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Ali as-Sayyid lächelte dumm und verwirrt. »Du siehst, wie unglücklich wir sind. Wir werden gleich zugrunde gehen?«

»Die Gerechtigkeit muß ihren Lauf nehmen.«

»Das Sprechen strengt dich zweifellos an.«

»Wir müssen sofort das Verbrechen anzeigen.«

»Du meinst nicht, was du sagst?«

»Doch, genau das.«

»Das kann ich nicht glauben!«

»Glaub es, es wird bestimmt geschehen.«

»Aber die Geschichte hat dich doch bisher nicht interessiert?«

»Jetzt interessiert mich nur sie…«

Ahmad brachte ihm ein Glas Whisky, aber Anis lehnte dankend ab, er wollte ihm eine Zigarette drehen, bevor der Kaffee käme, aber Anis lehnte erneut ab. Er werde es selbst tun. »Bei Gott, mach uns nicht noch unglücklicher!« bat ihn Laila. »Es ist unabwendbar.«

»Wir haben doch die Sache schon geregelt, selbst Sammara hat sich unser erbarmt.«

»Ich habe genug gesagt.«

»Leute«, warf Khalid nervös ein, »laßt uns lieber gehen! Der Wahnsinn hat uns gepackt, und er wird noch ärger, solange wir zusammen sind.«

»Ich werde selbst zum Polizeirevier gehen, daß ihr es nur wißt.« Alle Augen starrten ihn entsetzt an. Ragab wandte sein Gesicht ab, um seiner Wut Luft zu machen.

»Du bist nicht bei Sinnen!« sagte Ahmad Nasr. »Danke, ich bin ganz klar im Kopf.«

»Bist du dir auch über die Folgen im klaren?«

»Daß jeder seine Strafe bekommt.«

»Er ist verzweifelt, weil er entlassen worden ist, und schert sich nicht darum, daß das Haus über den Bewohnern einstürzt«, schrie Ragab.

»Halt den Mund«, fuhr Ali as-Sayyid ihn an. »Du trägst die größte Schuld an allem, was geschehen ist. Sei du nur still!« Dann wandte er sich begütigend Anis zu: »Hast du tatsächlich geglaubt, wir würden dich in deinem Unglück im Stich lassen? Es ist nicht sicher, daß du wirklich entlassen wirst. Und sollte es doch der Fall sein, dann unterstützen wir dich, bis du eine andere Arbeit gefunden hast.«

»Danke, aber es besteht kein Zusammenhang zwischen beiden Dingen.«

»In Gottes Namen, nimm Vernunft an, es gibt keinen einzigen Grund, der dein Verhalten rechtfertigt. Selbst Sammara hat sich überzeugen lassen. Ich begreife dich nicht.«

»Begreifst du ihn wirklich nicht?« fauchte Ragab. »Schweig!«

»Verstehst du nicht, daß er auf Rache versessen ist?«

»Schweig!«

»Er ist verrückt geworden, und es ist hoffnungslos, mit einem Verrückten zu sprechen.«

»Wir haben dir gesagt, du sollst schweigen.«

»Eher stürzt der Himmel auf die Erde, als daß ich mir von einem süchtigen Verrückten meine Zukunft zerstören lasse.« Sammara wollte etwas sagen, aber er drohte ihr mit der Faust: »Was willst du, du Ursache allen Unheils?« Sie schreckte zurück, Ragab aber wurde wie ein wildes Tier, das etwas reißen will. Er brüllte los:

»Sollte die Anklage wegen Mord unvermeidbar sein, so soll es wenigstens auch einen Mord geben.«

Die Männer umringten ihn entschlossen, und Ahmad Nasr wiederholte hilflos:

»Eine Katastrophe… eine Katastrophe, die uns ausrotten wird.«

Amm Abduh erschien wieder und sagte: »Gedenkt des Allmächtigen und des Alleinigen!«

»Geh raus!« fuhr ihn Ahmad Nasr an. »Scher dich raus und komm nicht wieder!« Als der Alte verschwunden war, sagte er zu Anis: »Anis, du siehst selbst, was los ist. Im Namen unserer Freundschaft erkläre ich, daß du nicht meinst, was du sagst.«

»Ich werde nie davon abgehen«, beharrte Anis. »Verflucht seist du!«

Ahmad Nasr wandte sich an Sammara; mit erschrockenem Blick forderte er sie auf zu vermitteln. Alle richteten ihre Augen auf sie und zeigten deutlich, daß sie Sammara für schuldig hielten und von ihr erwarteten, daß sie etwas sagte. Das Gefühl der Ohnmacht überkam sie, doch sie schaute Anis an, schluckte, wollte reden, aber er kam ihr zuvor: »Ich bleibe dabei, ich schwörs euch!«

Plötzlich versuchte Ragab, sich auf seinen Gegner zu stürzen, aber sie zogen den Ring dichter um ihn und hielten ihn an Armen und Taille fest. Vergeblich strengte er sich an, ihren Händen zu entkommen. Anis erhob sich, ging in die Küche, verschwand für einen Moment und erschien sogleich wieder mit einem Küchenmesser in der Hand. Jetzt stand er zwischen Tür und Kühlschrank, bereit, sich auf Leben und Tod zu verteidigen. Die Frauen kreischten, und Saniya drohte, die Polizei zu rufen, falls er sich rührte. Das Messer machte Ragab noch wütender; er überschüttete Anis mit Verwünschungen und Flüchen und versuchte wieder, über ihn herzufallen. »Wir müssen sofort gehen«, entfuhr es Khalid Azzuz. »Ich werde ihn umbringen, bevor er mich vernichtet.« Sie drängten ihn gegen die Tür, obgleich er sich heftig wehrte. Ihre Verbissenheit steigerte sich fast zur Prügelei.

Anis verfolgte verwundert die Szene. Sie ringen miteinander, die Bestie möchte töten, aber sie vermag es nicht. Plötzlich ließ Ragab ab, er stand nun unbeweglich, heftig die Luft ausstoßend und zitternd vor Wut. In seinen Augen blitzte der Wahnsinn.

»Ihr bildet euch ein, ich sei allein schuldig«, schrie er. »Laß das Reden, bis wir das Hausboot verlassen haben!«

»Ihr seid alle geflohen!«

»Sprechen wir draußen in Ruhe darüber!«

»Nein, ihr Schurken, ich gehe, ich gehe selbst zur Polizei, ich fordere das Verderben, den Tod und die Geister heraus.« Er stürzte hinaus, und sie hinterdrein. Ihnen folgten auch Saniya und Laila. Das Hausboot bebte und schwankte unter den schweren, wütenden Tritten.

Anis legte das Küchenmesser auf den Schrank, ging zum nächsten Kissen und setzte sich nicht weit von Sammara nieder. Beide starrten hinaus in die Finsternis, gaben sich der Stille und der Einsamkeit hin. Sie wechselten weder Blicke noch Worte. Eine Erschütterung ist durch die Welt gegangen, und sie wird bald bersten, sagte er sich. Er fühlte, daß sich Schritte näherten, die ihm vertraut waren, er drehte sich nicht um, bis der Alte hinter ihm stand: »Sie sind gegangen?« Er antwortete nicht.

»Der Satan hat bis zum Überdruß mit euch gespielt«, fuhr er fort.

Anis schwieg weiter. »Ich habe den Kaffee gebracht.« Er betastete seinen Kiefer. »Stell ihn hier vorne hin!«

»Trinken Sie ihn gleich, in ihm ist Segen, er wird den Schmerz stillen.«

Beharrlich hielt der Alte die Tasse vor ihn hin, bis Anis den Kaffee nahm und ausschlürfte. »Möge er heilsam sein!« sagte der Alte zu ihm, dann verließ er seinen Platz, ging zur Tür, blieb jedoch neben dem Wandschirm stehen und sagte:

»Ich hätte die Taue gekappt, hätte er Sie noch einmal geschlagen.«

»Aber dann wäre ich doch mit den anderen ertrunken«, sagte er bestürzt.

»Gott hat beides verhütet!« Damit ging er fort. Anis lachte leise und fragte Sammara: »Hast du gehört, was der Alte gesagt hat?«

»Wäre es nicht besser, einen Arzt zu rufen?« fragte sie zurück. »Nein, es gibt keinen Grund.«

Daß sie das Thema erneut ansprach, verursachte ihm wieder Schmerz, aber leichten Schmerz, denn der Kaffee wirkte schon. »Geht er wirklich zur Polizei?« fragte sie. »Ich weiß nicht, was sich draußen abspielt.« Sie zögerte ein Weilchen.

»Was hat dich.« Doch sie brach den Satz ab. Er begriff, was sie wollte, aber er antwortete nicht. »Der Zorn?« fragte sie.

»Vielleicht!« Dann lächelte er. »Ich wollte versuchen, das zu sagen, was gesagt werden mußte.« Sie überlegte kurz. »Warum?«

»Ich weiß nicht genau, vielleicht um zu prüfen, welche Wirkung das haben würde.«

»Und wie war sie?«

»Wie du gesehen hast.«

»Willst du ihn nicht anzeigen, falls er es selbst nicht tut?«

»Das willst du doch nicht.«

»Es ging über meine Kräfte, darum wurde ich besiegt.«

»Bewies das Experiment nicht, daß man standhalten kann?«

»Aber es scheint, daß auch du die Sache nicht ganz bis zum Ende betreiben wirst.«

»Nur habe ich dafür keine Gründe wie du.«