Um mich noch unsichtbarer zu machen, kauerte ich mich am Boden zusammen, in einer fast embryonalen Position. Mein Herz pochte schneller, meine Zähne klapperten.
Ich musste mich entspannen. Ich atmete rhythmisch durch die Nase und steigerte langsam die Intensität der Atemzüge. So kann man, glaube ich, unter der Folter beschließen, ohnmächtig zu werden, um sich dem Schmerz zu entziehen. Tatsächlich fühlte ich mich langsam in die Arme der Unterirdischen Welt versinken.
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Unsere Sache ist ein Geheimnis in einem Geheimnis, das Geheimnis von etwas, das verhüllt bleibt, ein Geheimnis, das nur ein anderes Geheimnis erklären kann, ein Geheimnis über ein Geheimnis, das sich mit einem Geheimnis befriedigt.
Ga'far al-Sadiq, sechster Imam
Langsam kam ich wieder zu mir. Ich hörte Geräusche, ein helleres Licht schreckte mich auf. Meine Füße waren steif geworden. Ich versuchte mich langsam aufzurichten, ohne Lärm zu machen, und es kam mir vor, als stünde ich auf einem Teppich aus Seeigeln. Die kleine Seejungfrau. Ich machte ein paar lautlose Bewegungen, beugte mich nach rechts und nach links, und als ich feststellte, dass mein Versteck weitgehend im Dunkeln geblieben war, gelang es mir allmählich, wieder Herr der Lage zu werden.
Das Kirchenschiff war hell erleuchtet. Es waren die Laternen, aber nun waren es Dutzende und Aberdutzende, getragen von den Zusammengeströmten, die sich hinter mir drängten. Sicherlich aus dem Geheimgang gekommen, strömten sie links von mir in den Chor und ins Kirchenschiff. Mein Gott, sagte ich mir, die Nacht auf dem Kahlen Berge, Version Walt Disney.
Sie lärmten nicht, sie murmelten nur, aber alle zusammen produzierten ein lautes Brummen und Rauschen, wie die Komparsen in der Oper: Rhabarber, Rhabarber.
Links von mir waren die Laternen im Halbrund auf den Boden gestellt, so dass sie mit einem abgeflachten Halbkreis das östliche Halbrund des Chores vervollständigten und am südlichsten Punkt dieses Pseudo-Halbkreises die Statue von Pascal berührten. Dort drüben hatte man ein brennendes Kohlebecken hingestellt, auf das jemand Kräuter und Essenzen warf. Der Rauch drang bis in mein Versteck, legte sich mir auf die Kehle und verursachte mir ein Gefühl von überreizter Betäubung.
Im Schwanken der Laternen bemerkte ich, dass sich im Zentrum des Chors etwas regte, ein schmaler und schwirrender Schatten.
Das Pendel! Das Pendel schwang nicht mehr an seinem gewohnten Ort auf halber Höhe des Kreuzgewölbes. Es hing jetzt, größer als sonst, am Schlussstein in der Mitte des Chors. Die Kugel war größer, der Faden war dicker, er schien mir jetzt ein Seil oder eine Drahttrosse zu sein.
Das Pendel war jetzt so groß, wie es einst im Pantheon gewesen sein musste. Wie wenn man den Mond durch ein Fernrohr vergrößert sieht.
Sie hatten es so wiederherstellen wollen, wie die Templer es beim ersten Mal erprobt haben mussten, ein halbes Jahrtausend vor Leon Foucault. Damit es frei schwingen konnte, hatten sie einiges wegräumen müssen und dem Amphitheater des Chors jene grob-symmetrische Antistrophe geschaffen, die von den Laternen dargestellt wurde.
Ich fragte mich, wie es dem Pendel gelingen mochte, so gleichmäßig zu schwingen, jetzt, wo unter dem Boden nicht mehr der magnetische Regulator sein konnte. Dann begriff ich. Im Chorumgang, bei den Dieselmotoren, stand einer, der — geschmeidig wie eine Katze den Veränderungen der Schwingungsebene folgend — der Kugel jedes Mal, wenn sie zu ihm geschwungen kam, einen leichten Stoß versetzte, mit einer präzisen Handbewegung.
Er war im Frack, wie Mandrake. Später, als ich seine Gefährten sah, begriff ich, dass er ein Taschenspieler war, ein Zauberer aus dem Petit Cirque der Madame Olcott, ein Profi, der den Stoß seiner Fingerspitzen sehr genau zu dosieren vermochte, mit sicherer Hand, geschickt bei der Arbeit mit infinitesimalen Veränderungen. Vielleicht war er sogar fähig, durch die dünnen Sohlen seiner Lackschuhe die Vibrationen der innerirdischen Strömungen zu erspüren und die Hände gemäß der Logik der Kugel zu bewegen, und gemäß der Logik der Erde, auf welche die Kugel antwortete.
Seine Gefährten. Nun sah ich auch sie. Sie bewegten sich zwischen den Automobilen im Kirchenschiff, huschten an den draisiennes und Motorrädern vorbei, wälzten sich fast im Schatten, die einen trugen einen Lehnstuhl und einen mit rotem Tuch verhangenen Tisch in den breiten hinteren Chorumgang, die anderen verteilten weitere Laternen. Klein, dunkel und täppisch, wirkten sie wie rachitische Kinder, und als einer von ihnen dicht an mir vorbeikam, sah ich seine mongoloiden Züge und seinen Kahlkopf. Les Freaks Mignons de Madame Olcott, die scheußlichen kleinen Monster, die ich auf dem Plakat in der Librairie Sloane gesehen hatte.
Der Zirkus war komplett gekommen: Staff, Ordner und Choreografen des Ritus. Ich sah Alex und Denys, die Riesen von Avalon, eingezwängt in eine Rüstung aus nietenbeschlagenem Leder, wahrhaft gigantische Kerle mit blondem Haar, an die große Masse der Obéissante gelehnt mit abwartend gekreuzten Armen.
Ich hatte keine Zeit, mir weitere Fragen zu stellen. Jemand war feierlich eingetreten, mit ausgestreckter Hand Ruhe gebietend. Ich erkannte Bramanti nur deshalb, weil er dasselbe scharlachrote Gewand mit weißem Umhang und Mitra trug, in dem ich ihn an jenem Abend auf dem Schloss in Piemont gesehen hatte. Er näherte sich dem Kohlebecken, warf etwas hinein, so dass eine Flamme aufloderte, gefolgt von einem dicken weißen Rauch, dessen Duft sich langsam durch den Saal verbreitete. Wie damals in Rio, dachte ich, und wie auf dem alchimistischen Fest. Und ich hatte kein Agogõ. Ich hielt mir das Taschentuch wie einen Filter vor Nase und Mund. Aber schon glaubte ich zwei Bramantis zu sehen, und das Pendel schwang vor mir in mehrere Richtungen gleichzeitig, wie ein Karussell.
Bramanti begann zu psalmodieren: »Aleph Beth Gimel Daleth He Waw Zajin Herb Teth Jod Kaf Lamed Mem Nun Samech Ajin Pe Sade Qof Resch Schin Tau!«
Die Menge respondierte: »Pamersiel, Padiel, Chamuel, Aseliel, Barmiel, Gediel, Asyriel, Meseriel, Dorchtiel, Usiel, Cabariel, Raysiel, Symiel, Armadiel...«
Bramanti winkte, jemand trat aus der Menge hervor und sank vor ihm auf die Knie. Nur für einen Augenblick sah ich sein Gesicht. Es war Riccardo, der Maler, der Mann mit der Narbe.
Bramanti befragte ihn, und der andere antwortete, die Formeln des Rituals auswendig rezitierend.
»Wer bist du?«
»Ich bin ein Adept, noch nicht zugelassen zu den höheren Mysterien der Tres. Ich habe mich in der Stille vorbereitet, in der analogischen Meditation über das Geheimnis des Baphomet, im Bewusstsein, dass es sechs unversehrte Siegel sind, um die das Große Werk kreist, und dass wir erst am Ende das Geheimnis des siebenten kennen werden.«
»Wie bist du empfangen worden?«
»Durch die perpendikuläre Passage zum Pendel.«
»Wer hat dich empfangen?«
»Ein Mystischer Legat.«
»Würdest du ihn wiedererkennen?«
»Nein, denn er war maskiert. Ich kenne nur den Ritter des nächsten Grades über mir, und dieser kennt nur den Naometer des nächsten Grades über sich, und ein jeder kennt immer nur einen. Und so soll es sein.«
»Quid facit Sator Arepo?«
»Tenet Opera Rotas.«
»Quid facit Satan Adama?«
»Tabat Amata Natas. Mandabas Data Amata, Nata Sata.«
»Hast du die Frau mitgebracht?«
»Ja, sie ist hier. Ich habe sie übergeben, wie man mir befahl. Sie ist bereit.«
»Geh, aber halte dich gleichfalls bereit.«