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»Das werde ich tun.« Mannon nickte zum Abschied, schwang seine Axt über die Schulter und ging an den Reitern vorbei zurück zu dem Tor im Fels. Gwenderon sah ihm nach, bis seine Gestalt mit den Schatten der Höhle verschmolzen war.

»Reiten wir«, sagte er rau. Plötzlich fühlte er sich müde. Die Anstrengungen der durchwachten Nacht, die sie der Wirklichkeit abgetrotzt hatten, forderten ihren Tribut. Er spürte, dass er schlichtweg im Sattel einschlafen würde, wenn er nicht in Beckwegung blieb.

25

Für eine kurze Weile schienen sie wieder in die Nacht hineinzureiten, als sie die Lichtung verließen und ein Stück weit durch das Unterholz ritten. Aber bereits nach wenigen Minuten erreichten sie wieder einen Weg.

Gwenderon bemerkte, wie die Männer um ihn herum erleichtert aufatmeten, als sie das Dunkel des Waldes verließen. Auch der Prinz wirkte nervös und unsicherer, als er zugeben wollte, wie Gwenderon mit einem raschen Seitenblick bemerkte.

Er gab seinem Pferd die Sporen und ritt schneller, um an die Spitze der Gruppe und an Karelians und Animahs Seite zu gelangen. Der Waldläufer hatte nichts mehr gesagt, aber seine Blicke glitten noch immer unsicher über den Waldrand zu beickden Seiten des Weges und auch seine dunkelhaarige Begleiterin war sichtlich nervös. Fast eine Stunde lang ritten sie schweigend durch den Wald, ein erschöpfter, müder Haufen, der zwar weit vor der Zeit zurückkehrte, aber so müde war, als hätte er das Dreifache des normalen Weges hinter sich gebracht. Es waren nicht nur die durchwachte Nacht und die Aufregungen des vergangenen Tages gewesen, das spürte Gwenderon. Irgendetwas in den dunklen Kavernen und Tunneln des Zwergenvolkes hatte ihnen Kraft geraubt, als hätten sie für die gewonnene Zeit bezahlen müssen.

Plötzlich blieb Karelian abermals stehen und starrte aus zusammengekniffenen Augen in den Wald vor ihnen.

»Seid Ihr immer noch nervös?«, fragte Gwenderon.

Karelian nickte. Sein Gesicht wirkte angespannt. »Irgendetckwas stimmt nicht mit diesem Wald«, sagte er.

Gwenderon versuchte seine Bedenken mit einem Lächeln zu zerstreuen, aber es gelang ihm nicht. Im Gegenteil – auch er selbst fühlte sich immer unruhiger, und für einen Moment glaubte er ebenfalls zu spüren, was der Waldläufer meinte.

»Es ist nicht mehr weit bis Hochwalden«, sagte er. »Selbst wenn sich irgendwelches Gesindel hier herumtreiben sollte, werden sie es kaum wagen, uns so dicht bei der Festung anzugreifen.«

»Ich fürchte mich nicht vor Gesindel«, erwiderte Karelian ohne ihn anzublicken. »Mannon hatte Recht. Es ist Lassars Atem, der diesen Wald vergiftet. Er ist hier. Er oder seine schwarzen Henker.«

»Lassar?« Gwenderon runzelte die Stirn und widerstand im letzten Moment der Versuchung, sich erschrocken umzusehen. »Unsinn!«, sagte er. »Er wird es nicht wagen, die Hand nach diesem Wald auszustrecken. Sicher nicht. Allmählich geht mir dieses hysterische Gerede über Lassar auf die Nerven«, fügte er übellaunig hinzu.

Karelian wollte antworten, stockte aber plötzlich und fuhr mit einer erschrockenen Bewegung herum.

»Das ist ein Hinterhalt!«, keuchte er. »Gwenderon – das ist eine Falle! Zurück!!« Die letzten Worte hatte er geschrien.

Aber seine Warnung kam zu spät.

Ein gewaltiger Schatten brach aus dem Wald. Gwenderon hörte einen Schrei, dann ertönte ein peitschender Laut. Irgendetwas sirrte dicht an seinem Kopf vorbei und der Mann hinter ihm krümmte sich und fiel mit einem Schmerzenslaut aus dem Sattel.

»Raetts!«, brüllte Karelian mit überschnappender Stimme. »Sie sind uns gefolgt: Flieht!«

Auf dem schmalen Pfad brach ein unbeschreiblicher Tumult aus. Der Waldrand schien in einer Woge von braunem, strupckpigem Fell zu explodieren und spie Dutzende der mannsgroßen Kreaturen aus. Bogensehnen sirrten und ein ganzer Hagel von Pfeilen und Bolzen überschüttete die kleine Gruppe. Männer und Pferde schrien getroffen auf. Gwenderon verspürte einen harten, betäubenden Schlag gegen die Seite, fiel halbwegs aus dem Sattel und fand erst im letzten Augenblick sein Gleichgewicht wieder.

Rings um ihn her brach die Hölle aus. Die Angreifer waren Raetts, aber es waren nicht Guarr und seine Horde, wie Gwenderon im allerersten Moment geglaubt hatte. Sie waren viel größer und wilder als der heruntergekommene Haufen, der sie ein kurzes Stück des Weges begleitet hatte – und sie waren in schwarzes Leder und mattes, gehämmertes Metall gekleidet und schwangen mächtige Keulen und Schwerter in den krallenbewehrten Händen.

Es mussten nahezu zwei Dutzend der gewaltigen Kreaturen sein, die urplötzlich aus dem Wald gebrochen und wie ein tödcklicher Sturmwind unter Gwenderons Männer gefahren waren. Der Pfeilhagel hörte auf, so plötzlich, wie er begonnen hatte, aber dafür brach ringsum ein unbeschreibliches Handgemenge los.

»Zurück!«, schrie Gwenderon über den Kampflärm hinweg. »Schützt den Prinzen!«

Seine Stimme ging fast im Toben des Kampfes unter, aber drei, vier seiner Krieger hörten sie doch, lösten sich von ihren Gegnern und versuchten an seine und Prinz Cavins Seite zu gelangen. Gwenderon gewahrte eine Bewegung aus den Augenwinkeln, fuhr im Sattel herum und schlug mit dem Schild zu, als er das spitze Rattengesicht eines der Angreifer vor sich sah. Das Wesen fiel mit einem pfeifenden Laut zurück, aber sofort nahm ein anderes seinen Platz ein. Gwenderon versuchte erneut mit dem Schild zuzuschlagen. Aber der Raett duckte sich unter seinem Hieb hindurch, schlug eine seiner Krallenhände in Gwenderons Bein und hackte mit der anderen nach dem Hals des Pferdes.

Ein silberner Blitz jagte an seinem Gesicht vorbei. Der Raett schrie auf, schlug die Hände gegen den Hals und brach in die Knie. Zwischen seinen Fingern sah der Griff eines silbernen Zierdolches hervor.

Gwenderon wandte den Kopf und nickte dem Prinzen dankckbar zu. Cavin grinste flüchtig, fuhr herum und hieb mit seinem Schwert nach einem weiteren Raett. Das Wesen parierte den Schlag mit seiner Keule, sprang blitzschnell zur Seite und schlug seinerseits zu. Cavin schrie vor Schmerz und Überrackschung, als die armlange Keule seinen Arm traf und ihm das Schwert aus der Hand prellte. Aber er besaß immerhin noch genug Geistesgegenwart, dem nächsten Hieb auszuweichen und dem Raett einen Tritt auf die spitze Schnauze zu versetzen, der ihn zurücktaumeln ließ.

Gwenderon wankte im Sattel. Blut lief warm und klebrig an seinem Bein herab und seine ganze rechte Körperhälfte schien in Flammen zu stehen. Wie durch einen wogenden roten Vorckhang beobachtete er, wie Karelian mit gleich zwei der riesigen Kreaturen kämpfte, mit nichts als seinen bloßen Händen und Füßen. Mit zusammengebissenen Zähnen zog er das Schwert aus der Scheide, drängte sein Pferd ein paar Schritte zurück und schlug blindlings nach einem struppigen Schatten, der vor ihm auftauchte. Er traf nicht, aber der Raett ließ trotzdem von ihm ab und zog sich hastig zurück.

Der Kampf endete, ehe er richtig begonnen hatte. Schon die Pfeile der Angreifer hatten fast die Hälfte von Gwenderons Männern aus den Sätteln gefegt und die Überlebenden hatten der erdrückenden Übermacht der halb tierischen Kreaturen nichts entgegenzusetzen. Mann auf Mann fiel unter den Hieben der Rattenkrieger und im Handumdrehen lagen außer Gwenderon, Karelian, dem Prinzen selbst und zwei seiner Krieger alle Männer tot oder verwundet am Boden. Karelians Begleiterin war verschwunden. Gwenderon hoffte, dass sie Gelegenheit gefunden hatte, im Wald unterzutauchen.

Gwenderon hob schützend seinen Schild vor den jungen Prinzen, als die Front der Rattenkrieger näher rückte. Auch die Raetts hatten einen hohen Blutzoll entrichten müssen, aber sie standen zu viert noch immer gegen mehr als ein Dutzend der Bestien.

»Ein Schwert!«, keuchte der Prinz. »Gebt mir ein Schwert, Gwenderon.«

Gwenderon machte eine unwillige Kopfbewegung. Die Schmerzen in seiner Seite ließen allmählich nach, aber dafür machte sich ein dumpfes Gefühl der Betäubung in seinem Bein und der Schulter breit. Der Schild schien mit jedem Atemzug schwerer zu werden.