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Alles sah zum oberen Ende des Tisches.

Morgan lächelte. »Ich hatte schon darauf gewartet, wann diese Frage kommen würde.«

Die Männer am Tisch setzten sich gerade hin, als ihnen klar wurde, was Morgans Bemerkung bedeutete.

Rousseau hauchte seine Brillengläser an, putzte sie mit dem Ärmel und setzte die Brille wieder auf.

»Was ist denn so der übliche Verdienst bei einem Guineentransport?«, fragte Masson. Er wollte die Frage so nonchalant wie möglich klingen lassen, was ihm aber gründlich missglückte.

Morgan sah Pepper an, aber das Gesicht seines Leutnants blieb so nichtssagend wie immer. Morgan sah Masson an. »Zehn Prozent.«

»Wenn das so ist«, sagte Rousseau, »wollen wir nicht unverschämt sein. Warum sagen wir nicht fünfzehn Prozent vom Reinerlös?«

»Es ist alles Reinerlös«, sagte Masson, »überleg doch mal.«

»Das klingt gut«, sagte Le Jeune und sah Morgan spekulierend an.

Hawkwood versuchte, es im Kopf auszurechnen. Fünfzehn Prozent von zwölf Millionen Francs - oder eher vierzehn, wenn Morgan seinen gewöhnlich sehr günstigen Umtauschkurs durchsetzte - waren ein Vermögen, egal, ob in Francs oder Sterling.

Morgan starrte Pepper an. Wieder sagte Pepper nichts, aber diesmal tauschten die beiden einen Blick, den beide verstanden.

Morgan nickte langsam. »In Ordnung; also fünfzehn.«

Ein breites Grinsen erschien auf allen Gesichtern.

»Also, meine Herren, dann wären wir uns ja einig. Und nun, kann ich auf Sie zählen?«

Hawkwood sah in die Runde. Unter den Männern war nicht einer, der nicht aussah wie eine Katze, der man einen Teller Sahne vorgesetzt hatte, bis auf Pepper natürlich. Gab es nichts, was Bewegung in dieses graubärtige Gesicht bringen konnte?

Le Jeune war der Erste, der antwortete. Er nickte lachend. »Mein Gott, ich bin dabei!«

»Ich auch!«, sagte Bonnefoux eifrig. »Wenn ich mich damit an den Mistkerlen rächen kann!«

Morgans Blick wanderte durch den Raum. »Was ist mit den anderen von Ihnen?«

»Verdammt, Sie haben Recht, wir machen auch mit!« Masson schlug Souville auf die Schulter. »Das lassen wir uns nicht entgehen, was, Jungs?«

Hawkwood überlegte, warum Morgan sich die Mühe machte, überhaupt zu fragen, denn die Gier auf den Gesichtern der Männer hätte eigentlich genügen müssen, um zu wissen, dass er sie völlig in der Hand hatte. Jeglicher Ärger über die Verzögerung der Heimreise war in dem Augenblick vergessen gewesen, als die Goldmünzen über den Tisch gerollt waren. Hawkwood sah Lasseur an. Der Privateer hob fragend eine Augenbraue.

»Captain Lasseur«, sagte Morgan liebenswürdig, »wir haben noch nichts von Ihnen gehört.«

Lasseur brach den Blickkontakt mit Hawkwood ab und wandte sich ihm zu. »Sie haben Ihre Pläne gut dargelegt, mein Freund. Ich bin fast überzeugt.« Der Privateer lächelte. Es war das erste Mal, seit sie die Witwe verlassen hatten, dass er einen Funken Humor zeigte. »Aber für eine Kommission von zwanzig Prozent wären auch meine letzten Zweifel ausgeräumt.«

Pepper drehte ruckartig den Kopf.

Morgan starrte Lasseur an. Sein Gesicht war undurchdringlich.

Die Welt drehte sich langsamer.

Dann nickte Morgan. »Einverstanden.« Er wandte sich an Hawkwood. »Sieht aus, als seien Sie der Einzige, der noch übrig ist, Captain Hooper. Sind Sie dabei oder nicht?«

Das ist doch vollkommen irrsinnig, dachte Hawkwood. Dies ging weiter als alles, was Ludd oder James Read sich je hätten vorstellen können. Er sah Lasseur an. Der Privateer kniff ein Auge zu.

Oh Gott, dachte Hawkwood.

In seinem Kopf drehte es sich, als er Morgan ansah und grinste.

»Das kann ich mir nicht entgehen lassen. Ich bin auch dabei.«

17

Hawkwood und Lasseur standen im Kreuzgang.

Morgan und Pepper hatten das Refektorium verlassen, in dem es vor Aufregung summte. Alle Niedergeschlagenheit über die Verzögerung der Heimreise hatte sich verflüchtigt wie der Morgennebel. Jetzt wartete jeder nur noch auf die letzten Einzelheiten über Morgans Pläne, die dieser bald bekanntgeben wollte.

Hawkwood hatte versucht, sich den Anblick von £ 500.000 auf einmal vorzustellen, aber es war ihm nicht gelungen. Der Gedanke an vier Tonnen Gold auf einem Pferdewagen - von dem das meiste in Barren sein würde, wie Morgan angekündigt hatte - überstieg aber sein Vorstellungsvermögen. In seinem Kopf ging es drunter und drüber beim Gedanken an diese enorme Summe. Er musste in Ruhe nachdenken. Nachdem er eine angemessene Zeit lang zugehört hatte, wie die anderen ihre Zukunft planten - wobei es sich hauptsächlich um Landsitze, gute Weine und für die Unverheirateten, aber auch für zwei der Verheirateten, um einen ständigen Nachschub an zärtlichen Frauen handelte -, hatte er das Refektorium verlassen und war an die frische Luft gegangen.

Als er Schritte hinter sich hörte, fluchte er leise.

»Du musst zugeben«, flüsterte Lasseur, »es ist ein teuflisch verlockendes Angebot.«

»Es wird seinen Preis haben«, sagte Hawkwood.

»Zweifellos. Allerdings habe ich festgestellt, dass es dich auch nicht abgehalten hat, auf das Vorhaben unseres Gastgebers einzugehen«, stellte Lasseur spöttisch fest. Er klopfte sich auf die Taschen, als suchte er seine letzte Zigarre.

»Vier Tonnen Gold sind eine starke Motivation«, sagte Hawkwood.

»Denkst du, dass es möglich ist?«, fragte Lasseur. Seine Hände hatten aufgehört zu suchen.

»Alles ist möglich«, sagte Hawkwood, dann dachte er: Na ja, vielleicht doch nicht alles, denn jetzt war es seine erste Aufgabe, die Behörden zu informieren und bisher hatte er nicht einen vernünftigen Einfall, wie er das bewerkstelligen sollte. Und bis dahin, sagte er sich, war die Chance, Morgans verrückten Plan zu vereiteln, größer, wenn er im Lager blieb und nach draußen pinkelte, als von draußen ins Lager hineinzupinkeln.

»Unser Gastgeber scheint alle möglichen Hindernisse bedacht zu haben.«

»Das denkt er.«

»Findest du seine Strategie nicht richtig?«

»Bei ein paar Einzelheiten war er nicht sehr ausführlich. Ich weiß noch nicht genug darüber, um es beurteilen zu können.«

Lasseur sah skeptisch aus.

»Ich wäge es nur ab«, sagte Hawkwood. »Sobald du anfängst, einen Plan in die Tat umzusetzen, was ist dann gewöhnlich das Erste, was schiefgeht?«

Lasseur dachte nach. Dann musste er lachen. »Der Rest. Na und?«

Hawkwood nickte. »Und? Erinnerst du dich daran, was Tom Gadd uns gesagt hatte? Wenn wir je Morgans Hand schütteln sollten, dürften wir hinterher nicht vergessen, unsere Finger nachzuzählen.«

»In anderen Worten, wir müssen auf der Hut sein.«

»Und wie«, sagte Hawkwood.

»Die anderen scheinen sich aber diese Sorgen nicht zu machen«, gab Lasseur zu bedenken.

»Die haben auch Tom Gadds Einschätzung nicht gehört, und auch nichts von den Erfahrungen, die Jess Flynn mit Morgan gemacht hat. Die sehen nur das Gold am Ende des Regenbogens und den Dank des Kaisers.«

»Man könnte denken, das sei genug«, sagte Lasseur.

»Ich nicht«, erwiderte Hawkwood. »Aber wie du selbst einmal ganz richtig festgestellt hast - ich bin ein misstrauischer Hund. Ich bin schon zu lange dabei um nicht zu wissen, dass man nichts umsonst bekommt.«

Morgans Warnung, auf dem Grundstück zu bleiben, sowie die Anwesenheit der Wachen hatten plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekommen. Jetzt wo Morgan seinen großartigen Plan offengelegt hatte, war es ganz klar, dass diese Vorsichtsmaßnahmen nicht nur ungebetene Besucher fernhalten, sondern auch dafür sorgen sollten, dass keine Information nach draußen getragen wurde. Hawkwood wurde klar, dass sie lediglich ein Gefängnis mit einem anderen vertauscht hatten. Zugegeben, Denard hatte Recht, dass es hier wesentlich angenehmer war, aber es war dennoch eine Art Gefangenschaft. Eine Gefangenschaft, aus der Hawkwood dringend einen Weg nach draußen finden musste.