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Drei Wochen später trat er in >Bahn frei< auf.

Die Sendung hatte das klassische Rezept der Automobilrennen übernommen. Unausgebildete Fahrer setzten sich in leistungsfähige amerikanische und europäische Rennwagen und rasten über einen mörderischen Zwanzigkilometer-Kurs. Raeder wurde von Angst geschüttelt, als er sich in seinen großen Maserati klemmte, den falschen Gang einlegte und davonbrauste.

Das Rennen war ein heulender, reifenversengender Alptraum. Raeder blieb zurück und ließ die an die Spitze vorgerückten Fahrer ihre Wagen in den Haarnadelkurven zertrümmern. Er kroch auf den dritten Platz vor, als ein Jaguar vor ihm einen Alfa-Romeo streifte und die beiden Wagen sich auf einem Acker überschlugen. Raeder versuchte auf den letzten fünf Kilometern Platz Zwei zu erreichen, fand aber keinen Raum zum Überholen. Dann brach beim führenden Wagen auf den letzten hundert Metern die Kurbelwelle, und Jim wurde Zweiter.

Er hatte tausend Dollar gewonnen. Er bekam vier Verehrerbriefe; eine Dame aus Oshkosh schickte ihm eine Rennbrille. Man lud ihn ein, in >Ernstfall< zu erscheinen.

Im Gegensatz zu anderen Sendungen war >Ernstfall< keine Reihe mit Wettbewerbscharakter. Man legte hier besonders Wert auf persönliche Initiative. Für seinen Auftritt wurde Raeder mit einem gefahrlosen Mittel bewußtlos gemacht. Er erwachte in der Pilotenkanzel eines Sportflugzeugs, das, auf automatische Steuerung eingestellt, in einer Höhe von dreitausend Metern kreiste. Die Treibstoffuhr zeigte an, daß die Benzintanks fast leer waren. Er besaß keinen Fallschirm. Er sollte das Flugzeug landen.

Selbstverständlich hatte er noch nie eine Maschine geflogen.

Er experimentierte behutsam mit der Steuerung, nachdem ihm eingefallen war, daß der Kandidat der letzten Sendung in einem U-Boot zu sich gekommen war, das falsche Ventil geöffnet hatte und ertrunken war.

Tausende von Zuschauern beobachteten atemlos diesen Durchschnittsmenschen, einen Mann aus ihrer Mitte, der mit diesem Problem rang, wie sie es tun würden. Jim Raeder, das waren sie selbst. Alles, was er fertigbrachte, konnten sie auch. Er war der Repräsentant des Volkes.

Raeder schaffte es, das Flugzeug in einer Art Landung zu Boden zu bringen. Die Maschine überschlug sich ein paarmal, aber die Sitzgurte hielten. Und der Motor explodierte entgegen aller Erwartung nicht.

Er taumelte mit zwei gebrochenen Rippen, dreitausend Dollar und der Chance, nach Gesundung in >Torero< aufzutreten, ins Freie.

Endlich eine erstklassige Sendung! >Torero< brachte zehntausend Dollar. Man brauchte nur einen schwarzen Miurastier mit dem Degen zu töten, wie ein echter Matador.

Der Kampf fand in Madrid statt, da Stierkämpfe in den Vereinigten Staaten immer noch nicht zugelassen waren. Sämtliche Fernsehsender übertrugen ihn.

Raeder hatte eine gute Mannschaft. Die Männer mochten den großen, schwerfälligen Amerikaner. Die Pikadores strengten sich bei ihren Lanzenstößen wirklich an, sie versuchten, den Stier für Raeder langsamer zu machen. Die Banderillos bemühten sich, das Tier zu ermüden, bevor sie die Banderillas hineintrieben. Und der zweite Matador, ein traurig wirkender Mann aus Algeciras, brach mit seiner raffinierten Cape-Arbeit dem Stier beinahe das Genick.

Aber schließlich stand doch Jim Raeder im Sand, eine rote Muleta ungeschickt in der Linken, einen Degen in der Rechten, vor sich einen tonnenschweren, schwarzen, blutüberströmten, breitgehörnten Stier.

Jemand schrie: »Such die Lunge, hombre. Sei kein Held, stich ihm in die Lunge!« Aber Jim wußte nur, was ihm der technische Berater in New York erzählt hatte: mit dem Degen zielen und zwischen den Hörnern den Nacken treffen.

Er stach zu. Der Degen glitt am Knochen ab, und der Stier warf Raeder über seinen Rücken durch die Luft. Jim stand auf, wie durch ein Wunder unverletzt, nahm einen anderen Degen und stach wieder zu, mit geschlossenen Augen. Der Schutzengel der Kinder und Narren mußte aufgepaßt haben, denn der Degen glitt wie durch Butter hinein, der Stier machte ein erstauntes Gesicht, starrte Raeder ungläubig an und brach wie ein angestochener Ballon zusammen.

Man bezahlte Jim zehntausend Dollar, und sein gebrochenes Schlüsselbein heilte sehr schnell. Er bekam dreiundzwanzig Verehrerbriefe, darunter die leidenschaftliche Einladung eines Mädchens aus Atlantic City, die er ignorierte. Und man fragte ihn, ob er bei anderen Sendungen auftreten wolle.

Er hatte ein wenig von seiner Unschuld verloren. Er sah jetzt deutlich, daß er für ein Taschengeld sein Leben riskiert hatte. Das große Geld wartete. Jetzt wollte er einmal für einen lohnenden Einsatz alles riskieren.

Er trat also in >Gefahren unter Wasser< auf, eine von einer Seifenfirma unterstützte Sendung. Mit Sauerstoffmaske, Atemgerät, bleibeschwertem Gürtel, Flossen und Messer tauchte er ins warme Wasser der Karibischen See, gemeinsam mit vier anderen Kandidaten, gefolgt von einem durch einen Käfig geschützten Kamerateam. Man mußte einen am Grund verborgenen Schatz finden und bergen.

Tauchsport ist an sich nicht übermäßig gefährlich. Die zahlende Firma hatte sich jedoch ein paar hübsche Dinge ausgedacht. Das Gebiet wurde mit Riesenmuscheln, Muränenaalen, verschiedenen Haiarten, Riesenpolypen, Giftkorallen und anderen unheimlichen Wesen der Meere gespickt.

Der Wettbewerb war ungeheuer aufregend. Ein Mann aus Florida fand den Schatz in einem Felsspalt, aber ein Muränenaal fand den Mann. Ein anderer Taucher übernahm den Schatz, und ein Hai erledigte ihn. Das blaugrün schimmernde Wasser bewölkte sich mit Blut, das im Farbfernsehen besonders gut herauskam. Der Schatz sank auf den Meeresgrund, und Raeder tauchte ihm nach, wobei ihm ein Trommelfell platzte. Er packte die Beute, streifte seinen Bleigürtel ab und schwamm nach oben. Zehn Meter unter der Oberfläche mußte er mit einem anderen um den Schatz kämpfen.

Die beiden Männer fintierten mit ihren Messern. Der Gegner stieß zu und traf Raeder an der Brust. Aber Jim ließ mit der Sicherheit eines altgedienten Kandidaten sein Messer fallen und riß dem Mann den Sauerstoffschlauch aus dem Mund.

Das genügte. Raeder tauchte auf und reichte den Schatz in das wartende Motorboot. Er entpuppte sich als eine Packung Seife.

Dieser Erfolg brachte ihm zweiundzwanzigtausend Dollar in Bargeld und Prämien, dreihundertacht Verehrerbriefe und einen interessanten Vorschlag eines Mädchens in Macon, den er sich ernstlich überlegte. Für den Messerstich und das geplatzte Trommelfell erhielt er kostenlose Krankenhausbehandlung.

Aber was das wichtigste war: man lud ihn ein, in der größten Sensationsschau aufzutreten, in >Der Tod spielt mit<.

Und damit begannen die Schwierigkeiten.

Der U-Bahn-Zug kam zum Stehen und riß ihn aus seiner Versunkenheit. Raeder schob den Hut ins Genick und bemerkte gegenüber einen Mann, der ihn anstarrte und dann seiner dicklichen Nachbarin etwas zuflüsterte. Hatten sie ihn erkannt?

Als sich die Türen öffneten, erhob er sich sofort und warf einen Blick auf die Uhr. Fünf Stunden mußte er noch aushalten.

Am Manhasset-Bahnhof stieg er in ein Taxi und wies den Fahrer an, ihn nach New Salem zu bringen.

»New Salem?« fragte der Chauffeur und starrte ihn durch den Innenspiegel an.

»Richtig.«

Der Fahrer schaltete sein Funkgerät ein. »Passagier nach New York. Ja, richtig. New Salem.«

Sie fuhren los. Raeder runzelte die Stirn und fragte sich, ob das ein Signal gewesen war. Selbstverständlich war es bei Taxifahrern üblich, sich in der Zentrale abzumelden. Aber irgend etwas in der Stimme dieses Mannes.

»Lassen Sie mich hier 'raus«, sagte Raeder.

Er zahlte und ging die schmale Landstraße hinunter, die sich durch lichten Wald schlängelte. Die Bäume waren zu klein und standen zu weit auseinander, um als Versteck dienen zu können. Raeder wanderte weiter und suchte nach einem Unterschlupf.