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Auf der anderen Seite des Durchganges flammte eine bläulichweiße Beleuchtung auf, deren Farbton dem Licht ähnelte, das auf hohen Bergesgipfeln der Erde herrscht. Die beiden verschiedenartigen Beleuchtungen ließen die an ihrer Übergangsstelle befindlichen durchsichtigen Zwischenwände in einem aquamarinen Licht erscheinen.

Die geheimnisvolle Stille, die in dem Durchgang herrschte, wurde nur durch das beschleunigte Atmen der stark erregten Erdmenschen unterbrochen. Tei berührte unabsichtlich mit seinen Ellenbogen Afras Schulter, und er fühlte, wie sie am ganzen Körper bebte. Beruhigend legte er der Biologin die Hand auf den Unterarm, und Afra dankte ihm mit einem raschen Blick.

Im Hintergrund des Verbindungsganges tauchte eine Gruppe von acht Fremden auf. Aber waren das wirklich „Fremde“? Die Menschen trauten ihren Augen nicht. Jeder von ihnen hatte im tiefsten Innern etwas Unerhörtes, nie Dagewesenes zu sehen erwartet. Die große Ähnlichkeit der Fremden mit den Erdmenschen kam ihnen deshalb wie ein Wunder vor.

Das bläuliche Licht verschwand, man hatte auch auf der anderen Seite des Ganges eine Beleuchtung eingeschaltet, wie sie auf der Seite der „Tellur“ brannte. Die durchsichtigen Zwischenwände verloren ihren bläulichgrünlichen Schimmer und wurden farblos, sie waren fast nicht mehr zu sehen. Hinter der unauffälligen Trennwand standen Menschen. Man konnte es einfach nicht glauben, daß sie ein Giftgas — nach den auf der Erde geltenden Begriffen — zum Atmen brauchten und sich in Meeren des alles verzehrenden Fluorwasserstoffs badeten! Die Größe der Fremden entsprach in allen Proportionen etwa einem mittelgroßen Erdbewohner. Ihre Hautfarbe war eigenartig grau, im Farbton von Gußeisen, mit etwas silbriger Schattierung und einem versteckten blutroten Abglanz, wie er bei poliertem Roteisenstein aufzutreten pflegt.

Auf den rundlichen Köpfen trugen sie dichtes blauschwarzes Haar. Besonders auffällig in ihrem Gesicht waren die Augen. Sie waren unwahrscheinlich groß und länglich, nahmen die ganze Breite des Gesichts ein und zogen sich mit ihren äußeren Winkeln bis zu den Schläfen hin. Der Augapfel war nicht weiß wie bei den Erdmenschen, sondern von satter türkisblauer Farbe. Er erschien im Vergleich zu der dunklen Iris und der Pupille unverhältnismäßig langgezogen.

Den Ausmaßen und der Lage der Augen entsprachen die geraden, stark ausgeprägten dunklen Augenbrauen. Sie trafen oben an den Schläfen mit dem Kopfhaar zusammen und reichten fast bis zu der schmalen Nasenwurzel, mit der sie einen, stumpfen Winkel bildeten. Da das Haar vom Scheitel aus nach beiden Seiten in einer ebenso geraden und deutlich hervortretenden Linie, und zwar vollkommen symmetrisch zu den Augenbrauen, verlief, hatte der sichtbare Teil der Stirn die Gestalt eines gestreckten horizontalen Rhombus. Die Nase war kurz und wenig vorspringend und hatte, wie bei den Erdbewohnern, nach unten gehende Nasenlöcher. Der kleine Mund mit den violetten Lippen ließ eine fehlerlose Zahnreihe von derselben reinen himmelblauen Farbe erkennen, wie sie die Augenhaut hatte. Die obere Gesichtshälfte erschien gegenüber der Gesichtsgestaltung bei den Erdmenschen wesentlich verbreitert. Unterhalb der Augen zum Kinn hin wurde das Gesicht jedoch erheblich schmaler und trug dort beinahe eckige Züge.

Unter den Fremden waren offenbar Frauen und Männer. Die Frauen ließen sich an der schlanken, hohen Form des Halses, dem gleichmäßigeren und volleren Gesicht und der üppigen Fülle des Kopfhaares erkennen. Die Männer dagegen waren etwas größer, hatten einen stämmigeren Körperbau und ein breiteres Kinn. Im großen und ganzen waren somit dieselben Unterschiedsmerkmale zwischen beiden Geschlechtern vorhanden wie bei den Erdmenschen.

Afra schien es, als hätten die Fremden an jeder Hand nur vier Finger.

Sie gewann ferner den Eindruck, daß die Menschen des Fluorplaneten in den Fingern keine Gelenkt haben konnten, wenn man schon menschliche Begriffe auf ihre Beschaffenheit anwenden wollte: Die Finger krümmten sich leicht und fließend, ohne daß sich eckige Vorsprünge zeigten.

Den Fuß konnte man leider nicht studieren; denn die Fußsohlen versanken tief in dem weichen Fußbodenbelag. Die Kleidung erschien in dem für die Augen der Erdmenschen natürlichen Licht in einem dunklen Rot, fast ziegelfarben.

Je länger die Raumfahrer die Bewohner des fernen Fluorplaneten betrachteten, desto weniger fanden sie deren Äußeres unnatürlich, und um so mehr kam ihnen die eigenartige exotische Schönheit der Fremden zum Bewußtsein. Von ganz besonderem Zauber waren dabei die wundersamen übergroßen Augen, die sehr aufmerksam und dabei doch gutmütig, beinahe liebevoll, zu den Erdmenschen hinüberblickten und die Wärme der Weisheit und der Freundschaft ausstrahlten.

Einer der Fremden trat vor und machte eine höfliche, auffordernde Handbewegung. In demselben Augenblick erlosch die Erdbeleuchtung auf der anderen Seite des Durchgangs.

„Oh!“ rief Mut Ang erschrocken aus. „Das hatte ich nicht vorausgesehen.“

„Ich habe schon damit gerechnet“, erwiderte Karil ruhig, „und ich habe deshalb unser gewöhnliches Licht abgeschaltet und zwei starke Lampen mit Filtern 430 angebrannt.“

„Nun werden wir wohl wie Tote aussehen“, sagte Taina ärgerlich, „da erscheint die Menschheit nicht gerade im besten Lichte!“

„Ihre Befürchtungen sind unbegründet“, entgegnete Mut Ang. „Ihr Spektrum des wahrnehmbaren Lichts ist größer als unseres und reicht weit in das Violett hinein, vielleicht sogar in das Ultraviolett. Dadurch können sie auch viel feinere Schattierungen erkennen und aufnehmen als wir. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie das vor sich geht.“

„Wir werden ihnen wohl viel gelber erscheinen, als wir in Wirklichkeit sind“, sagte Tei nachdenklich.

„Das wäre immerhin weit besser als diese bläuliche Farbe. Blicken Sie sich nur einmal im Kreise um!“ meinte, nur halb beruhigt, Taina.

Karil Ram schob jetzt das Oberton-Tongerät durch die schmale Schleuse zwischen beiden Scheidewänden hinüber. Die Fremden nahmen es und stellten das Gerät auf einem Dreifuß auf. In der Fluoratmosphäre des fremden Raumschiffes erklang jetzt die Sprache und die Musik der Erde. Auf dem gleichen Wege wurde ein Gerät zur Analyse der Luft übergeben, das es ermöglichte, Temperatur, Druck und Zusammensetzung der Atmosphäre des unbekannten Planeten festzustellen. Wie zu erwarten war, zeigte sich, daß die Innentemperatur des weißen Raumschiffes unter der des Erdschiffes lag und 7 Grad nicht überschritt. Der atmosphärische Druck war größer als der Erdluftdruck.

„Ihre Körpertemperatur ist wahrscheinlich höher“, sagte Afra, „wie ja auch unsere Körpertemperatur höher ist als die uns gewohnte Normaltemperatur unserer Umgebung von etwa 20 Grad. Ich nehme an, daß ihre Körpertemperatur bei etwa 14 Grad — unserer Gradeinteilung — liegt.“

Auch die Fremden schickten auf dem Weg über die Schleuse Geräte herüber. Sie waren in zwei Kästchen von feinem Netzwerk verborgen, und es war nicht möglich, ihre Bedeutung zu erraten.

Aus dem einen Kästchen waren hohe, reine Töne zu vernehmen, die aber teilweise abgerissen klangen, als verschwänden sie in der Ferne. Die Erdbewohner erkannten daran, daß die Fremden viel höhere Töne aufnehmen konnten als sie selbst. Wenn der Bereich der für ihr Gehör erfaßbaren Töne etwa die gleiche Breite hatte wie beim Menschen, so mußte ein Teil der unteren Töne der menschlichen Sprache und Musik für die Bewohner des Fluorplaneten nicht hörbar sein.

Die Fremden brannten nun wieder die Erdbeleuchtung an, und die Erdbewohner schalteten das blaue Licht ein. Zwei Gestalten näherten sich der durchsichtigen Wand, ein Mann und eine Frau. Sie legten ihre dunkelrote Kleidung ab und blieben still stehen, sich gegenseitig an den Händen haltend. Dann begannen sie, sich langsam um sich selbst zu drehen, um den Erdmenschen Gelegenheit zu geben, ihre Körper von allen Seiten zu betrachten. Es zeigte sich, daß die Körper denen der Erdmenschen weit ähnlicher waren als die Gesichter. Das harmonische Ebenmaß aller Körperteile der Fluormenschen entsprach voll und ganz dem Schönheitsbegriff auf der Erde. Einige schroffere Übergänge in den Umrissen der Linien, etwas ausgeprägtere Formen bei den Vertiefungen und Wölbungen ließen den Eindruck einer gewissen Eckigkeit entstehen. Oder besser noch: Man glaubte, gut ausgeführte Skulpturen vor sich zu haben. Die graue Hautfarbe, die in den Falten und Vertiefungen noch dunkler erschien, verstärkte diesen Eindruck.