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Für meine Tochter Mia und meine Frau Ella.

Ein Teil des Vergnügens, eine Serie von vier Büchern zu schreiben, besteht darin, dass man genug Platz hat, all jenen zu danken, denen Dank gebührt, bevor die Geschichte zu Ende ist. Susan Watt ist eine davon – eine wunderbare Frau, deren Sachverstand und Tatkraft sämtliche Schwierigkeiten geglättet haben.

Außerdem möchte ich Toni und Italo D’Urso danken, die mich über Jahre hinweg klaglos ihren alten Amstrad-Computer im Flur benutzen ließen. Schließlich habe ich, der guten Manieren wegen, ihre Tochter geheiratet. Ich habe ihnen viel zu verdanken.

Erster Teil

1

Julius stand am geöffneten Fenster und blickte über spanische Hügel. Die untergehende Sonne goss einen goldenen Streifen über einen fernen Bergrücken, als schwebte er wie eine Ader aus gleißendem Licht in der Luft. Das Gespräch hinter Julius wurde leiser und schwoll dann wieder an, ohne ihn aus seinen Gedanken zu reißen. Der Duft von Geißblatt im lauen Abendwind ließ seinen eigenen abgestandenen Schweiß noch stechender riechen, dann war der Blütenduft in der Brise wieder verflogen.

Es war ein langer Tag gewesen. Als er eine Hand über die Augen legte, spürte er eine Woge der Erschöpfung wie schwarzes Wasser in sich aufsteigen. Die Stimmen im Besprechungsraum vermischten sich mit dem Knarren der Stühle und dem Rascheln der Landkarten. Wie viele Hunderte solcher Abende hatte er mit diesen Männern schon hier im obersten Stockwerk der Festung verbracht? Diese Routine am Ende eines jeden Tages war für sie alle zu einer tröstlichen Gewohnheit geworden. Selbst wenn es nichts zu besprechen gab, kamen sie hier zusammen, um zu reden und zu trinken. Es hielt die Erinnerung an Rom in ihnen wach, und manchmal konnten sie dabei sogar vergessen, dass sie ihre Heimat seit über vier Jahren nicht gesehen hatten.

Anfangs hatte sich Julius auf die Probleme vor Ort gestürzt und manchmal monatelang nicht an Rom gedacht. Während er mit der Sonne aufstand und schlafen ging und die Zehnte Legion Städte in diese Wildnis baute, waren die Tage nur so dahingeflogen. Die Küstenstadt Valencia war mit Hilfe von Holz, Kalk und Farbe inzwischen so sehr verändert worden, dass es beinahe schien, als sei auf der alten eine ganz neue Stadt errichtet worden. Die Legionäre hatten Straßen gebaut, um die verschiedenen Landstriche miteinander zu verbinden und die wilden Berghügel durch Brücken für Siedler zugänglich zu machen. In den ersten Jahren hatte Julius verbissen und mit nach außen hin schier unerschöpflicher Energie gearbeitet. Er hatte die Erschöpfung als Droge benutzt, um seine schmerzlichen Erinnerungen zu vertreiben. Dann schlief er, und Cornelia erschien ihm im Traum. In solchen Nächten verließ er sein schweißnasses Bett und ritt hinaus zu den Wachposten. Unangekündigt tauchte er plötzlich aus der Dunkelheit auf, bis die Zehnte genauso nervös und müde war wie er selbst.

Als wollten sie seine Teilnahmslosigkeit verspotten, hatten seine Ingenieure zwei neue Goldadern gefunden, die ergiebiger waren als alle bisherigen. Dieses gelbe Metall hatte eine eigene, ganz besondere Anziehungskraft. Julius hatte mit Verachtung auf die erste Ausbeute, die aus einem Bündel auf seinem Tisch hervorquoll, herabgesehen. Das Gold stand für so viele verhasste Dinge. Mit nichts war er nach Spanien gekommen, dann aber hatte der Boden hier seine Geheimnisse preisgegeben, und mit dem Reichtum kamen auch die Erinnerungen an die alte Heimat und an ein Leben, das er fast vergessen hatte, wieder an die Oberfläche.

Bei dem Gedanken daran seufzte er. Spanien war eine solche Schatzkammer, dass es ihm schwer fallen würde, die Provinz wieder zu verlassen. Dabei wusste er, dass er sich hier nicht mehr allzu lange vor sich selbst verstecken durfte. Das Leben war einfach zu kostbar und zu kurz, um es zu vergeuden.

Durch die Wärme der vielen Leiber war es stickig im Raum geworden. Die Karten der neuen Minen lagen, mit Gewichten beschwert, ausgebreitet auf den niedrigen Tischen. Julius hörte, wie Renius mit Brutus stritt und Domitius leise in sich hineinlachte. Nur der hünenhafte Ciro sagte nichts. Die beiden Streithähne schienen zu keinem Ergebnis zu kommen, bis Julius sich wieder zu ihnen gesellte. Es waren allesamt gute Männer; ein jeder von ihnen hatte mit ihm gegen Feinde gekämpft und schwierige Zeiten durchgemacht. Manchmal konnte er sich vorstellen, wie es gewesen wäre, mit ihnen die ganze Welt zu erkunden. Diese Männer hatten etwas Besseres verdient, als hier in Spanien einfach vergessen zu werden, und er konnte das Mitgefühl, das er in ihren Augen las, nicht ertragen. Letztendlich hatte er nur ihre Verachtung verdient, weil er sie erst hierher gebracht und sich dann in belangloser Arbeit vergraben hatte.

Wenn Cornelia noch am Leben gewesen wäre, hätte er sie nach Spanien mitgenommen. Es wäre ein Neuanfang gewesen, weit weg von Rom und seinen Intrigen. Er senkte den Kopf, und die Abendluft strich kühl über sein Gesicht. Die Wunde war fast verheilt, und manchmal dachte er sogar tagelang nicht mehr an Cornelia. Dann jedoch gewannen seine Schuldgefühle wieder die Oberhand, und wie zur Strafe holten ihn die furchtbaren Albträume wieder ein.

»Julius? Ein Wachposten wartet an der Tür auf dich«, sagte Brutus und berührte ihn leicht an der Schulter. Julius nickte und drehte sich wieder zu den Männern um. Seine Augen suchten nach dem Fremden in ihrer Mitte.

Der Legionär sah nervös aus. Fahrig glitt sein Blick über die mit Karten und Weinkrügen beladenen Tische, sichtlich beeindruckt von all diesen wichtigen Leuten.

»Nun?« Julius sah ihn fragend an.

Der Soldat schluckte, als er die dunklen Augen des Befehlshabers auf sich ruhen fühlte. In diesem schmalen, verhärteten Gesicht war keine Spur von Freundlichkeit zu sehen, und der junge Legionär fing leicht an zu stottern.

»Ein junger Spanier ist am Tor, Herr. Er sagt, er sei derjenige, den wir suchen.«

Die Gespräche im Raum verstummten schlagartig, und der Wachsoldat wünschte sich, er wäre irgendwo anders, überall, nur nicht unter den fragenden Blicken dieser Männer.

»Hast du ihn nach Waffen durchsucht?«, fragte Julius. »Ja, Herr.«

»Dann bring ihn zu mir. Ich will den Mann sprechen, der mir so viel Ärger gemacht hat.«

Julius stand wartend am oberen Ende der Treppe, während der Spanier nach oben gebracht wurde. Seine Gewänder waren für die schlaksige Gestalt viel zu kurz, und die Gesichtszüge waren noch im Wandel vom Jungen zum Manne begriffen, nur die Kinnpartie hatte ihre Weichheit schon gänzlich verloren. Als sich ihre Blicke trafen, zögerte der Spanier und stolperte.

»Wie lautet dein Name, Bursche?«, fragte Julius, als sie einander auf gleicher Höhe gegenüberstanden.

»Adàn«, brachte der Spanier hervor.

»Und du willst meinen Offizier getötet haben?«, erkundigte sich Julius mehr verächtlich als fragend.

Der junge Mann erstarrte und nickte dann. Sein Gesichtsausdruck verriet Angst, aber auch Entschlossenheit. Er sah, dass alle Gesichter im Raum ihm zugewandt waren, und bei dem Gedanken, vor sie hinzutreten, schien ihn doch der Mut zu verlassen. Hätte ihn die Wache nicht das letzte Stück über die Schwelle geschoben, wäre er vielleicht zurückgewichen.

»Warte unten!«, befahl Julius, plötzlich gereizt, dem Legionär.

Adàn weigerte sich, angesichts der feindseligen Blicke der Römer den Kopf zu senken, obwohl er sich nicht daran erinnern konnte, sich jemals in seinem Leben mehr gefürchtet zu haben als in diesem Moment. Als Julius hinter ihm die Tür schloss, fuhr er erschrocken zusammen und verfluchte innerlich seine Nervosität. Er sah zu, wie sich der römische Feldherr setzte und ihn dann interessiert musterte. Eine dumpfe Panik erfasste ihn. Sollte er die Hände an den Seiten lassen? Urplötzlich wusste er nicht mehr wohin mit ihnen, und er überlegte, ob er sie auf dem Rücken verschränken sollte. Die Stille im Raum wurde langsam quälend. Noch immer waren alle Augen auf ihn gerichtet. Adàn schluckte mit einiger Anstrengung, war jedoch fest entschlossen, seine Angst nicht zu zeigen.