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Selbst Skar fiel es schwer, das Geschlecht eines bekleideten Quorrl zu erkennen, aber er war mittlerweile fast sicher, dass nur die beiden bewaffneten Quorrl männlich und damit Krieger waren. Das machte die anderen kaum weniger gefährlich - selbst ein trächtiges Quorrl-Weibchen vermochte einen gut ausgebildeten Satai in Stücke zu reißen, ohne sich dabei sonderlich anzustrengen -, aber es verriet ihm eine Menge über das, was hier geschehen sein musste. Quorrl nahmen ihre Familien niemals mit auf ihre Raubzüge. Sie mussten sich in der Nähe einer Siedlung der Schuppenkrieger befinden. Er hatte jetzt eine ungefähre Ahnung, wer hier Angreifer und wer der Angegriffene war. Die Reiter hatten die Quorrl mittlerweile eingekreist. Keiner von ihnen beging den Fehler, den gezackten Schwertern der beiden riesigen Krieger zu nahe zu kommen; sie umkreisten das knappe halbe Dutzend geschuppter Giganten in respektvollem Abstand und stocherten dann und wann mit ihren Speeren nach ihnen, griffen aber nicht wirklich an, und auch die Quorrl auf der anderen Seite begnügten sich damit, ihre Schwerter drohend durch die Luft pfeifen zu lassen. Der Anblick war ... irritierend. Skar hatte oft genug selbst gegen Quorrl gekämpft, um zu wissen, dass das Kräfteverhältnis mehr als ausgeglichen war. Fünf Quorrl gegen ein Dutzend Menschen wäre nicht einmal dann fair gewesen, wenn es sich bei den Reitern um Satai gehandelt hätte. Die Angreifer waren jedoch keine Satai, sondern wahrscheinlich Bauern, die mit einem Sammelsurium vermutlich zusammengestohlener oder gefundener Waffen ausgerüstet waren. Schon die Art, mit der sie ihre Speere und Schwerter hielten, machte Skar klar, dass sie nicht besonders gut damit umzugehen wussten. Sie taten gut daran, sich nicht auf ihre zahlenmäßige Überlegenheit zu verlassen und einen Frontalangriff zu wagen. Vermutlich warteten sie auf Verstärkung.

Skar bewegte sich geduckt zwischen den Felsen weiter. Er hatte nicht vor sich in diesen ungleichen Kampf einzumischen. Er wusste zu wenig über seine Hintergründe, um sich ein Urteil erlauben zu können, und er hatte auch nicht die Zeit sich in einen Krieg einzumischen, der nicht der seine war.

Hinter ihm erklang ein gellender Schrei. Skar fuhr herum und sah genau das, was er erwartet hatte: Ein weiteres Dutzend Reiter war aus dem Unterholz hervorgebrochen und sprengte auf die Quorrl zu. Einer von ihnen trug den schwarzen Mantel eines Satai, dazu aber - völlig untypisch - einen Helm mit einem goldenen Gesichtsschutz in der Form eines Wolfsschädels.

Skar zögerte. Ihm war noch immer nicht wohl dabei, sich in diesen Kampf einzumischen, aber der Mann dort drüben war ein Satai, ein Krieger wie er. Wenn ihm jemand erklären konnte, was hier vorging, dann er. Ohne selbst genau zu wissen, warum, blieb er jedoch im Schutz der Felsen, während er sich an den Kampfplatz anschlich.

Mit der Ankunft des zweiten Dutzends Reiter änderten die Angreifer ihre Taktik: Sie zogen sich ein kleines Stück von den Quorrl zurück, wechselten Speere und Schwerter gegen ihre Bögen und eröffneten dann ohne Vorwarnung und gezielt das Feuer. Einer der beiden Quorrl-Kämpfer taumelte zurück, von gleich drei Pfeilen getroffen, verletzt, aber keineswegs kampfunfähig oder auch nur ungefährlich, während der andere seinerseits zum Angriff überging. Mit einer Schnelligkeit, die die Angreifer einem Wesen seiner Größe augenscheinlich nicht zugetraut hätten, sprang er vor, stieß einen der Männer samt seinem Pferd zu Boden und schleuderte einen zweiten aus dem Sattel. Sein Ziel war der Satai mit dem goldenen Visier. Skar fragte sich, wie sich der Satai verteidigen würde. Er an seiner Stelle hätte sich beeilt, aus dem Sattel zu kommen. Die einzige Chance, dem Angriff eines Quorrl zu entgegnen, war Schnelligkeit.

Der Satai tat jedoch nichts dergleichen. Er zog nicht einmal sein Schwert, sondern ließ sein Pferd nur ein kleines Stück zur Seite tänzeln und gab seinen Begleitern einen Wink, und die Reiter warfen sich dem Quorrl entgegen. Der Kampf war hart, aber nur sehr kurz: Der tobende Gigant schmetterte zwei, drei Reiter aus den Sätteln und tötete ein Pferd durch einen Hieb mit der bloßen Faust, aber am Ende wurde er überwältigt und getötet.

Skar war verwirrt, gelinde ausgedrückt. Ein Verhalten wie das, das er gerade beobachtet hatte, war eines Satai nicht nur nicht würdig, es war im Grunde genommen undenkbar. Nicht in der Welt, die er kannte. Vielleicht hatte sich hier doch mehr verändert, als er auf den ersten Blick geglaubt hatte.

Auch der Kampf gegen die übrigen Quorrl war so gut wie vorüber. Die Reiter begingen nach wie vor nicht den Fehler, den Nahkampf mit den Giganten zu suchen, sondern hielten sie mit ihren Speeren auf Distanz, während ihre Kameraden aus sicherer Entfernung Pfeile und Armbrustbolzen auf sie herabregnen ließen. Der Anblick erfüllte Skar mit einem Zorn, der ihn im ersten Moment fast selbst erstaunte. Er war Krieger. Kampf und Tod gehörten so sehr zu seinem Leben wie der Wechsel zwischen Tag und Nacht. Aber das, was er hier beobachtete, war kein Kampf, sondern ein feiges Gemetzel. Es fiel ihm schwer, nicht aufzuspringen und dem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu bereiten.

Es war jedoch ohnehin fast zu spät. Nur zwei Quorrl waren noch am Leben - ein Weibchen und der geschuppte Riese, der schon verletzt aus dem Wald gekommen war. Der Kreis aus Lanzenspitzen und Speeren hatte sich eng um sie geschlossen und auch der weibliche Quorrl blutete bereits aus zahlreichen, tiefen Wunden. Trotzdem hätten die Männer die beiden Quorrl längst niederschlagen können, wenn sie gewollt hätten. Sie spielten mit ihnen; ein grausames, durch und durch unwürdiges Spiel, das Skar die Zornesröte ins Gesicht trieb.

Er würde ihm ein Ende bereiten.

Als er sich hinter seiner Deckung aufrichtete, durchbohrte einer der Reiter den Hals des Quorrl-Weibchens mit seinem Speer. Der geschuppte Koloss brach zusammen, schlug die Hände gegen den Hals und begann schaumiges, hellrotes Blut hervorzuwürgen, und der zweite Quorrl warf sich mit einem schrillen Kreischen auf ihn. Seine Pranken fuhren mit sinnlosen, hektischen Bewegungen über Hals und Gesicht des Quorrl, als versuchte er die schreckliche Wunde irgendwie zu verschließen, aus der das Leben seiner Gefährtin heraussprudelte.

Der Anblick erfüllte Skar mit einer schwer in Worte zu fassenden Mischung aus Verwirrung und Mitleid. Er kannte Quorrl und wusste, dass sie mehr als die stumpfsinnigen, aggressiven Tiermenschen waren, die die meisten in ihnen sahen - aber er hatte sie niemals so erlebt.

Und es machte ihn wütend. Die Männer mochten ihre Gründe haben die Quorrl zu töten, aber niemand hatte das Recht ein anderes Lebewesen so zu quälen. Er trat mit einem entschlossenen Schritt hinter dem Felsen hervor und rechnete fest damit, spätestens jetzt die Aufmerksamkeit der Reiter zu erregen, aber keiner von ihnen nahm auch nur Notiz von ihm. Die Männer sprangen einer nach dem anderen aus den Sätteln und begannen die beiden Quorrl einzukreisen. Nicht einmal der Satai mit der Wolfsmaske bemerkte etwas von Skars Erscheinen, was Skar mit einem leisen Gefühl der Verwirrung erfüllte. Er an seiner Stelle hätte es gemerkt. Er hätte es gespürt.