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»Ich muß ihn finden«, sagte Crompton.

Harris hob die Schultern. »Es ist sehr weit bis zum RainmakerFluß. Ich kann Ihnen Packesel und Vorräte verkaufen, außerdem leihe ich Ihnen einen Eingeborenen als Führer. Sie kommen durch befriedetes Gebiet, also müßten Sie es schaffen. Jedenfalls glaube ich, daß dort keine Kämpfe mehr ausgebrochen sind.«

In dieser Nacht bestürmte Loomis Crompton, die Suche aufzugeben. Stack sei offensichtlich ein Mörder und Dieb. Was könne es nützen, ihn aufzunehmen?

Crompton meinte, so einfach sei die Sache nicht. Erstens könnten die Geschichten übertrieben sein. Aber selbst wenn sie der Wahrheit entsprachen, bedeute das nur, daß Stack eben ein Stereotyp sei, eine unzulängliche, monolithische Persönlichkeit wie Loomis und Crompton. Bei einer Verschmelzung würde auch mit Stack eine Veränderung eintreten. Er könnte das erforderliche Maß an Aggressivität, die Zähigkeit und Überlebenskraft liefern, woran es Loomis und Crompton mangelte.

Loomis ließ sich nicht überzeugen, aber er erklärte sich bereit, abzuwarten, bis sie ihrem fehlenden Dritten tatsächlich gegenüberstanden.

Am nächsten Morgen kaufte Crompton Esel und Ausrüstung zu wahnsinnigen Preisen, und am folgenden Tag machte er sich im Morgengrauen auf den Weg, geführt von einem jungen Chipetzi, dem man den Namen Rekki gegeben hatte.

Crompton folgte dem Führer durch eine unberührte Waldgegend in das Thompsongebirge, hinauf über schmale Grate, über wolkenbedeckte Gipfel zu engen Pässen, wo der Wind mit schrillem Geheul an den Felswänden entlangraste; dann hinunter in den dichten, dampfenden Dschungel auf der anderen Seite des Gebirges. Loomis, entsetzt über die Strapazen des Marsches, zog sich in einen Winkel zurück und tauchte nur an den Abenden auf, wenn das Lagerfeuer flackerte und die Hängematte angebracht war. Crompton stolperte mit zusammengebissenen Zähnen und blutunterlaufenen Augen durch die glutheißen Tage, allein die Strapazen auf sich nehmend, wobei er sich von Zeit zu Zeit fragte, wie lange wohl seine Kräfte ausreichen würden.

Am achtzehnten Tag erreichten sie einen seichten, schmutzigen Fluß. Dies sei der Rainmaker-Fluß, erklärte Rekki. Ein paar Kilometer weiter fanden sie das Lager der Vigilanten.

Der Kommandeur, Colonel Prentiss, war ein hochgewachsener, hagerer Mann mit grauen Augen, dem man ansah, daß er erst vor kurzem einen schweren Fieberanfall überstanden hatte. Er konnte sich gut an Stack erinnern.

»Ja, er ist eine Weile bei uns gewesen. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn nehmen sollte. Erstens sein Ruf, und dann als Einhänder... Aber er hatte sich beigebracht, mit der Linken besser zu schießen, als es die meisten mit der Rechten können. Über dem Stumpf trug er eine Bronzemanschette. Er hatte sie selbst so angefertigt, daß sich eine Machete hineinstecken ließ. An Mut fehlte es ihm nicht, das kann ich Ihnen sagen. Er war beinahe zwei Jahre bei uns. Dann stieß ich ihn aus.«

»Warum?« fragte Crompton.

Der Kommandeur seufzte unglücklich. »Entgegen der allgemeinen Ansicht sind wir Vigilanten keine Armee von Freibeutern und Eroberern. Wir sind nicht hier, um die Eingeborenen zu dezimieren und auszurotten. Wir sind nicht dafür da, auf den geringsten Vorwand hin ganze Landstriche zu annektieren. Wir sind hier, um die Einhaltung von Verträgen durchzusetzen, die zwischen Ais und Pflanzern geschlossen wurden, um Überfälle von Seiten der Ais und unserer eigenen Leute zu verhindern und ganz allgemein für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Es fiel Stack schwer, das zu begreifen.«

Cromptons Gesichtsausdruck schien sich verändert zu haben, denn der Kommandeur nickte mitfühlend.

»Sie wissen, wie er ist, wie? Dann können Sie sich vorstellen, was hier vorging. Ich wollte ihn nicht verlieren. Er war ein zäher und fähiger Soldat, kannte sich im Wald und im Gebirge aus, war zu Hause im Dschungel. Die Grenztruppe hat ein großes Gebiet zu überwachen, und wir brauchen jeden Mann, den wir bekommen können. Stack war wertvoll für uns. Ich wies die Unteroffiziere an, ein Auge auf ihn zu haben und keine Brutalitäten gegen die Eingeborenen zuzulassen. Eine Weile ging es gut. Stack gab sich sehr viel Mühe. Man konnte ihm nichts nachsagen. Dann kam der Vorfall beim Shadow Peak, von dem Sie sicher schon gehört haben.«

»Leider nicht«, bemerkte Crompton.

»Tatsächlich? Ich nahm an, daß er überall bekannt ist. Nun, die Situation war folgende: Stacks Patrouille hatte nahezu hundert Ais eines geächteten Stammes aufgebracht, mit dem wir ständig Schwierigkeiten hatten. Man brachte sie zur Reservation am Shadow Peak. Unterwegs gab es Ärger, eine kleine Rauferei. Einer der Ais hatte ein Messer und brachte Stack am rechten Handgelenk eine Schnittwunde bei.

Vermutlich hatte ihn der Verlust der einen Hand besonders empfindlich gemacht. Die Wunde war ganz harmlos, aber Stack verlor die Beherrschung. Er schoß den Eingeborenen mit einer Maschinenpistole nieder und begann dann die anderen niederzumähen. Ein Leutnant mußte ihn bewußtlos schlagen, um das Schlimmste zu verhüten. Der Schaden für die Beziehungen zwischen Ais und Menschen läßt sich nicht absehen. Ich konnte mir einen solchen Mann in meiner Truppe nicht leisten. Er braucht einen Psychiater. Ich entließ ihn.«

»Wo ist er jetzt?« fragte Crompton.

»Warum interessieren Sie sich so für diesen Mann?« erkundigte sich der Colonel rundheraus.

»Er ist mein Halbbruder.«

»Aha. Nun, ich habe gehört, daß Stack nach Port Harleem gegangen sei und eine Weile im Hafen gearbeitet habe. Er tat sich mit einem Mann namens Barton Finch zusammen. Beide wurden wegen Trunkenheit und ungebührlichem Benehmen eingesperrt und wieder entlassen. Sie zogen in die Grenzgebiete. Finch und er besitzen jetzt einen kleinen Laden in der Nähe von Blood Delta.«

Crompton rieb sich müde die Stirn und sagte: »Wie komme ich dorthin?«

»Mit dem Kanu«, erwiderte der Kommandeur. »Man fährt den Rainmaker-Fluß hinunter, bis er sich teilt. Der Fluß linker Hand ist der Blood River, man kann ihn bis Blood Delta befahren. Aber ich möchte Ihnen nicht raten, die Fahrt zu unternehmen.

Erstens ist sie sehr gefährlich. Zweitens wäre sie nutzlos. Sie können nichts für Stack tun. Er muß einfach töten. In einem Grenzort, wo er nicht viel Schaden anrichten kann, ist er am besten aufgehoben.«

»Ich muß zu ihm«, sagte Crompton. Seine Kehle war plötzlich ganz trocken geworden.

»Es gibt keine Vorschrift, die das verbietet«, meinte der Colonel resigniert.

Crompton mußte feststellen, daß Blood Delta die am weitesten vorgeschobene Bastion der Menschen auf der Venus war. Es lag mitten im Gebiet feindseliger Grel und Tengtzi-Ais, mit denen unsicherer Friede bestand, während man den ständigen Guerillakrieg ignorierte. Im Deltaland galt es große Schätze zu heben. Die Eingeborenen brachten faustgroße Diamanten und Rubine, Säcke voll erlesenster Gewürze, und gelegentlich eine Flöte oder eine Schnitzerei aus der untergegangenen Stadt Alteirne. Sie tauschten diese Waren gegen Waffen und Munition, die sie mit Begeisterung gegen Siedler und untereinander einsetzten. Im Delta gab es Reichtum und plötzlichen Tod, aber auch langsamen, schmerzvollen, hinausgezögerten Tod. Der Blood River, der sich langsam durch das Deltagebiet schlängelte, bot seine eigenen Gefahren.

Crompton verschloß sich allen vernünftigen Überlegungen. Stack, drittes Ich, war nicht mehr fern. Das Ende der Suche ließ sich absehen. Crompton war entschlossen, jetzt nicht aufzugeben. Er kaufte also ein Kanu und warb vier Eingeborene als Ruderer an, erstand Vorräte, Gewehre und Munition und bereitete den Aufbruch für den nächsten Morgen vor.

Aber in der Nacht davor rebellierte Loomis.

Sie befanden sich in einem kleinen Zelt, das der Kommandeur für Crompton hatte aufstellen lassen. Crompton stopfte beim Schein einer rauchenden Kerosinlampe Patronen in einen Gürtel.