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Jilks sprang auf. Die Frau stieß einen Schrei aus. Sie starrten auf die Leiche, das Entsetzen auf ihren Gesichtern war gleichermaßen eine Reaktion auf die plötzliche Wende im Geschehen wie auf die Gewalttätigkeit, deren Zeuge sie geworden waren.

»Warum?«, fragte Jilks heiser.

»Er durfte nicht am Leben bleiben. Ich muss an Morgan zurückberichten.«

»Was werden Sie Morgan sagen?«

»Dass Sie Widerstand geleistet haben und geflüchtet sind.«

Ungläubig starrte die Frau ihn an.

»Es ist das Beste, was mir einfällt«, sagte Hawkwood. »Warten Sie, bis wir weg sind, dann reiten Sie los. Nehmen Sie nicht zu viel mit, dann kommen Sie schneller voran.« Er wandte sich an die Frau. »Und Sie verziehen sich am besten auch. Und vergessen Sie das hier möglichst schnell, falls Sie wissen, was gut für Sie ist.«

Hawkwood steckte die leere Pistole wieder in McTurks Gürtel. »Schnell, helfen Sie mir, ihn hochzuheben.«

Jilks zögerte, dann kam er zu Hilfe. Hawkwood schob seinen Arm unter McTurks Achsel und zusammen hoben sie die Leiche hoch, so dass es aussah, als stütze Hawkwood sie nach einem schweren Zechgelage.

»Nehmen Sie eine Pistole.« Hawkwood machte eine Kopfbewegung zum Schrank. »Wenn ich sage schießen, dann schießen Sie.«

Jilks tat, was Hawkwood verlangt hatte. »Und worauf soll ich schießen?«

»Solange es nicht auf mich ist, ist es mir egal«, sagte Hawkwood. »Fertig?«

Jilks nickte.

»Jetzt.«

Jilks zielte auf die Feuerstelle und drückte ab. Der Schuss riss ihm die Hände hoch.

Die Frau zuckte zusammen.

Hawkwood zielte mit seiner letzten geladenen Pistole aufs Fenster und schoss. Ein gezacktes Loch erschien in der Scheibe, aber sie zersplitterte nicht.

»Warten Sie nicht mehr zu lange«, sagte Hawkwood. Er steckte die Pistole in seinen Gürtel, lud sich den toten Mann auf die Schulter und schleppte ihn zur Tür hinaus. Als Croker, der mit Lasseur im Dickicht wartete, den ersten Schuss hörte, grinste er. »Jetzt ist der Bastard erledigt!«

Lasseur antwortete nicht. Er fühlte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. Als der zweite Schuss fiel, scheuten die Pferde. Croker drehte sich zum Cottage um. Im Mondschein sah man den besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht. Beim dritten Schuss, der gleich danach kam, brach er in wildes Fluchen aus und zog seine Pistole aus dem Gürtel. Seine Augen versuchten vergeblich, die Dunkelheit zu durchdringen. »Da ist was passiert.«

Der Hund bellte wieder, aber das war das einzige Lebenszeichen, das aus dem Dorf kam, was darauf schließen ließ, dass die anderen Dorfbewohner weder den Mut noch den Wunsch hatten, die Ursache der Ruhestörung zu untersuchen.

Lasseur sah ebenfalls zum Haus hinüber. Durch die zugezogene Gardine sah man noch immer ein schwaches Licht, aber im Lichtschein, der aus der offenen Tür fiel, sah man jetzt zwei eng aneinandergedrängte Gestalten herausstolpern.

»Scheiße!«, bellte Croker wütend. Er fasste die Zügel fester und drehte die Pferde in die andere Richtung.

Fünfzig Schritte von den Bäumen entfernt verlagerte Hawkwood das Gewicht von McTurks Leiche auf seiner Schulter und versuchte, schneller zu gehen. Tote zu tragen war nie einfach. Der Ärger mit Leichen war, dass sie einfach kein Koordinationsgefühl hatten. Er hörte ein leises Schnauben in der Dunkelheit und sah, wie Croker und Lasseur ihm mit den Pferden entgegenkamen.

»Was zum Teufel ist denn passiert?«, schnauzte Croker ihn an. »Ach, du lieber Gott!«, stöhnte er.

»Das Miststück hat sich gewehrt.« Hawkwood gab vor, völlig außer Atem zu sein. »Und ich dachte, das sollte eine einfache Sache sein? Er hat McTurk getroffen, ich weiß nicht, wie schlimm.« Hawkwood tat, als lockere er seinen Griff und fluchte, als McTurks Leiche zu Boden glitt.

Croker beugte sich hinunter und zog McTurk schnell die Kapuze vom Kopf. Er starrte auf das, was von dessen Hinterkopf noch übrig war. »Allmächtiger! Er ist ja tot!« Er sah Hawkwood wütend an. »Das war Jilks?«

Hawkwood nickte. »Er hatte eine Pistole. Hat Pat völlig überrascht. Wir haben beide auf ihn geschossen, aber er ist weggerannt. Und da Pat getroffen war, hielt ich es für das Beste, zu verschwinden, ehe die Nachbarn einen Aufruhr machen. Was tun wir jetzt?«

Croker richtete sich auf. »Wir hauen schleunigst ab, das tun wir.« Lasseur sah auf die Leiche hinunter. »Und was machen wir mit ihm?«

Unentschlossen nagte Croker an seiner Lippe.

»Er war Ihr Kumpel«, legte Hawkwood nach.

»Himmelherrgott!«, fluchte Croker wütend, »Himmelherrgott, so eine Scheiße aber auch!« Dann sagte er: »Also gut, legt ihn auf sein Pferd. Seht mal nach, ob in der Satteltasche ein Strick ist. Wir nehmen ihn mit. Aber wenn wir verfolgt werden, müssen wir ihn zurücklassen. Macht schnell!« Croker warf die Kapuze hin.

Sie legten McTurk quer auf den Rücken seines Pferdes und banden seine Arme und Beine mit einem Strick unter dem Bauch des Tieres zusammen. Dann ritten sie los, wobei McTurks Pferd den Schluss bildete. Als Hawkwood auf sein Pferd stieg, war es ihm, als habe er in der Dunkelheit hinter sich einen Türriegel gehört, der ins Schloss fiel. Vielleicht war es die Stalltür, die gerade geschlossen worden war.

Henry Jilks lud seine leere Pistole wieder und merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach, als er daran dachte, wie die beiden Männer hereingekommen waren. Sein Blick fiel auf den Fußboden und auf den dunklen Fleck, wo McTurks Gehirnmasse durch die Kapuze hindurch auf die Steinfliesen geflossen war. Jilks dachte an den dunkelhaarigen Mann, der anscheinend ohne jegliche Gefühlsregung abgedrückt und McTurk ins Jenseits befördert hatte - welches Jenseits das auch immer sein mochte. Jilks vermutete, es würde eher die Hölle sein. Egal, er wusste, dass er darüber keine Träne vergießen würde, auch wenn McTurks Tod kein gnädiger gewesen war.

Er dachte an den Mann, der Hawkwood und McTurk zu ihm geschickt hatte, und sein Herz schlug schneller. Jilks hatte sich über die Gefahren keine Illusionen gemacht, als er den Posten als Berittener Offizier angenommen hatte. Es war ein hartes Leben und die Bezahlung war schlecht. Einschüchterung war an der Tagesordnung, genau wie Verzweiflung und Korruption. Für jeden Officer, der seinen Posten aufgegeben hatte, weil seine Familie bedroht wurde, gab es ein halbes Dutzend, die angefangen hatten zu trinken oder erpressbar waren.

Der vorletzte Vorgänger von Jilks war ein ehemaliger Kavallerist namens Haggard gewesen. Haggard hatte diese Gegend wieder verlassen, nachdem er eines Tages mit Frau und Kind nach Hause gekommen war und das Kätzchen seiner Tochter von den Deckenbalken in der Küche gehangen hatte. Im Gegensatz dazu hatte dessen Nachfolger, ein sechzigjähriger Alkoholiker namens Rigsby, mehr Zeit mit Saufen als auf dem Pferderücken verbracht und nach einer durchzechten Nacht in einem Pub dieser Gegend im Vollrausch sein Leben ausgehaucht. Seine Zechkumpane waren Fassträger und Späher von Ezekiel Morgan gewesen.

Henry Jilks hatte nicht lange gebraucht, bis ihm klar wurde, welchen Einfluss Morgan auf den Handel in dieser Gegend ausübte. Doch das Wissen darüber war noch kein Beweis. Da er ahnte, dass es schwer sein würde, Morgan auf frischer Tat zu ertappen, hatte Jilks beschlossen, sich rar zu machen und Augen und Ohren offen zu halten. Seine Beharrlichkeit fing langsam an, sich bezahlt zu machen. In der Zeit, seit er hier patrouillierte - sein Gebiet erstreckte sich sechs Meilen ins Inland von der Küstenlinie zwischen Shellness Point und South Foreland -, waren seine Erfolge zwar zahlenmäßig nicht groß, aber immer umfangreicher geworden, wie die Menge der beschlagnahmten Schmuggelware deutlich bewies, genau wie die Tatsache, dass Ezekiel Morgan ihn für eine genügend große Bedrohung hielt, um Männer loszuschicken, die ihn umbringen sollten.

Jilks wusste nicht, ob er sich darüber beunruhigt oder geschmeichelt fühlen sollte.