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Skar war mit einem Satz bei ihm und sein Schwert sauste nahezu unsichtbar hinab, grub sich in die Kreaturen, zerstückelte sie, als wäre es ein eigenständiges Lebewesen, und obwohl dieses Tschekal weit schlechter ausbalanciert war als sein eigenes, vor dreihundert Jahren verschollenes, glitt es so schwerelos durch die Luft und die schleimig-feste Masse der Khtaám, als wäre es mit Skar verwachsen. Und doch hatte der Nahrak keine Chance. Die sich um seinen Hals windende Kreatur war nicht mehr als ein von Skars Schwert zerstückeltes Etwas, aber es war noch Leben in ihm, widerliches, unnatürliches Leben, das nichts anderes kannte als den Willen zur Vernichtung, zur Versklavung oder Schlimmerem. Das Blut, das aus dem Hals des Nahrak strömte, aus den hundert kleinen Wunden, die ihm der Nachtmahr zugefügt hatte, und den wenigen, nicht allzu tiefen Schnitten, die Skar bei seinem Befreiungsversuch in seine Haut geritzt hatte, vermischte sich mit etwas ekelhaft Schleimigem, einer fast schwarzen, öligen Flüssigkeit, in der die roten Farbtupfer wie Fremdkörper wirkten.

Der Nahrak schrie auf und trotz des Tobens um sie herum hallte sein gellender Schrei noch in Skars Ohren weiter, als sich der Mann schon zusammenkrümmte, mit einer verzweifelt vorgestreckten Hand ein, zwei, drei weitere Khtaám abzuwehren versuchte, die ebenfalls auf seinen Hals, seine Schultern und sein Gesicht zuhielten und schließlich mit blitzschnellen Bewegungen einhüllten, sodass sein ganzer Kopf von einer schmierigen, zappelnden Masse bedeckt war, noch bevor er zu Boden stürzte.

Skar blieb keine Zeit, sich über den Todgeweihten Gedanken zu machen. Nachdem die lebendige Mauer der Nahrak erst einmal an einer Stelle durchbrochen war, kippte das Gleichgewicht und es wurde offenbar, dass sie alle in kürzester Zeit den ersten Opfern folgen würden. Skars Klinge glich einem Wirbelwind, der sich durch nachtschwarze, tentakelzuckende Ungeheuer fraß. Mit der gleichen Eleganz und Zielstrebigkeit versuchte er Esanna zu schützen. Das Mädchen presste sich ganz instinktiv an seinen Rücken, ohne dort aber auch nur einen Moment lang sicher zu sein, denn der Tod stürmte jetzt von allen Seiten auf sie ein. Die Khtaám rasten mit pfeilschneller Geschwindigkeit heran, umschlangen einen Mann in tödlicher Umarmung und zermalmten ihn, noch während er in die Knie ging, sodass eine ekelhafte Gischt aus Blut, Knochensplittern und Gewebeteilen hochspritzte und alles benetzte. Währenddessen jagte ein ganz ineinander verklumpter, zuckender Ball mehrerer Ungeheuer auf einen weiteren Nahrak zu und schmetterte ihn mit der Kraft einer Riesenechse zu Boden, bevor sich die Nachtmahre züngelnd über ihn ergossen und ihr fürchterliches Mahl begannen.

Skar begriff, dass sie keine Chance mehr hatten ihren unglaublich schnellen und aggressiven Angreifern zu entkommen, aber der Instinkt des Kriegers zwang ihn seine Anstrengungen nochmals zu vervielfachen. Um sich auch nur einigermaßen seiner Haut erwehren zu können, hätte er in diesem Moment vier Arme und vier Schwerter gebraucht, und selbst dann hätte er sich nicht durch die schwarze, tentakelbewehrte Wand vorwärts kämpfen können, um den rettenden Höhlenausgang zu erreichen, geschweige denn, für seine und Esannas Sicherheit garantieren können.

Es war aus - AUS - und obwohl er das begriff und obwohl er keine Hoffnung mehr kannte, kämpfte er mit einer schier unmenschlichen Kraft und Geschicklichkeit weiter. Etwas in ihm schrie auf, wie ein verwundetes Tier, während er gleichzeitig sein Tschekal in eine tiefschwarze Wolke tintenfischähnlicher Monstren zucken ließ wie ein Gewitter seine Blitze in eine ihm schutzlos ausgelieferte Landschaft. Etwas schwarz Glänzendes mit viel zu vielen peitschenförmigen Tentakeln schrammte an seinem Gesicht vorbei und zwang ihn zu einer blitzschnellen Drehung, die Esanna aus der Deckung seines Körpers brachte.

Als hätten die Khtaám nur darauf gewartet, stürzten sich gleich mehrere auf das Mädchen. Esanna schrie auf und riss schützend die Hände vors Gesicht; sie versuchte nicht einmal ihr Messer zu ziehen und sich damit gegen die Nachtmahre zur Wehr zu setzen. Doch dafür geschah etwas ganz Anderes, schier Unglaubliches: Kurz bevor die schwarzen Ungeheuer heran waren, stieß Esanna die Hände nach vorne und mit Bewegungen, die so schnell waren, dass selbst Skar sie nicht mehr mit dem Auge verfolgen konnte, schlug sie die schleimigen Monster beiseite. Für einen winzigen Augenblick hatte er das Gefühl, dass Esanna tatsächlich mehr als zwei Arme hätte, als hätte sich sein verrückter Wunsch für sie erfüllt, um ihr die Möglichkeit zu geben sich freizukämpfen, als wäre sie selber mit vielen kleinen peitschenähnlichen Extremitäten ausgestattet, die es ihr gestatteten, so unter den Khtaám zu wüten wie zuvor die Monster unter den Nahrak.

Skar kam nicht einmal für den Hauch eines Lidschlags dazu, das unglaubliche Schauspiel weiterzuverfolgen. Eine schwarze, ekelhafte Wolke raste auf ihn zu, so groß und so widerlich, dass er automatisch zur Seite sprang, sich abrollte und hinter den Ungeheuern wieder auf die Beine kam. Sein Tschekal stieß mit blitzschnellen Schnitten zwischen die ineinander verklumpte, zuckende und schwänzelnde Masse und riss sie auseinander.

Ein kurzer Blick zu Esanna zeigte ihm, dass sich das Mädchen - zumindest im Augenblick - auf unglaubliche Weise ihrer Haut zu wehren verstand, aber er lenkte ihn auch den entscheidenden Sekundenbruchteil ab, sodass er die nächste Angriffswelle der Nachtmahre nicht rechtzeitig kommen sah.

Ein Schlag traf seine Schulter. Für einen Moment spürte er einen furchtbaren, unerträglichen Schmerz, der sich wie eine weiß glühende Schlange tiefer und tiefer in seinen Leib grub, mit scharfen Zähnen an seinen Eingeweiden riss und unbarmherzig zerrte und wühlte. Dann begann auch schon etwas Dunkles, Schweres nach seinen Gedanken zu greifen; er krümmte sich, presste die Hände auf die Wunde und stürzte haltlos vornüber, während sein Schwert klappernd auf den Boden aufschlug und aus seinem Blickfeld verschwand.

Die Kampfgeräusche um ihn herum begannen sofort zu verschwimmen und in ihm war nichts mehr als Schmerz und gleichzeitig eine große Gleichgültigkeit, mit der er den Tod erwartete wie einen alten Freund. Aber er starb nicht und selbst die Erlösung der Ohnmacht wurde ihm nicht gewährt. Es war, als würden wabernde Schatten nach ihm greifen, sein Gehirn zusammenquetschen und seine Gedanken durcheinander purzeln lassen, als wäre schon immer nichts als Chaos in ihm gewesen.

Irgendwo nahm Skar dennoch die Kraft her, zur Seite zu greifen und sein Schwert aufzunehmen. Aber die Klinge schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Er hatte kaum mehr die Energie, sie zu heben, und er konnte sich auch nicht auf irgendetwas konzentrieren, weder auf einen Angriff noch auf einen so kindischen Plan, wie sich einfach tot zu stellen. Noch immer spürte er einen brennenden Schmerz, der sich wie ein glühender Draht seinen Rücken und den Hals hinaufzog, aber er hatte gelernt aus Schmerz Energie zu machen und die Energie zu nutzen, um sich freizukämpfen, wann immer das nötig war.

Dass er dazu nicht seinen Verstand brauchte, war sein Glück. Wie von selbst stemmte er sich nach oben. Das Chaos in seinem Kopf kam wie brüllendes Höllenfeuer über ihn, riss alles weg, was ihn jemals am Leben erhalten hatte bis auf diesen ganz tief in ihm verwurzelten Kern, die elementarsten Instinkte des geborenen und hervorragend geschulten Kriegers, der zu kämpfen gelernt hatte, ohne von störenden Gedanken oder gar Zweifeln abgelenkt zu werden.