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»Der Frage nach dem Ursprung der intelligenten Rassen im Weltraum«, sagte Vries. »Soll ich beginnen?«

»... eine Frage von höchst praktischer Bedeutung«, sagte Orch ironisch.

Der Kommandant trat zurück und setzte sich. »Fang an!«

Vries überzeugte sich, daß die Optik richtig justiert war, dann schaltete er ein. Die Röhren begannen leise zu summen, wenn man genau hinsah, konnte man den Rahmen, der den Wachsblock mit dem Präparat umschloß, im Schneckentempo vorwärtswandern sehen. Das war alles.

»Hm«, machte Rety, »was geschieht jetzt?«

Vries seufzte.

»Die Gedächtnisstruktur ist ein Netz blasser, weißer Fasern, den Nervenfäden, das an einigen nach außen führenden dicken Strängen entspringt und sich im Innern in zahlreiche winzige Fäden teilt. Diese Leitungen bestehen aus phosphorhaltigen Eiweißketten. Die Übertragung der Reize von Molekül zu Molekül erfolgt durch Wasserstoffbrücken. An jedem Leitvorgang sind etwa tausend Moleküle gleichzeitig und in gleicher Weise beteiligt – offenbar, um unberechenbare Quanteneinflüsse auszuschalten...«

Rety brummte wieder.

»Läßt sich das nicht ein wenig einfacher – ich meine, etwas anschaulicher...«

Vries begann sich in sein Schicksal zu ergeben. Er warf einen Blick auf Ebb und konstatierte befriedigt, daß sich dieser nicht stören ließ, die über die Skalen tanzenden Zeiger aufmerksam zu beobachten, da und dort einen Hebel verstellte und manchmal Zahlen auf seinen Block schrieb.

»Eine automatische Telefonzentrale, Meldungen, die ankommen, Verbindungen, die hergestellt werden, Meldungen, die abgehen, und ein Gedächtnisspeicher für alle Routinefragen – das ist ein Gehirn. Was es leisten kann, hängt von seinem Schaltplan ab, was es wissen kann, von der Kapazität seines Speichers. Der Resonanzabtaster verrät uns den Schaltplan. Er gibt seine Ergebnisse an das Elektronengehirn weiter und aktiviert dort ein System von Stromwegen, das sozusagen eine Abbildung des Nervennetzes ist.«

»So bekommst du also den Mechanismus«, sagte Rety. »Und wie erhältst du den Erinnerungsschatz?«

Vries ließ Ebb nicht aus den Augen. Eben schob dieser den zweiten Behälter unter den Rahmen.

»Jede Erinnerung ist durch ein Muster festgehalten – ein Muster aus angeregten Molekülen. Den Grad dieser Anregung stellt der Abtaster fest und überträgt so das Muster in den Speicher unseres elektronischen Automaten. Dazwischen ist ein Verstärker geschaltet, da die Intensität der angeregten Schwingungen im Lauf der Zeit abklingt.«

»Wozu brauchst du dann die Schaltung? Genügt nicht das Gedächtnismuster?«

»Es läßt sich von der Schaltanordnung nicht trennen«, antwortete Vries müde.

Sie schwiegen eine Weile. Endlich konnte Vries an seine Apparate treten. Es gab nicht viel zu tun. Der Rahmen durchmaß das Gehirnvolumen von Elementarlänge zu Elementarlänge.

»Hatten diese Leute auch elektronische Automaten?« fragte Orch und wies auf die beiden gelben Massen in den Behältern.

»Transistorgeräte«, antwortete Vries. »Kristallgitterleitung kannten sie noch nicht.«

Nach zehn Minuten glitt auch das zweite Gefäß aus dem Rahmen heraus. Als seien die beiden der Vergangenheit entrissenen Organe mit einemmal uninteressant geworden, wandten sich die vier Personen wie auf einen Befehl zur elektronischen Anlage, in deren unterkühlten Eiskristallblöcken nun fremdes Denken und Wissen schlummerte.

»Jetzt können wir wohl Fragen stellen«, meinte Orch.

»Jetzt kommt erst der schwierigste Teil unseres Versuchs«, sagte Vries. »Wir müssen die Zuleitungen unter Strom setzen.«

Er trat zum Armaturenbrett, drückte Hebel nieder, schraubte an Drehknöpfen und beobachtete dabei ein Mikroamperemeter. Auf jedes Ausschlagen der Zeiger reagierte er fast unverzüglich, es sah aus, als führte er unverständliche Befehle aus. Er beantwortete keine Frage mehr.

»Was geschieht jetzt?« fragte Orch ungeduldig.

»Normalerweise reagiert ein Gehirn auf äußere Reize«, sagte Ebb mit gedämpfter Stimme, als habe er Ehrfurcht vor einer sakralen Handlung. »Sie kommen als Energiefluß durch die Zuleitungen. Je nachdem, um welche Zuleitung es sich handelt, empfindet der Organismus Licht, Schall, Geruch und so weiter. Leider wissen wir nicht, zu welchen Sinneswerkzeugen die Zuleitungen führen, wir wissen nicht einmal, welche davon nicht dem Empfang, sondern dem Aussenden dienen. Das muß nun ausgetestet werden.« Er wies auf die Instrumententafel. »Jedes Mikroamperemeter verfolgt die Stromstärke einer der Zu- oder Ableitungen.«

Vries hantierte noch immer an den Schaltern.

»Es muß doch an den leeren Leitungen liegen«, murmelte er.

»Was meint er?« fragte Rety.

»Wir haben festgestellt, daß einige der Nerven in Büscheln von Eiweißmolekülen blind enden – weder gibt es eine Weiterleitung noch kommen Nervensträhnen so nahe, daß sie diese Enden beeinflussen können – und doch führen sie in die Gehirnmasse hinein, als ob es sich um einflußreiche Sinneszuleitungen handle.«

»Na, und?« fragte Orch.

»Das sind die einzigen Schaltelemente, wofür wir in unserem Elektronengehirn nichts Entsprechendes besitzen. Wir haben sie einfach fortgelassen – wir wußten nicht, ob sie wichtig sind. Anscheinend sind sie es doch.«

»Was haben sie für eine Bedeutung?«

»Es sieht so aus, als sollten sie einen irrationalen Faktor in das System bringen, etwas Nichtkausales, Unbestimmtes, Unvorhergesehenes – sozusagen eine Portion Zufall.«

»Könnt ihr so etwas nicht einbauen?«

»Wir haben eine Serie solcher Schaltungen vorbereitet, es sind Szintillationszähler, die auf die Höhenstrahlung ansprechen. Die Impulse fallen in einer völlig zufälligen Aufeinanderfolge ein. Diese Zähler treten an Stelle der Molekülbüschel. Über Verstärker werden sie an das Hauptsystem angeschlossen – genauso, wie wir das in den Präparaten vorgefunden haben.«

»Na, zum Donnerwetter«, rief Orch, »dann schaltet doch diese Dinger endlich an!«

Vries hatte dem letzten Teil des Gesprächs gelauscht, es sah aus, als wollte er etwas erklären, aber auf die ungeduldige Aufforderung Orchs hin wechselte er einen Blick mit seinem Assistenten. Wir tun es, hieß dieser Blick, und wenn sich daraufhin die Hölle auftut – wir tun es.

Ebb trug ein Chassis an den Automaten heran, hob einen Teil der Wandverkleidung hoch und setzte die Apparatur auf einem Sockel ab. Dann beschäftigte er sich einige Minuten damit, einen der heraushängenden Drähte nach dem andern an hierfür vorgesehenen Klemmschrauben zu befestigen. Noch bevor er den Deckel wieder an die Wand der Maschine gelegt hatte, begann der Lochstreifen zu laufen.

Alle vier griffen danach, aber Vries erwischte ihn zuerst. Er ließ ihn so durch die Hand gleiten, daß alle lesen konnten: ›WAS WOLLT IHR VON MIR?‹

Rety faßte sich zuerst. »War das so beabsichtigt?«

»Normalerweise stellen wir die Fragen«, sagte Vries.

»Das ist ein verflucht gefährliches Experiment«, sagte Orch. »Ich werde mich darum kümmern, daß derartiges künftig unterbleibt. Ich bin dafür, daß wir sofort abschalten.«

»Gebt Antwort«, befahl Rety, zu Vries und Ebb gewandt.

Ebb setzte sich an die Schreibmaschine.

»Was soll ich antworten?«

»Etwas Harmloses«, riet Rety.

»Also schreib:« sagte Vries. »Wir haben einige wissenschaftliche Fragen und bitten um Auskunft. Ist dein Erinnerungsvermögen intakt?« – Die Tasten der Schreibmaschine tickten.

»Lächerliches Theater!« murrte Orch.

Nach einer erwartungsvollen Pause ruckte der Lochstreifen wieder an: ›ERINNERUNG – GLAUBE ICH – INTAKT – WAS WOLLT IHR WISSEN?‹

»Schreib:« befahl Vries. »Stammt deine Rasse von jenem Planeten, auf dem wir dich gefunden haben?«

Ebb begann zu tippen, aber Orch unterbrach ihn: »Das ist mehr als Sturheit! Wenn ihr unserem Automaten schon einen fremden Willen eingeimpft habt, dann stellt doch schleunigst fest, ob er nicht schon Macht über das elektronische System besitzt, statt läppische Fragen zu stellen!«