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Jarod unterdrückte ein Lächeln. Offenbar eignete er sich langsam doch Führungsqualitäten an.

»Malfurion.«

Der Druide wandte den Blick von dem neuen Meer ab. »Meister Krasus.«

Der Drachenmagier verzog den Mund. »Gleichgestellte benötigen untereinander keine Titel. Bitte, zum letzten Mal, Krasus reicht aus.«

»Ich werde mich bemühen.« Instinktiv wich Malfurion vor seinem Freund zurück. »Möchtest du etwas?«

»Nein … aber sie.«

Lauter Flügelschlag drang an das Ohr des Nachtelfen. Staub wirbelte auf, als drei gewaltige Schemen hinter dem Drachenmagier aufstiegen.

Alexstrasza. Ysera. Nozdormu.

»Du weißt, weshalb wir hier sind«, sagte die rote Königin sanft.

Malfurions Hand glitt zur Tasche an seinem Gürtel. »Ihr wollt sie. Ihr wollt die Seele.«

»Die Dämonenseele«, berichtigte ihn Krasus. »Du hast vergessen, sie nach der Landung den Aspekten zu geben. Zweifellos ein Versehen.«

»Ja … ja …« Der Druide schob seine Hand in die Tasche.

Seine Fingerspitzen liebkosten die Scheibe. Wieso sollte er sie aufgeben? Hatte er nicht bewiesen, dass er ein Anrecht auf sie hatte? Hatte nicht er allein Kalimdor vor gleich zwei Bedrohungen gerettet?

»Malfurion …«

Wenn sie glaubten, ihr Anrecht auf die Scheibe sei gerechtfertigter als seines, warum versuchten sie dann nicht, ihm die Scheibe abzunehmen? Mit Hilfe der Dämonenseele würde er sie sicherlich alle töten können …

Ekel erfüllte den Druiden, dann zog er die Scheibe rasch aus der Tasche und hielt sie dem Magier entgegen.

Krasus nickte. »Ich wusste, dass du die richtige Entscheidung treffen würdest.« Er nahm die Dämonenseele jedoch nicht entgegen, sondern zeigte auf den Boden. »Leg sie bitte dorthin.«

Malfurion zog neugierig die Augenbrauen hoch, dann erfüllte er die Bitte des Magiers. Als seine Finger die Scheibe los ließen, fühlte er sich, als habe jemand eine gewaltige Last von seinen Schultern genommen.

»Tritt bitte zurück.«

Der Nachtelf gehorchte. Krasus sah die drei Aspekte an. »Wird eure Kraft ausreichen?«

»Das muss sie«, erwiderte Nozdormu.

Die drei brachten ihre gewaltigen Köpfe nahe an die Scheibe heran.

»Wir können sie nicht völlig unschädlich machen«, murmelte Alexstrasza. »Das liegt jenseits unserer Macht. Aber wir können dafür sorgen, dass Neltharion – Deathwing – nicht besser mit ihr umzugehen vermag als wir.«

»Wie ich schon sagte, das ist eine gute Idee«, antwortete Krasus, aber Malfurion spürte erneut, dass ihnen dieser Drache in Menschengestalt etwas Wichtiges vorenthielt – sogar der Königin, die er so offensichtlich liebte. Der Nachtelf wusste nicht, worum es sich handelte, aber er bemerkte die Trauer in Krasus’ Gesicht, die er jedes Mal verbarg, wenn ihn die Drachen ansahen.

Die drei Giganten betrachteten den winzigen Gegenstand, diese einfache goldene Scheibe, die so viel Leid in sich trug. Sie betrachteten sie, bis plötzlich ein Regenbogen aus Energie die Dämonenseele einhüllte. Rot, grün und bronzefarben waren die vorherrschenden Töne. Die Dämonenseele hob vom Boden ab und begann unmittelbar vor den Drachen in der Luft zu schweben. Magische Kräfte umwirbelten die Scheibe und drehten sie immer wieder.

Dann flossen diese Energien nach und nach in die Schöpfung des schwarzen Drachen. Zuerst als roter Strom, schließlich grün und bronzefarben.

Der Zauber endete. Die Dämonenseele fiel herab und schlug klirrend auf. Sie wirkte unverändert.

»Hat es funktioniert?«, fragte Malfurion.

»Ja.« Der Zauberer sah den Druiden an. »Malfurion, ich möchte, dass du sie noch einmal aufhebst.«

Der Nachtelf gehorchte, obwohl ihn die Scheibe und das Gefühl, das er damit verband, anwiderten. Doch als er sie in die Hand nahm, erkannte er, dass er die Dämonenseele plötzlich nicht mehr haben wollte. Entweder hatten die Drachen dafür gesorgt oder sein Wille war stärker geworden.

Der Magier sah die Aspekte an, die prompt nickten. An Malfurion gewandt, sagte er: »Es gibt einen Platz, den wir kennen, aber der Schwarze nicht. Mit deiner Erlaubnis möchten wir ihn dir in deinem Geist zeigen … und dann möchte ich, dass du dieses Ding hier mit Hilfe deiner Kräfte dorthin versetzt.«

Obwohl Malfurion sicher war, dass ihm die Bitte des Magiers nicht schwer fallen würde, zögerte er. »Vermagst du das nicht selbst?«

»Vor unserem Zauber wäre ich vielleicht dazu in der Lage gewesen, auch wenn es mir schwer gefallen wäre. Doch die anderen konnten es nicht, dafür hatte Deathwing gesorgt. Der neue Zauber verhindert, dass irgendein Drache die Scheibe anfassen, geschweige denn benutzen kann. Deshalb musst du dies für uns tun.«

Der Druide nickte und streckte die Hand aus, in der die Scheibe lag. »Zeig mir den Ort.«

Krasus und die Aspekte starrten ihn an. Malfurion zitterte einen Moment lang, als sie in seine Gedanken eindrangen.

Das Bild, das sie vor seinem geistigen Auge erschufen, sah er so deutlich, als wäre er selbst schon einmal dort gewesen. Der Druide wollte die goldene Scheibe möglichst schnell los werden und war erleichtert, als er sie an jenen Ort verbannt hatte.

Krasus atmete aus. »Danke.«

Auch die Aspekte nickten dankbar. Dann sah Alexstrasza in den Himmel. »Die Wolken … sie beginnen sich aufzulösen.«

Tatsächlich klarte es zum ersten Mal seit der Invasion der Brennenden Legion auf. Zuerst waren es nur kleine Lücken im Grau, dann teilten sich gewaltige, dicke Wolken in kleinere, dünne. Daraus wurden winzige Wölkchen, die sich im Wind auflösten.

Malfurion spürte plötzliche Hoffnung, fühlte, wie das Leben zurückkehrte. Nach einem Moment erkannte er, dass dies nicht nur seine eigenen Empfindungen waren, sondern auch die des Landes. Kalimdor würde überleben, dessen war er sich nun sicher.

Eine angenehme Wärme strich über seine Stirn. Er berührte sein Geweih und erkannte, dass zwei weitere kleine Äste hinzugekommen waren.

Ysera, deren Augen sich hektisch unter den geschlossenen Lidern bewegten, streckte sich und wandte sich den anderen Aspekten zu.

»Die Welt wird sich heilen, aber es gibt noch viel zu tun. Wir sollten zu den anderen zurückkehren.«

Nozdormu nickte. »Einverstanden.«

Malfurion öffnete den Mund, um den Drachen für all ihre Hilfe zu danken, zögerte jedoch, als ihn ein mulmiges Gefühl überkam. Er sah sich um, als suche er etwas. Erst nach einem Moment erkannte er, dass er in Wirklichkeit verzweifelt nach jemandem suchte.

Wo war Illidan?

Rhonin betrachtete das Meer und dachte an all die Opfer der Brennenden Legion, die er in seiner eigenen Zeit wie auch in dieser Periode gesehen hatte. Viele Gefallene hatten ihn zutiefst berührt; auch wenn die meisten von ihnen keine Freunde gewesen waren, so hatten sie doch sein Leben beeinflusst.

Er wusste, dass Krasus ähnlich – vielleicht sogar noch stärker – empfand, denn der Drache lebte bereits so lange, dass er Generationen von Freunden und Weggefährten verloren haben musste. Der Zauberer kannte seinen ehemaligen Mentor gut genug, um zu wissen, dass die Jahrhunderte Krasus nicht gegen Trauer abgehärtet hatten. Der Drachenmagier litt unter jedem Tod, auch wenn er seine Emotionen stets verbarg.

Und jetzt gab es einen weiteren Verlust. Rhonin hätte nie gedacht, dass er einmal um einen Orc trauern würde, aber genau das tat er. Brox war ein Kamerad gewesen, ein treuer Freund. Erst im Nachhinein hatte der Mensch das Opfer des Kriegers würdigen können. Der Orc hatte sich durch das Portal fallen lassen, obwohl er wusste, welch schreckliches Schicksal ihn dort erwartete. Trotzdem hatte Brox nicht gezögert. Ihm war klar gewesen, dass Malfurion Zeit benötigte, und so hatte er ihm diese Zeit erkauft.