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«O mein Gott!«

«Jetzt kannst du vielleicht verstehen, daß Kaminski sich aus Rußland herausschmuggeln ließ. Die polgoprudnenskaya suchen aber noch immer nach ihm, und zwar mit allen Mitteln.«

«Das ist ja unglaublich«, meinte Tyler.

«Aber noch nicht alles. Nach ihm fahndet nämlich auch die russische Staatspolizei — wegen einiger Morde. Man wäre dir also sehr zu Dank verpflichtet, falls du seinen Aufenthaltsort weitergeben würdest.«

Tyler dachte kurz nach und kam zu dem Schluß, daß er sich auf gar keinen Fall in eine solche Geschichte hineinziehen lassen durfte. Sonst müßte ich eventuell noch als Zeuge aussagen, und das würde mich eine Menge Zeit kosten.

«Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält. Ich hatte lediglich einem russischen Freund versprochen, Erkundigungen über ihn einzuholen. Vielen Dank, Fred.«

Tyler fand Kaminski in seinem Zimmer; er las gerade in einer Pornozeitschrift und erhob sich bei Tylers Eintreten.

«Ich fordere Sie hiermit auf, sofort Ihre Sachen zu packen und das Haus zu verlassen.«

Dmitri starrte ihn an.»Was ist los?«

«Ich lasse Ihnen die Wahclass="underline" Entweder Sie sind heute nachmittag verschwunden, oder ich informiere die russische Polizei, daß Sie sich hier aufhalten.«

Dmitri erblaßte.

«Haben Sie mich verstanden?«

«Da. Ich habe verstanden.«

Tyler suchte seinen Vater. Er wird mit mir zufrieden sein, dachte Tyler, da habe ich ihm wirklich einen großen Dienst erwiesen. Er fand seinen Vater in der Bibliothek.

«Ich habe das gesamte Dienstpersonal überprüft«, begann Tyler,»und… «

«Ich bin schwer beeindruckt«, erwiderte Harry Stanford.»Hast du ein paar Jungs entdeckt, mit denen du schlafen kannst?«

Tyler lief knallrot an.»Vater…«

«Du bist schwul, Tyler, und du bleibst schwul. Mir ist unbegreiflich, daß du überhaupt die Frucht meiner Lenden bist. Verzieh dich — fahr wieder nach Chicago zurück zu deinen Strichjungen.«

Tyler rang um Selbstbeherrschung.»In Ordnung«, sagte er schließlich steif und ging zur Tür.

«Hast du bei meinen Angestellten zufällig etwas entdeckt, das ich wissen sollte?«

Tyler drehte sich um und musterte seinen Vater.»Nein«, entgegnete er langsam.»Nicht das geringste.«

Als Tyler eintrat, war Kaminski beim Packen.

«Ich reise ab«, erklärte Kaminski.

«Tun Sie's nicht«, sagte Tyler.»Ich habe meine Meinung geändert.«

Dmitri richtete sich auf. Er schien nicht zu begreifen.»Was sagen Sie da?«

«Ich möchte nicht, daß Sie von hier weggehen. Es ist vielmehr mein Wunsch, daß Sie als Leibwächter meines Vaters bleiben.«

«Und was ist… Sie wissen schon, mit der anderen Geschichte?«

«Die werden wir einfach vergessen.«

Dmitri beäugte ihn mißtrauisch.»Warum? Was wollen Sie von mir?«

«Ich möchte Sie bitten, daß Sie mein Auge und Ohr sind. Ich brauche jemanden, der meinen Vater aus nächster Nähe beobachtet und mich über alle Vorgänge informiert.«

«Und warum sollte ich das wohl tun?«

«Aus einem ganz einfachen Grund: Weil ich Sie nicht an die Russen verraten werde, wenn Sie tun, was ich von Ihnen verlange, und weil ich Sie dann zu einem reichen Mann machen werde.«

Dmitri Kaminski musterte ihn eine Weile, dann breitete sich langsam ein Grinsen über seine Züge aus.»Ich bleibe hier.«

Das war der Eröffnungszug gewesen: Der erste Bauer war bewegt worden.

Das alles lag nun zwei Jahre zurück. Dmitri Kaminski hatte Tyler von Zeit zu Zeit Informationen geliefert, meist belangloses Zeug — Klatsch über Harry Stanfords neueste erotische Eskapaden oder Bruchstücke von geschäftlichen Transaktionen, die Dmitri zufällig mitgehört hatte —, und Tyler kamen erste Zweifel, ob er nicht doch einen Fehler begangen hatte und daß es vielleicht doch vernünftiger gewesen wäre, Dmitri der Polizei auszuliefern. Bis plötzlich der schicksalhafte Anruf aus Sardinien erfolgte und das riskante Spiel sich bezahlt gemacht hatte.

«Ich bin jetzt auf der Jacht hei Ihrem Vater. Er hat soeben mit seinem Anwalt telefoniert. Er trifft ihn Montag morgen in Boston, um sein Testament zu ändern.«

Und Tyler dachte wieder einmal an die endlosen Demütigungen, mit denen sein Vater ihn all die Jahre gequält hatte. Wenn er sein Testament ändert, habe ich die ganzen Mißhandlungen umsonst erduldet, das lasse ich mir nicht gefallen! Es gibt eine Möglichkeit, es zu verhindern — aber nur die eine.

«Bitte rufen Sie mich am Samstag wieder an, Dmitri.«

«Okay.«

Tyler legte auf und begann nachzudenken.

Der Zeitpunkt war gekommen, den Ritter ins Spiel zu bringen.

Kapitel 16

Im Bezirksgericht von Cook County herrschte ein ständiges Kommen und Gehen von Menschen, die wegen Brandstiftung, Vergewaltigung, Drogenhandels, Mordes und einer Fülle sonstiger Verbrechen angeklagt waren. Im Laufe eines einzigen Monats hatte Richter Tyler Stanford es mit mindestens einem halben Dutzend Mordfälle zu tun. Die meisten kamen allerdings nie zur Verhandlung, da die Anwälte der Angeklagten das Angebot machten, bei Strafmilderung ein Geständnis abzulegen, und der Staat sich darauf für gewöhnlich einließ. Kläger und Angeklagte einigten sich auf einen Kompromiß und kamen zu Richter Stanford, um seine Zustimmung einzuholen.

Der Fall Hal Baker stellte allerdings eine Ausnahme dar.

Hal Baker war ein Mensch mit gutem Willen und schlechter Gesellschaft. Als er fünfzehn war, überredete sein älterer Bruder ihn zur Mittäterschaft beim Überfall auf ein Lebensmittelgeschäft. Hal hatte zunächst versucht, seinen Bruder von der Idee abzubringen, und als ihm das nicht gelang, machte er schließlich mit. Hal wurde gefaßt; der Bruder entkam. Und als Hal Baker zwei Jahre später aus dem Jugendgefängnis entlassen wurde, hatte er sich fest vorgenommen, nie wieder mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.

Einen Monat nach seiner Entlassung begleitete er einen Freund in ein Juweliergeschäft.

«Ich möchte für meine Freundin einen Ring abholen«, sagte der Freund und zog, noch während er sprach, eine Pistole und brüllte:»Dies ist ein Überfall!«

In dem entstehenden Chaos wurde ein Angestellter erschossen. Hal Baker wurde gefaßt und wegen bewaffneten Raubüberfalls angeklagt. Sein Freund entkam.

Im Gefängnis besuchte ihn die Sozialfürsorgerin Helen Gowan, die in der Zeitung von seinem Fall gelesen hatte und Mitleid für ihn empfand. Es war Liebe auf den ersten Blick, die beiden heirateten unmittelbar nach Bakers Entlassung aus dem Gefängnis, und während der ersten acht Ehejahre bekamen sie vier Kinder.

Die Familie war Hal Bakers ein und alles. Es war wegen seiner Vorstrafen nicht leicht für ihn, Arbeit zu finden, und um seine Familie ernähren zu können, ließ er sich, wenn auch widerstrebend, von seinem Bruder zu einem weiteren Einbruchsdiebstahl anstiften. Auf frischer Tat ertappt, wurde er sofort inhaftiert und angeklagt.

Es war soweit, die Urteilsverkündung von Richter Tyler Stanford stand bevor, und es gab gar keinen Zweifel, wie das Urteil ausfallen müßte: Baker war ein Wiederholungstäter, und es war ein eindeutiger Fall, so daß die Staatsanwälte bereits Wetten abschlossen über die Höhe der Gefängnisstrafe, zu der Richter Stanford den Angeklagten verurteilen würde.»Er wird ihm die höchstmögliche Strafe aufbrummen!«meinte einer.»Wetten, daß er zwanzig Jahre Haft bekommt. Stanford gilt ja nicht umsonst als ein Befürworter der Todesstrafe.«

Hal Baker, der sich im tiefsten Innern seines Herzens unschuldig fühlte, verteidigte sich selbst, ohne Anwalt. In seinem besten Anzug stand er vor dem Richter und erklärte:»Euer Ehren, ich weiß, daß ich einen Fehler gemacht habe, aber wir sind alle nur Menschen, nicht wahr? Ich bin mit einer wundervollen Frau verheiratet, und wir haben vier Kinder. Ach, wenn ich Sie Ihnen doch nur vorstellen könnte, Euer Ehren — es sind großartige Kinder. Und was ich getan habe, habe ich nur für sie getan.«