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... hier eine Nähmaschine (so eine wie in der Stahlstich-Reklame, neben der Pille zur Entwicklung des Busens und dem großen Adler, der durch die Berge fliegt, in den Krallen den aufmöbelnden Magenbitter, Robur le Conquérant, R.C.), aber wenn sie in Gang gesetzt wird, dreht sie ein Rad, und das Rad dreht einen Ring, und der Ring... was tut der, wer gehorcht dem Ring? Die Beischrift sagte es: »Les courants induits par le champ terrestre«, die vom Magnetfeld der Erde induzierten Ströme! Schamlos, in aller Offenheit, auch die Kinder können es lesen bei ihren nachmittäglichen Besuchen, glaubte die Menschheit doch sowieso, in eine andere Richtung zu gehen, man konnte alles versuchen, sogar das höchste, äußerste Experiment, wenn man nur sagte, es diene der Technik. Die Herren der Welt haben uns Jahrhunderte lang getäuscht. Wir waren umgeben, umschlossen, umgarnt vom Großen Komplott, und wir schrieben Gedichte zum Lob der Lokomotive!

Ich lief ziellos umher. Ich konnte mir vorstellen, kleiner zu sein, mikroskopisch klein, und schon wäre ich als bestürzter Passant durch die Straßen einer mechanischen Stadt gewandert, zwischen metallischen Wolkenkratzern. Zylinder, Batterien, Leidener Flaschen übereinandergetürmt, kleine Karusselle, kaum zwanzig Zentimeter hoch, Tourniquet électrique à attraction et répulsion. Talisman, um die Sympathie-Ströme zu stimulieren. Colonnade étincelante formée de neuf tubes, Electroaimant, eine Guillotine, im Zentrum — und es sah aus wie eine Druckpresse — hingen Haken an schweren Ketten. Eine Presse, in die man eine Hand hineinstecken kann, einen Kopf zum Zermalmen. Gläserne Glocke, bewegt von einer Luftpumpe mit zwei Zylindern, eine Art Destillierkolben, darunter eine Schale und rechts eine kupferne Kugel. Saint-Germain hat darin seine Tinkturen für den Landgrafen von Hessen gemischt.

Ein Pfeifenständer mit vielen kleinen Sanduhren, die Einschnürungen lang gezogen wie die Taillen bei den Frauen von Modigliani, gefüllt mit einem undefinierbaren Material, aufgestellt in zwei Reihen von jeweils zehn, und bei jeder bläht sich die obere Erweiterung auf einer anderen Höhe, wie lauter kleine Mongolfieren, die sich in die Luft erheben wollen und nur durch einen Sandsack am Boden gehalten werden. Ein Apparat zur Erzeugung des Rebis, sichtbar vor aller Augen.

Abteilung Glasarbeiten. Ich war im Kreis gelaufen. Grüne Fläschchen, ein sadistischer Wirt bot mir Gifte in Quintessenz an. Eiserne Maschinen zur Flaschenherstellung, sie öffneten und schlossen sich mit zwei Griffen, aber wenn man nun statt der Flasche die Hand hineinhielt? Zack, so muß es gegangen sein mit jenen Zangen, jenen Scheren, jenen Bistouris mit gebogenem Schnabel, die in den After eingeführt werden konnten, in die Ohren, in den Uterus, um den noch lebenden Fötus herauszuziehen und ihn mit Honig und Pfeffer anzurichten für die blutgierige Astarte... Der Saal, den ich jetzt durchquerte, hatte breite Vitrinen, ich sah Druckknöpfe, mit denen man große Korkenzieher in Gang setzen konnte, die sich unaufhaltsam dem Auge des Opfers entgegenschraubten, Die Grube und das Pendel, hier waren wir schon fast bei der Karikatur, bei den unnützen Maschinen von Goldberg, bei den Foltergeräten, an die Mickey Mouse von Big Pete gefesselt wurde, l'engrenage extérieur à trois pignons, äußeres Zahnradgetriebe mit drei Ritzeln, Triumph der Mechanik zur Zeit der Renaissance, Branca, Ramelli, Zonca kannten diese Getriebe, ich hatte sie abgebildet in unserem wunderbaren Abenteuer der Metalle, aber hierhin waren sie später verbracht worden, im letzten Jahrhundert, jawohl, hier standen sie schon bereit, um die Aufrührer zu bändigen nach der Eroberung der Welt, die Templer hatten von den Assassinen gelernt, wie man Noffo Dei zum Schweigen bringt, sobald man ihn einmal gefangen hat, Sebottendorffs Hakenkreuz würde die ächzenden Glieder der Feinde der Herren der Welt in Richtung der Sonne verdrehen, alles stand bereit und wartete nur noch auf einen Wink, alles vor aller Augen, der Große Plan war öffentlich, aber niemand hätte ihn erraten können, knirschende Kiefern hätten ihren Eroberungshymnus gesungen, eine Orgie von Mäulern, allesamt nur noch reines Gebiss, die sich ineinander verbolzten mit einem spastischen Ticken, als fielen alle Zähne auf einmal zu Boden.

Und schließlich stand ich vor jenem Emetteur à étincelles soufflées, der für den Eiffelturm geplant worden war, zum Austausch von stündlichen Signalen zwischen Frankreich, Tunesien und Russland (Templer von Provins, Paulizianer und Assassinen aus Fez — Fez liegt nicht in Tunesien, und die Assassinen waren in Persien, aber was soll's, man kann nicht subtilisieren, wenn man in den Windungen der Subtilen Zeit lebt). Diese immense Maschine hatte ich doch schon mal irgendwo gesehen: übermannsgroß, die Wände durchbohrt von einer Reihe Luken und Luftlöcher, wer wollte mir einreden, das sei ein Funkapparat? Natürlich, das kannte ich, daran war ich am Nachmittag vorbeigekommen. Das war das Centre Beaubourg!

Vor unser aller Augen. Und in der Tat, wozu sollte diese Riesenschachtel im Zentrum von Lutetia dienen (Lutetia Parisiorum, die Luke zu einem unterirdischen Meer von Schlamm), dort, wo früher der Bauch von Paris war, mit diesen Saugrüsseln zum Einsaugen der Luft, dieser krankhaften Wucherung von Röhren und Leitungen, diesem Ohr des Dionysius, das sich so weit nach außen öffnet, um Töne, Botschaften, Signale aufzufangen und hineinzusenden ins Zentrum der Erde und sie zurückzugeben als ausgekotzte Informationen der Hölle? Erst das Conservatoire als Laboratorium, dann der Eiffelturm als Sonde, schließlich das Cent-re Beaubourg als globale Sendeempfangsstation. Hatten sie diesen Riesenschröpfkopf da etwa hingestellt, bloß um ein paar langhaarige, ungewaschene Jugendliche zu unterhalten, die sich den neuesten Hit mit japanischen Walkmen reinziehen? Vor unser aller Augen. Das Centre Beaubourg als das Tor zum unterirdischen Reich von Agarttha, als Monument der Equites Synarchici Resurgentes. Und die anderen, all die anderen, zwei, drei, vier Milliarden Andere, sie ignorierten es oder bemühten sich, es zu ignorieren. Trottel und Hyliker. Und die Pneumatiker zielstrebig, sechs Jahrhunderte lang.

Endlich hatte ich die Treppe gefunden und war hinabgestiegen, immer vorsichtiger. Mitternacht nahte. Ich musste mich in meinem Observatorium verstecken, ehe sie kamen.

Ich glaube, es war schon elf, vielleicht noch nicht ganz. Ich ging durch den Saal Lavoisier, ohne die Taschenlampe anzuknipsen, eingedenk der Halluzinationen am Nachmittag, ich eilte durch den Gang mit den Modelleisenbahnen.

Im Kirchenschiff war bereits jemand. Ich sah Lichter, huschende, flackernde. Ich hörte Scharren, als würden Möbel über den Boden geschoben.

Würde ich noch rechtzeitig in den Sockel der Freiheitsstatue kommen? Ich schlich gebückt an den Vitrinen mit den Zügen entlang und war gleich darauf im Seitenschiff neben der Statue von Gramme. Auf einem hölzernen Podest in Kubusform (der kubische Stein von Hesod!) erhob sie sich, wie um den Eingang zum Chor zu bewachen. Von hier war es nur noch ein Katzensprung bis zu meinem Versteck.

Die Vorderseite des Podests war aufgeklappt, so dass eine Türöffnung entstand, die den Ausgang eines geheimen Ganges darstellen mochte. Und tatsächlich kam dort jemand mit einer Laterne heraus — vielleicht einer Gaslaterne, mit bunten Scheiben, die sein Gesicht in rötlichen Flammenschein tauchten. Ich drückte mich in einen Winkel, und er sah mich nicht. Ein anderer kam aus dem Chor auf ihn zu. »Schnell«, sagte er leise, »in einer Stunde sind sie da.«

Das war also die Vorhut, die etwas für den Ritus vorbereiten sollte. Wenn es nicht viele waren, konnte ich unbemerkt die Freiheitsstatue erreichen, ehe die anderen kamen, wer weiß woher und zu wie vielen. Ich blieb lange in meinem Winkel und verfolgte die Bewegungen der Laternen in der Kirche, den periodischen Wechsel der Lichter, die Momente der größeren und geringeren Helligkeit. Ich kalkulierte, wie weit sie sich von der Freiheitsstatue entfernten und wie lange diese im Dunkeln bleiben mochte. Schließlich setzte ich alles auf eine Karte, huschte links unter die Statue von Gramme — an die Wand gepresst mit eingezogenem Bauch, zum Glück war ich dünn wie ein Nagel. Lia... Und schlüpfte in den Sockel der Freiheitsstatue.