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»Was bedeutet das?«, fragte Gwenderon scharf. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Karelian taumelnd auf die Füße zu kommen versuchte, es aber erst beim dritten Versuch schaffte.

Resnec lächelte, dünn, schnell und so kalt, dass Gwenderon einen eisigen Schauer spürte. Der Wind schien kälter zu werden.

»Wisst Ihr das wirklich nicht, Gwenderon?«, fragte er ruhig.

»Ihr … Ihr verratet uns? Ihr verratet den … den König?«

»Verrat?« Resnec betonte das Wort auf eigenartige Weise und lachte. »Nun, wenn Ihr es so nennen wollt, Gwenderon … Wie auch immer, ich fürchte, ihr werdet Hochwalden nicht wieder sehen.«

Der Kreis der schwarz gekleideten Krieger begann sich zusammenzuziehen. Gwenderon blickte alarmiert nach beiden Seiten, aber er verwarf den Gedanken an Flucht sofort wieder. Mit seinem verwundeten Bein hatte er keine Chance, Resnecs Mördern zu entkommen.

Auch Karelian schien allmählich zu begreifen, was rings um ihn vorging, wenn sein Gesicht auch noch immer schlaff und seine Augen matt waren.

»Was bedeutet das?«, fragte Gwenderon noch einmal.

Resnec zog ganz langsam sein Schwert. »Ihr würdet es doch nicht verstehen«, sagte er. »Es tut mir Leid, dass es so enden muss. Ich hätte euch gerne eine Chance gegeben.«

»Du … du verdammter Verräter!«, keuchte Karelian. »Du …«

Resnec stieß ihn nieder.

»Schade«, sagte er. »Ich hatte gehofft, dass ihr es wie Männer tragt, Gwenderon. Ihr habt eine Schlacht verloren, also hört auf zu jammern und benehmt euch wie die Männer, die ihr sein wollt.«

»Damit kommt ihr nicht durch«, keuchte Karelian. Er wollte aufstehen, aber Resnec stieß ihn mit dem Fuß zurück.

»Glaubt Ihr?«, fragte er. »Vielleicht doch. Meine Befürchtungen waren gerechtfertigt, Karelian. Die Raetts sind zurückgekommen. Leider war ich der Einzige, der entkommen konnte.«

Er lachte hässlich, versetzte Karelian einen Tritt, der ihn abermals zurückfallen ließ, und wandte sich wieder an Gwenderon. »Aber keine Angst, Gwenderon. Ich werde dem König berichten, dass Ihr bis zum letzten Atemzug gekämpft habt.«

»Dann stoßt zu«, keuchte Gwenderon. »Nehmt Euer Schwert und erschlagt mich, wenn das alles ist, wozu Ihr fähig seid, Resnec. Begeht doch einen feigen Mord!«

Resnecs Gesicht zuckte. Langsam hob er das Schwert, setzte seine Spitze an Gwenderons Kehle und spannte sich. Die Schwertspitze ritzte Gwenderons Hals. Aber er stieß nicht zu.

»Ich würde Euch eine Chance geben«, sagte er. Seine Stimme klang nicht ganz so sicher, wie es den Anschein haben sollte. »Aber ein Mann mit einem steifen Bein ist kein Gegner für mich.«

»Gebt mir eine Waffe!«, stöhnte Gwenderon. »Gebt mir ein Schwert, wenn Ihr es wagt. Oder seid Ihr selbst zu feige gegen einen hinkenden Mann zu kämpfen?«

Resnec lachte unsicher. Seine Hand, die das Schwert hielt, zitterte. Aber er stieß noch immer nicht zu. Seine Lippen begannen zu zittern und Gwenderon glaubte den Kampf, der hinter seiner Stirn tobte, direkt zu sehen.

Plötzlich riss er den Arm zurück, richtete sich auf und stieß das Schwert mit einer fast zornigen Bewegung in die Scheide zurück.

»Wie Ihr wollt, Gwenderon«, sagte er. »Ich werde Euch nicht töten. Euch nicht und auch Eure Männer nicht.« Er schwieg einen Moment, und als er weitersprach, hatte seine Stimme wieder diesen metallisch-harten Klang, der Gwenderon einen eisigen Schauer den Rücken herunterlaufen ließ.

»Aber Ihr werdet Euch noch wünschen, gestorben zu sein«, sagte er. »Denn das, was Euch erwartet, wird tausendmal schlimmer sein als der Tod.« Er trat zurück und hob in einer herrischen Geste den Arm. »Packt sie!«, befahl er.

Einer der schwarz gekleideten Krieger steckte seine Waffe weg und machte einen Schritt in ihre Richtung.

Aber er führte die Bewegung nicht zu Ende.

Ein kopfgroßer Stein flog aus dem Unterholz, traf seine Schläfe und tötete ihn auf der Stelle.

Resnec fuhr mit einem schrillen Schrei herum und riss das Schwert erneut aus dem Gürtel.

»Verrat!«, brüllte er. »Wir werden angegriffen! Tötet sie –«

Der Rest des Satzes ging in einem erstickten Keuchen unter. Ein zweiter, kaum weniger großer Stein segelte herbei, traf seine Schulter und ließ ihn stürzen. Gleichzeitig ertönte irgendwo hinter Gwenderon das boshafte Sirren einer Bogensehne und ein zweiter von Lassars schwarz gekleideten Henkern brach zusammen, von einem Pfeil getroffen, der mit tödlicher Zielsicherheit durch eine Lücke seiner Panzerung gefahren war.

Aus dem Wald stürmte eine braune, pfeifende Horde rattengesichtiger Gestalten. Im ersten Augenblick glaubte Gwenderon, die Angreifer von vorhin wären zurückgekehrt, aber er sah den Unterschied schnell. Die Raetts trugen weder Rüstungen noch andere Kleider und mit Ausnahme der zwei oder drei, die primitive, aus roh zurechtgeschnittenen Weidenzweigen gefertigte Bögen trugen, waren sie unbewaffnet.

Trotzdem hatten Lassars Henker nicht einmal die Spur einer Chance. Der Kampf dauerte nicht einmal eine Minute und es war kein Kampf, es war ein Gemetzel, wie Gwenderon noch keines gesehen hatte. Die Raetts walzten das halbe Dutzend schwarz gekleideter Krieger durch ihre pure Übermacht nieder. Es ging unglaublich schnell. Die Krieger fanden nicht einmal mehr Zeit, sich zu irgendeiner Verteidigung zu formieren, ehe die Raetts unter ihnen waren; und die hoch gewachsene, schwarzhaarige Frauengestalt in ihrer Mitte, in deren Händen ein gewaltiger Langbogen lag.

»Animah!«, rief Gwenderon verwirrt. »Wie … woher … wo kommt Ihr her, und …« Er stockte, als sein Blick einen der Raett-Krieger streifte. Er war sich nicht sicher, aber er glaubte das Gesicht zu kennen, den Blick der schwarzen, glänzenden Knopfaugen, das rasche Verziehen der nur angedeuteten Lipckpen …

»Guarr«, antwortete Animah anstelle des Raett. »Ihr seht recht, Gwenderon.« Sie grinste, rupfte ein Grasbüschel aus und begann damit die Spitze eines ihrer Pfeile zu säubern, den sie aus dem Panzer eines toten Kriegers gezogen hatte. »Er hat Euch doch gesagt, dass ihr euch wieder sehen würdet, oder?«

»Wo … kommt ihr her?«, fragte Gwenderon verwirrt. »Was bedeutet das?«

Animah blickte ihn einen Moment ernst an, schwang ihren Bogen wieder über die Schulter und näherte sich Resnec, der noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden lag. Er lebte und war bei Bewusstsein, aber sein Blick war verschleickert. Über der rechten Schulter begann sich der Stoff seines Geckwandes dunkel zu färben.

Neben ihm stemmte sich Karelian stöhnend auf die Füße. Seine Unterlippe war aufgeplatzt, wo ihn Resnecs Faust getroffen hatte. Dunkles Blut lief über sein Kinn.

»Es scheint fast, als wären wir genau im richtigen Moment gekommen«, sagte Animah. »Einen Augenblick später, und …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern machte mit der Linken eine bezeichnende Geste an ihrem Hals.

»Was bedeutet das?«, fragte Gwenderon hilflos. »Woher wusstet ihr, was hier geschieht, und wie … wie kommen die Raetts hierher? Noch gestern …«

»Ich weiß, was ich noch gestern gesagt habe«, unterbrach ihn Animah. Ihr Gesicht blieb ausdruckslos, aber in ihrer Stimme war ein neuer, besorgter Klang. »Auch ich kann mich irren, Gwenderon, wisst Ihr! Wären Guarr und seine Leute nicht gewesen, hätte ich Euch kaum helfen können. Ich wollte nach Hochwalden eilen und Hilfe holen, als ich auf ihn und seine Leute stieß. Den Göttern sei Dank, denn wäre es mir gelungen …« Sie sprach nicht weiter, sondern blickte stumm auf Resnec herab.

»Das … wird Euch auch nichts mehr nutzen«, keuchte Rescknec. Gwenderon wandte den Blick und sah, dass Lassars Scherge sich halb aufgerichtet hatte. Seine Mundwinkel zuckten vor Schmerz, aber der einzige Ausdruck, den Gwenderon in seinen Augen las, war Hass. »Ihr könnt … mich töten«, fuhr er fort, »aber das wird nichts mehr ändern. Mein Auftrag ist … erfüllt.«