?«, fragte Cross.

»Nur flüchtig«, erwiderte Dicken. Bevor sie die Unterhaltung fortsetzen konnten, kam Augustine herein. Er hatte einen teuren grauen Anzug an, bei dem im Rücken und an den Knien etliche Falten zu erkennen waren. Nach Kayes Vermutung hatte er heute schon in einigen Besprechungen gesessen.

Augustine gab Cross die Hand, setzte sich und legte die Hände locker gefaltet vor sich auf den Tisch. »Na, Marge, ist der Handel schon besiegelt? Sie haben Kaye und wir müssen sie mit Ihnen teilen?«

»Noch nichts Endgültiges«, sagte Cross fröhlich. »Ich wollte zuerst mit Ihnen sprechen.«

Augustine war noch nicht überzeugt. »Was haben wir davon?«

»Vermutlich nichts, was Sie nicht ohnehin bekommen hätten, Mark«, sagte Cross. »Wir können das Bild jetzt in groben Zügen entwerfen und später die Einzelheiten einzeichnen.«

Augustine wurde ein wenig rot, biss kurz die Zähne aufeinander und erwiderte dann: »Ich feilsche ausgesprochen gerne. Was brauchen wir eigentlich von Americol?«

»Heute Abend bin ich mit drei republikanischen Senatoren zum Essen verabredet«, sagte Cross. »Typen aus dem christlichen Süden. Sie scheren sich nicht um das, was ich tue, solange ich mich um ihre kleinen Spendensammler kümmere. Ich werde ihnen erklären, warum die Taskforce und die ganze etablierte Forschung nach meiner Ansicht sogar noch mehr Geld bekommen sollten und warum wir eine Intranetverbindung zwischen Americol, Euricol und ausgewählten Wissenschaftlern von Taskforce und CDC einrichten müssen. Dann werde ich ihnen erklären, wie es wirklich aussieht. Mit der Herodes-Grippe, meine ich.«

»Sie werden ›Werk Gottes‹ schreien«, sagte Augustine.

»Das glaube ich eigentlich nicht«, erwiderte Cross. »Vermutlich sind die klüger, als Sie glauben.«

»Ich habe das alles schon jedem einzelnen Senator und den meisten Abgeordneten im Repräsentantenhaus erklärt«, sagte Augustine.

»Dann sind wir ein gutes Bauernfängerteam. Ich gebe ihnen das Gefühl, schlau und auf der Höhe der Zeit zu sein — das können Sie nicht besonders gut, Mark. Und was wir gemeinsam tun … wird zu einer Behandlungsmethode, vielleicht sogar zu einer Heilung führen, und zwar innerhalb eines Jahres. Dafür garantiere ich.«

»Wie können Sie so etwas garantieren?«, fragte Augustine.

»Wie ich Kaye auf dem Flug hierher gesagt habe: Ich habe ihre Artikel schon vor Jahren ernst genommen und ein paar von meinen wichtigsten Leuten in San Diego darauf angesetzt. Als dann die Nachrichten über die Aktivierung von SHEVA und später über die Herodes-Grippe kamen, war ich vorbereitet. Ich habe es den guten Leuten in unserem SentinelProgramm übergeben. Sie haben in gewisser Weise parallel zu Ihnen gearbeitet, Christopher, aber auf Firmenebene. Wir kennen bereits die Struktur der Capsidhülle von SHEVA, wir wissen, wie SHEVA in menschliche Zellen eindringt, an welche Rezeptoren es andockt. CDC und Taskforce können am Ende das Verdienst zur Hälfte für sich beanspruchen, und wir übernehmen die Aufgabe, die Therapie allen Menschen zugänglich zu machen. Natürlich für wenig oder gar kein Geld — vielleicht bekommen wir nicht einmal die Kosten herein.«

Augustine sah sie ehrlich überrascht an. Cross gluckste vor Lachen. Sie beugte sich über den Tisch, als wollte sie ihm einen Schlag versetzen, und sagte: »Jetzt hab’ ich Sie.«

»Ich fasse es nicht«, sagte Augustine.

»Mr. Dicken sagt, er wolle unmittelbar mit Kaye zusammenarbeiten. Dagegen ist nichts einzuwenden«, räumte Cross ein.

Augustine verschränkte die Arme.

»Aber dieses Intranet wird wirklich eine feine Sache. Direkt, schnell, das beste, was wir aufbauen können. Wir werden jedes blöde HERV im Genom kartieren und dafür sorgen, dass SHEVA sich nicht wiederholt und uns noch einmal überrascht. Kaye kann das Projekt leiten. Die pharmazeutischen Anwendungsmöglichkeiten könnten erstaunlich werden, absolut erstaunlich.« Ihre Stimme überschlug sich vor Begeisterung.

Kaye spürte, wie sie selbst vor Tatendrang bebte. Bei Cross war es etwas anderes.

»Was sagen Ihre Leute über diese HERVs, Mark?«, wollte Cross wissen.

»Eine Menge«, erwiderte Augustine, »aber wir haben uns natürlich auf die Herodes-Grippe konzentriert.«

»Wissen Sie, dass sich das größte Gen, das von SHEVA aktiviert wird, dieses Polyprotein auf dem Chromosom 21, in seiner Expression bei Affen und Menschen unterscheidet? Und dass es nur eines von drei Genen in der ganzen SHEVAKaskade ist, bei denen es Unterschiede zwischen Menschen und Affen gibt?«

Augustine schüttelte den Kopf.

»Es war uns so gut wie bekannt«, sagte Dicken und blickte sich dann ein wenig verlegen um. Cross beachtete ihn nicht.

»Wir haben es hier mit einer archäologischen Sammlung menschlicher Erkrankungen zu tun, die Jahrmillionen weit zurückreicht«, sagte sie. »Mindestens ein verrückter alter Visionär hat es bereits erkannt, und wir werden den CDC bei der endgültigen Beschreibung voraus sein … wir werden die staatliche Forschung im Regen stehen lassen, bis es zur Zusammenarbeit kommt, Mark. Kaye kann dafür sorgen, dass die Verbindung nicht abreißt. Gemeinsam schaffen wir es natürlich erheblich schneller.«

»Wollen Sie die Welt retten, Marge?«, fragte Augustine.

»Nein. Ich bezweifle, dass die Herodes-Grippe mehr ist als eine hässliche Unannehmlichkeit. Aber sie trifft uns da, wo wir zu Hause sind. Wo wir die Babys machen. Jeder, der fernsieht oder die Zeitung liest, hat Angst. Kaye ist berühmt, sie ist eine Frau, und sie ist vorzeigbar. Sie ist genau das, was wir beide brauchen.