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So erklärt sich, was dann geschah. Er benutzte den Plan, dessen Irrealität ihm bewusst war, um einen Rivalen zu schlagen, den er für real hielt. Und als er dann merkte, dass der Plan ihn erfasste und nicht mehr losließ, als ob er tatsächlich existierte, oder als ob Belbo aus demselben Stoff gemacht wäre wie sein Plan, da fuhr er nach Paris wie zu einer Enthüllung, einer Revanche.

Jahrelang bedrückt von seinem täglichen Selbstvorwurf, immer nur mit den eigenen Gespenstern Umgang gepflogen zu haben, erleichterte ihn nun der Anblick von Gespenstern, die objektiv zu werden drohten, bekannt auch einem anderen, und sei es dem Feind. Stürzte er sich in den Rachen des Löwen? Sicher, denn der Löwe, der da Gestalt annahm, war realer als Surabaya-Jim, realer vielleicht als Cecilia, vielleicht sogar als Lorenza Pellegrini.

Belbo, krank von so vielen verpassten Treffen, fühlte sich jetzt zu einem realen Treffen gerufen. Zu einem, vor dem er nicht einmal mehr aus Feigheit weglaufen konnte, denn er stand bereits mit dem Rücken zur Wand. Seine Angst zwang ihn, mutig zu sein. Erfindend hatte er das Realitätsprinzip geschaffen.

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Die Liste Nr. 5 — sechs Unterhemden, sechs Unterhosen, sechs Taschentücher — hat den Forschern seit je zu denken gegeben, besonders wegen des völligen Fehlens von Socken.

Woody Allen, Getting even, New York, Random House, 1966, »The Metterling List«

  Zu der Zeit, es ist gerade erst einen Monat her, beschloss Lia, dass mir ein paar Wochen Urlaub guttun würden. Du siehst müde aus, sagte sie. Vielleicht hatte der Große Plan mich erschöpft. Außerdem brauchte das Kind, wie die Großeltern sagten, gute Luft. Freunde hatten uns ein kleines Haus in den Bergen überlassen.

Wir fuhren nicht sofort los. Es gab noch ein paar Dinge in Mailand zu erledigen, und dann meinte Lia, es gebe nichts Erholsameres als einen Urlaub in der Stadt, wenn man weiß, dass man hinterher wegfahren wird.

In den Tagen habe ich Lia zum ersten Mal von dem Großen Plan erzählt. Vorher war sie zu sehr mit dem Kind beschäftigt gewesen; sie wusste nur vage, dass ich mit Belbo und Diotallevi an einer Art Puzzle saß, das uns ganze Tage und Nächte lang in Beschlag nahm, aber ich hatte ihr nichts mehr gesagt, seit sie mir damals ihre Predigt über die Psychose der Analogien gehalten hatte. Vielleicht schämte ich mich.

Jetzt aber, wo er fertig war, erzählte ich ihr den ganzen Plan bis in alle Einzelheiten. Sie wusste von Diotallevis Erkrankung, und ich fühlte mich irgendwie schuldig, als ob ich etwas getan hätte, was ich nicht durfte, und daher versuchte ich, das Ganze als das hinzustellen, was es war: nur ein bravouröses Spiel.

Und Lia sagte: »Pim, deine Geschichte gefällt mir nicht.«

»Ist sie nicht schön?«

»Auch die Sirenen waren schön. Hör zu: was weißt du über dein Unbewusstes?«

»Nichts, ich weiß nicht mal, ob es existiert.«

»Siehst du. Nun stell dir vor, so ein Wiener Spaßvogel hat sich, um seine Freunde zu unterhalten, aus Jux und Dollerei die ganze Geschichte mit dem Es und dem Ich und dem Über-Ich ausgedacht, und das mit dem Ödipus, und Träume, die er nie geträumt hat, und den kleinen Hans, den er nie gesehen hat... Na, und was ist dann passiert? Millionen von Menschen waren bereit, im Ernst neurotisch zu werden. Und Tausende anderer bereit, sie auszubeuten.«

»Lia, du bist paranoisch.«

»Ich? Du!«

»Na gut, wir sind also paranoisch, aber eins musst du uns wenigstens zugestehen: wir sind von einem real existierenden Text ausgegangen, von der Botschaft, die Ingolf in Provins gefunden hatte. Entschuldige, aber wenn du plötzlich vor einer geheimen Botschaft der Templer stehst, willst du sie doch entziffern. Kann sein, dass du dabei übertreibst, um dich über die Entzifferer von geheimen Botschaften lustig zu machen, aber die Botschaft selber, die war doch real.«

»Also erst mal weißt du nur das, was euch dieser Ardenti erzählt hat, der nach deiner Beschreibung ein ganz besonders erlesener Armleuchter gewesen sein muß. Und dann würde ich diese Botschaft ja gerne mal sehen.«

Kein Problem, ich hatte sie unter meinen Papieren.

Lia nahm das Blatt, besah es von vorn und von hinten, zog die Nase kraus, schob sich die Mähne vor den Augen weg, um den ersten Teil, den chiffrierten, besser sehen zu können. Und sagte dann: »Ist das alles?«

»Genügt dir das nicht?«

»Genügt mir vollauf. Gib mir zwei Tage, um darüber nachzudenken.« Wenn Lia mich um zwei Tage zum Nachdenken bittet, ist es gewöhnlich, um mir zu beweisen, dass ich dumm bin. Ich werfe ihr das immer vor, und sie antwortet immer: »Wenn ich kapiere, dass du dumm bist, bin ich sicher, dass ich dich wirklich liebe. Ich liebe dich auch, wenn du dumm bist. Beruhigt dich das nicht?«

Zwei Tage lang berührten wir das Thema nicht mehr, außerdem war sie die meiste Zeit nicht zu Hause. Abends sah ich sie in einer Ecke hocken und sich Notizen machen, ein Blatt nach dem andern zerreißend.

Dann fuhren wir in die Berge, das Kind kroch den ganzen Nachmittag auf der Wiese herum, Lia kochte zu Abend und sagte, ich sollte essen, ich sei dünn wie ein Nagel. Nach dem Essen bat sie mich um einen doppelten Whisky mit viel Eis und wenig Soda, zündete sich eine Zigarette an, was sie nur in wichtigen Momenten tut, sagte, ich solle mich setzen, und erklärte:

»Pass auf, Pim, ich werde dir zeigen, dass die einfachsten Erklärungen immer die wahrsten sind. Dieser euer Oberst hat euch gesagt, dass dieser Ingolf eine Botschaft in Provins gefunden hatte, und das will ich gar nicht in Zweifel ziehen. Ingolf wird in den Keller runtergestiegen sein und dort wirklich ein Etui mit diesem Text hier gefunden haben.« Sie klopfte mit den Fingern auf das Blatt mit den altfranzösischen Zeilen. »Aber niemand sagt uns, dass Ingolf ein diamantenbesetztes Etui gefunden hat. Das einzige, was euch der Oberst erzählt hat, ist, dass in Ingolfs Kontobuch stand, er hätte ein Etui verkauft — und warum auch nicht, es war eine Antiquität, ein bisschen was wird er schon dafür gekriegt haben, aber niemand sagt uns, dass er von dem Erlös dann gelebt hat. Er hatte vielleicht eine kleine Erbschaft von seinem Vater.«

»Und warum muß das Etui unbedingt ein billiges Etui gewesen sein?«

»Weil diese famose Botschaft hier eine Wäscheliste ist. Komm, lesen wir sie noch mal.«

  a la ... Saint Jean

36 p charrete de fein

6 … entiers avec saiel

P ... les blancs mantiax

r ... s ... chevaliers de Pruins pour la ... j. nc.

6 foiz 6 en 6 places

chascune foiz 20 a .... 120 a ....

iceste est l'ordonation

al donjon li premiers

it li secunz joste iceus qu i... pans

it al refuge

it a Nostre Dame de l'altre part de l'iau