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Skars Erregung war plötzlich wie verschluckt und machte einer Ruhe Platz, in der sich all seine Energie sammelte, all seine Kampferfahrung vereinte zum letzten, nicht mehr rückgängig zu machenden Aufbäumen, mit dem er sich den geschuppten Giganten entgegenzustellen gedachte, um Esanna und Kama einen gehörigen Vorsprung zu verschaffen. Er wartete auf den Angriff, wartete verzweifelt auf ihn, um mit einer Flugrolle die erste Linie der Kolosse zu überspringen und in ihrem Rücken Tod und Verwirrung zu stiften ...

Doch die Reptilienkrieger griffen nicht an. Skar erkannte in ihren Augen wütendes Funkeln und das unbändige Verlangen ihn mit wenigen Hieben niederzustrecken, aber aus irgendeinem verdammten Grund griffen sie ihn nicht an, sondern beließen es dabei, ihn einzukesseln, eine erdrückende Mauer, die ihm nicht die geringste Chance zur Flucht ließ. Skar hatte sich darauf eingestellt, seine gesamten Energien auf einen Schlag zu aktivieren und spürte jetzt in seinen Knien ein leichtes Zittern; er wollte, er musste jetzt kämpfen, er konnte nicht mehr länger untätig stehen bleiben und darauf warten, bis sie einer unbekannten Strategie folgten, die er nicht verstand ...

Es war nur der Gedanke an Esanna, der ihn davon abhielt, selbst zum Angriff überzugehen. Je länger dieser unhaltbare Zustand anhielt, je mehr Zeit verstrich, bis er tot und verstümmelt am Boden lag, umso größer waren ihre Chancen zu entkommen. Dabei machte er sich durchaus nichts vor: Die Quorrl hatten auch den durch den Wald führenden Weg in die Zange genommen und würden nichts unversucht lassen, um sie sofort und kompromisslos abzufangen. Aber einer einzelnen, geschickten Reiterin mochte es gelingen, den relativ schwerfälligen Kolossen zu entkommen ...

Für einen Moment schien es, als springe ein Funken zwischen den Quorrl und ihm über; in den schmalen Reptilienaugen versprach ein wildes Funkeln Kampf und Vernichtung und die fast lippenlosen Fischgesichter verzogen sich zu einer Grimasse des Hasses und des Versprechens auf einen schnellen, aber grausamen Tod. Aber erst jetzt, im Angesicht der unvermeidlichen Auseinandersetzung, fiel ihm auf, wie sehr sich diese Quorrl von denen unterschieden, die er früher kennen gelernt hatte - und auch von den Kriegern Górs, die das Digger-Dorf überfallen hatten. Die riesigen, verzerrten Schatten wirkten in ihrer Kriegskluft so barbarisch wie auch alle anderen ihm bekannten Quorrl, aber die Kettenhemden, die ihre Oberkörper verhüllten, die gewaltigen Zweihandschwerter, die sie in den Händen hielten, die Beinschilde und schließlich ihre gezackten Helme, die nach oben hin in einen spitzen Dorn ausliefen - das alles konnte nichts anderes sein als eine ihm unbekannte Uniform.

»Nicht!«

Es war eine metallisch klingende Stimme, die zwischen den Bäumen erschallte und von einem mehrfachen, wenn auch schwachen Echo zurückgeworfen wurde. Der Quorrl, der ihm am nächsten stand, stieß ein tiefes Knurren aus und Skar musste an Esanna denken, die die Quorrl als wilde Tiere beschrieben hatte.

Vielleicht hatte sie nicht einmal Unrecht. Wenn das so war, dann waren aber auch Menschen wilde Tiere: blutrünstig, grausam und zur Vernichtung ihrer eigenen Artgenossen fähig, wann immer es in ein übergeordnetes Konzept zu passen schien.

Die vor ihm stehenden Quorrl schienen einen Moment zu zögern, kämpften offensichtlich gegen den Impuls an ihn niederzumachen und damit den Tod ihrer Artgenossen zu rächen. Zu seiner Verblüffung und Enttäuschung wichen sie aber plötzlich einen halben Schritt vor ihm zurück - er wollte kämpfen, er brannte darauf und alles in ihm schrie danach, es nun endlich, endlich hinter sich zu bringen -, um jemandem Platz zu machen, der ganz offensichtlich das Recht beanspruchte dieser Quorrl-Meute Befehle zu erteilen.

Es war kein Quorrl. Es war ein Mensch. Ein Satai, um genau zu sein.

Die Gestalt zwängte sich durch die Quorrl und blieb in der Mitte zwischen zwei Giganten stehen; so selbstverständlich, wie Skar vor unendlichen Zeiten mit seinem Quorrl-Freund Titch umgegangen war, der für die Reptilienkrieger mehr als nur ein Feldherr gewesen war, sondern fast schon ein Gott.

Skar erkannte den Satai trotz - oder gerade wegen - seiner goldenen Maske in der Form eines Wolfsschädels sofort wieder.

»Marna«, ächzte er.

»Skarissa Marna, um genau zu sein«, sagte Marna.

»Schließlich stamme ich in direkter Linie vom Großen Skar ab.«

Skar stand eine Sekunde wie erstarrt da, bevor er seine Chancen abwog: Marna war ein Satai, aber dennoch ihm möglicherweise deutlich unterlegen, und wenn er ihn überraschte, konnte er ihn wahrscheinlich töten, bevor die Quorrl eingriffen. Erst dann begriff er, was der Mann gesagt hatte: dass er vom Großen Skar abstammte. Konnte es tatsächlich sein, dass Marna ein Nachfahre von ihm war, getrennt durch mehr als zehn Generationen - und doch sein Fleisch und Blut?

»Wie kommt es, dass du mit den Quorrl gemeinsame Sache machst?«, fragte er. Seine Stimme war plötzlich ganz leise, aber es war jene gläserne Schärfe darin, die nur wenige Menschen zu hören bekommen hatten, ohne sich voller Schrecken für den Rest ihres Lebens daran zu erinnern.

Marna schien durchaus die Drohung darin zu verstehen, denn er schob sich ein Stück hinter die Quorrl-Linie, mit einem leichten, eleganten und dennoch kraftvollen Schritt. Eine solche Reaktion war eines Satais eigentlich unwürdig - und dennoch: Sie zeugte von Vernunft und der realistischen Einschätzung eines potenziellen, in die Enge getriebenen Gegners.

Vielleicht hatte sich Skar in ihm getäuscht, vielleicht war der goldene Satai trotz seines manierierten Gehabes wesentlich geschickter, als er vermutet hatte. Doch zumindest hatte er den einen Vorteil, dass der Wolfsgesichtige seine Identität nicht kannte - und ihn schon allein aus diesem Grund unterschätzen mochte.

»Ich mache keine gemeinsame Sache mit den Quorrl«, sagte Marna verächtlich. Seine Stimme klang durch den Helm mit dem goldenen Gesichtsschutz verzerrt. Skars Eindruck, dass dieser Satai so überhaupt nicht in das ihm bekannte Schema passte, verstärkte sich zunehmend. »Ich treibe lediglich unsere eigene Sache voran - mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln.« Als Skar etwas sagen wollte, machte er eine herrische Handbewegung, mit der er ihm wohl das Wort abschneiden wollte. »Schweig jetzt. Wir werden später noch genug Gelegenheit finden uns auszusprechen. Jetzt leg erst einmal deine Waffen nieder.«

Skars Augen verengten sich, wurden zu schmalen Schlitzen. Wenn es ihm gelänge, Marna als Geisel zu nehmen - dann hatte er vielleicht noch eine Chance. Es konnte durchaus sein, dass die Quorrl vor einem Angriff zurückschreckten, wenn er Marnas Hals mit seiner Klinge ritzte.

Der Satai mit der Wolfsmaske blickte ihm ruhig entgegen und fast hatte Skar das Gefühl, er wüsste, was in ihm vorging. »Du kannst es natürlich auch auf einen Kampf ankommen lassen«, sagte er ruhig. »Du kannst mich vielleicht sogar töten - ich habe dich schon einmal kämpfen gesehen und die vier toten Quorrl hinter uns sprechen ein deutliche Sprache. Ja, ich fordere dich gerade heraus es zu versuchen.«

»Du tust... was?«, ächzte Skar.

»Ich fordere dich auf mich anzugreifen«, sagte Marna leichthin. »Allerdings solltest du dabei ins Kalkül ziehen, dass die Quorrl dann sofort das Mädchen und diesen vorwitzigen Waldmenschen töten werden.«

Seine Worte versetzten Skar einen feinen, aber spürbaren Stich ins Herz. Bislang hatte er tief in seinem Inneren noch gehofft, Marna würde sich auf seine Seite stellen. Doch seine Drohung ließ diese Illusion wie eine Seifenblase platzen. »Ihr habt sie in eurer Gewalt?«

»Selbstverständlich«, nickte Marna. »Ich habe mich selbst davon überzeugt, bevor ich zu dir gekommen bin.« Die Augen hinter den schmalen Sehschlitzen schienen aufzuleuchten, als sich der Mann in der goldenen Maske ein Stück vorbeugte. »Ich werde doch dem Großen Skar nicht gegenübertreten, ohne ein paar Trumpfkarten im Ärmel zu haben.«