Perceveral fand die beiden Ersatzstrahler und lief hinaus. Als er sich wieder am Kampf beteiligen wollte, stellte er fest, daß der Strahler seines Roboters nicht mehr funktionierte. Der Roboter stand aufrecht und wehrte die Raubvögel mit den Armen ab. Öltropfen spritzten aus seinen Gelenken, während er seine Arme wie Windmühlenflügel bewegte. Er schwankte, drohte das Gleichgewicht zu verlieren, und Perceveral sah, daß einige Vögel seinen Schlägen ausgewichen waren, auf seinen Schultern hockten und nach seinen Augenzellen und der kinästhetischen Antenne hackten.
Perceveral riß beide Strahler hoch und feuerte in den Schwarm. Die eine Waffe versagte sofort. Er schoß mit der anderen weiter und hoffte verzweifelt, daß die Ladung ausreichen würde.
Der Schwarm schien von seinen erheblichen Verlusten nun doch betroffen zu sein, denn er stieg hoch und entschwand unter gräßlichem Kreischen. Wie durch ein Wunder unverletzt, standen Perceveral und der Roboter knietief in zerfetztem Gefieder und verkohlten Vogelleibern.
Perceveral starrte die vier Strahler an, von denen ihn drei im Stich gelassen hatten. Dann marschierte er zornig zum Funkzelt.
Er setzte sich mit Haskell in Verbindung und berichtete ihm von dem Angriff der Raubvögel und vom Versagen der Waffen. Voll Entrüstung brandmarkte er die Männer, deren Aufgabe es war, die Ausrüstung eines Raumfahrers zu überprüfen. Als ihm die Luft auszugehen drohte, wartete er darauf, daß sich Haskell entschuldigte und zu einer Erklärung ansetzte.
»Das war eines der Kontrollelemente«, erwiderte Haskell.
»W-as?«
»Ich habe es Ihnen vor Monaten erklärt«, sagte Haskell. »Wir testen die minimalsten Überlebensbedingungen. Minimal, erinnern Sie sich? Wir müssen herausfinden, was aus einer Kolonie wird, die aus Leuten unterschiedlicher Tüchtigkeit besteht. Deshalb suchen wir den kleinsten gemeinsamen Nenner.«
»Das weiß ich alles. Aber die Strahler -«
»Mr. Perceveral, die Errichtung einer Kolonie selbst in bescheidenstem Rahmen verschlingt phantastische Summen. Wir rüsten unsere Kolonisten mit den besten und neuesten Waffen und sonstigen Geräten aus, aber wir können defekte oder verbrauchte Gegenstände nicht ersetzen. Die Kolonisten müssen unersetzbare Munition verwenden, Ausrüstungsgegenstände, die zu Bruch gehen oder dem Verschleiß unterliegen, Nahrungsmittelvorräte, die sich erschöpfen oder verderben -«
»Und das haben Sie mir mitgegeben?« fragte Perceveral.
»Selbstverständlich. Zur Kontrolle haben wir Sie mit dem Minimum an Ausstattung fürs Überleben versehen. Nur auf diese Weise vermögen wir vorauszusagen, wie die Kolonisten sich auf Theta durchsetzen werden.«
»Aber das ist unfair! Als Forscher braucht man die beste Ausrüstung, die es überhaupt gibt!«
»Nein«, sagte Haskell. »Bei den Optimalforschern traf das früher zu, gewiß. Aber wir prüfen doch die minimalsten Möglichkeiten, und das muß sich sowohl auf die Ausrüstung als auch auf die Persönlichkeit beziehen. Ich habe Sie nicht im unklaren gelassen, daß es Risiken gibt.«
»Das stimmt«, erwiderte Perceveral. »Aber. schon gut. Haben Sie vielleicht noch ein paar so hübsche Neuigkeiten für mich?«
»Eigentlich nicht«, meinte Haskell nach einer kurzen Pause. »Sowohl Sie als auch Ihre Ausrüstung sind von minimaler Überlebensqualität. Damit ist so ungefähr alles gesagt.«
Perceveral kam diese Antwort etwas ausweichend vor, aber Haskell lehnte es ab, weitere Erläuterungen zu geben. Sie verabschiedeten sich voneinander, und Perceveral kümmerte sich wieder um sein Lager.
Um künftig vor Angriffen durch die Raubvögel geschützt zu sein, verlegten Perceveral und der Roboter das Lager in den schützenden Wald. Beim Neuaufbau stellte Perceveral fest, daß genau die Hälfte seiner Seile an zahlreichen Stellen durchgescheuert war, daß die Sicherungen durchzubrennen begannen und die Zeltleinwand vermoderte. Mühsam reparierte er alles, nicht ohne sich die Fingerknöchel aufzuschürfen und die Handflächen aufzureißen. Dann versagte sein Generator.
Er zerbrach sich drei Tage lang den Kopf und versuchte die Störung an Hand der schlecht gedruckten, in deutscher Sprache verfaßten Bedienungsanleitung zu ermitteln, die man beigefügt hatte. Der ganze Generator schien falsch zusammengesetzt zu sein, nichts funktionierte. Endlich entdeckte er durch Zufall, daß die Anleitung für ein völlig anderes Modell galt. Er verlor die Beherrschung und versetzte dem Generator einen Tritt, wobei er sich beinahe die kleine Zehe am rechten Fuß gebrochen hätte.
Dann nahm er sich zusammen und arbeitete fieberhaft weitere vier Tage, in denen er die Unterschiede zwischen seinem Dynamo und dem in der Anleitung beschriebenen Modell herausfand und den Generator wieder zum Laufen brachte.
Die Raubvögel entdeckten, daß sie zwischen den Bäumen auf Perceverals Lager hinabstoßen, Nahrungsmittel rauben und davonschießen konnten, bevor ein Strahler auf sie gerichtet wurde. Ihre Attacken kosteten Perceveral eine Brille und eine häßliche Wunde im Nacken. In langer Arbeit flocht er Netze und befestigte sie mit Hilfe des Roboters in den Ästen über dem Lager.
Die Raubvögel waren verwirrt. Perceveral hatte endlich Zeit, seine Nahrungsmittelvorräte zu überprüfen und dabei die Entdeckung zu machen, daß ein großer Teil der Trockennahrung schlecht aufbereitet war, während andere Vorräte zu schimmeln begannen. In beiden Fällen waren die Nahrungsmittel nicht mehr eßbar. Wenn er nicht bald zu Taten schritt, würde ihm während des Winters auf Theta die Nahrung ausgehen.
Er testete vorsichtig die hier wachsenden Früchte, Kornsorten, Beeren und Gemüse. Verschiedene Arten erwiesen sich als ungefährlich und nahrhaft. Er aß davon und entwickelte einen allergischen Hautausschlag von beträchtlichem Umfang. Gewissenhafte Beschäftigung mit seiner Medizinausrüstung führte zu einer Heilung, und anschließend begann er mit einer Testreihe, um das schuldige Gewächs zu entdecken. Aber gerade als er die Resultate überprüfen wollte, stampfte der Roboter herein, warf Reagenzgläser um und verschüttete unersetzliche Chemikalien.
Perceveral mußte die Allergietests am eigenen Leib weiterführen und eine Beerenart sowie zwei Gemüsesorten als für seinen Verzehr untragbar ausschließen.
Aber die Früchte schmeckten ausgezeichnet, und aus dem Getreide ließ sich ordentliches Brot backen. Perceveral sammelte Samen und befahl dem Roboter im Frühling, das Land zu pflügen und die Aussaat vorzunehmen.
Der Roboter arbeitete unermüdlich auf den neuangelegten Feldern, während Perceveral Streifzüge unternahm. Er fand glattgeschliffene Felsbrocken, die mit Zeichen bekritzelt waren, von denen einige wie Zahlen aussahen, ja sogar mit Bildern von Bäumen, Wolken und Bergen. Auf Theta mußten mit Intelligenz begabte Wesen gelebt haben. Wahrscheinlich bewohnten sie immer noch Gebiete des Planeten. Aber er hatte keine Zeit, nach ihnen zu forschen.
Als Perceveral seine Felder besuchte, stellte er fest, daß der Roboter die Samen trotz genauer Anweisungen viel zu tief eingesetzt hatte. Die ganze Aussaat war verloren, und Perceveral machte sich selbst an die Arbeit.
Er baute eine Holzhütte und ersetzte die vermodernden Zelte durch Vorratsschuppen. Langsam begann er Vorbereitungen für das Leben im Winter zu treffen. Und mit der Zeit verstärkte sich auch die Gewißheit, daß sein Roboter zu versagen begann.
Die große, schwarze Allzweckmaschine erledigte nach wie vor alle Aufträge, aber die Bewegungen des Roboters wurden immer ruckhafter, und er setzte seine Kräfte ganz wahllos ein. Schwere Krüge zersplitterten unter seinem Griff, landwirtschaftliche Geräte zerbrachen, wenn er sie benutzte. Perceveral programmierte ihn für Unkrautbeseitigung auf den Feldern, aber die breiten Füße des Roboters zertrampelten die jungen Schößlinge, während seine Finger das Unkraut ausrupften. Wenn der Roboter Holz zerkleinerte, gelang es ihm regelmäßig, den Beilgriff auseinanderzubrechen. Die Hütte wankte, sobald der Roboter sie betrat; manchmal fiel sogar die Tür aus den Scharnieren.