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»Erfüllt?« Gwenderon runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«

»Den Prinzen«, sagte Animah halblaut. »Er meint den Prinzen, Gwenderon. Sein Herr hat ihn aus dem einzigen Grund ausgeschickt, den Prinzen in seine Gewalt zu bringen. Und das hat er getan.«

»Aber der Prinz ist auf dem Wege nach Hochwalden!«, wickdersprach Gwenderon. Eine furchtbare Ahnung stieg in ihm auf, aber der Gedanke war zu schrecklich, als dass er ihn zu Ende dachte. »Ich … ich habe selbst gesehen, wie er fortgeritten ist, Animah, in König Oros Begleitung!«

Resnec lachte leise. »Gesehen, Gwenderon?«, fragte er. »Was habt Ihr gesehen? Ihr habt den Prinzen fortreiten sehen, aber das ist auch alles.« Er stockte, krümmte sich wieder vor Schmerz und hustete qualvoll. »Ihr habt … mich geschlagen«, fuhr er stockend fort. »Aber Euer Triumph wird nicht von langer Dauer sein, Gwenderon. Ihr könnt mich töten, aber Ihr habt … versagt. Mein Auftrag ist erfüllt.«

»Du lügst!«, schrie Gwenderon. Plötzlich sprang er vor, packte Resnec und zerrte ihn auf die Füße. Resnec schrie auf und krümmte sich vor Schmerz, aber Gwenderon achtete nicht darauf, sondern schüttelte ihn weiter. »Du lügst!«, brüllte er. »Ich habe gesehen, wie …«

»Lasst ihn, Gwenderon«, sagte eine Stimme hinter ihm. Gwenderon ließ Resnec los, fuhr erneut herum …

… und erstarrte!

Hinter ihm waren zwei weitere Raett-Krieger aus dem Wald getreten, aber er sah die beiden mannsgroßen, dunkelbraunen Rattenwesen kaum. Sein Blick war wie gebannt auf die weißckhaarige, gebückt dastehende Gestalt zwischen ihnen gerichtet, die sich auf einen langen Stab mit einem goldenen Knauf lehnte.

»Faroan?«, murmelte er. »Wie … wie kommt Ihr hierher?«

Er wollte auf Faroan zutreten, aber der Magier hob seinen Stab und wich seinerseits einen Schritt zurück. Das Licht, das plötzlich durch das dichte Blätterdach des Waldes brach, ließ sein weißes Gewand und seinen langen Bart in überirdischem Glanz aufleuchten. Für einen Moment glaubte Gwenderon fast, die Zweige des Unterholzes durch seinen Körper hindurchschimmern zu sehen.

»Rühr mich nicht an, Gwenderon«, sagte der Magier. Seine Stimme klang seltsam dunkel und hallend, als käme sie von weit, weit her.

»Was bedeutet das?«, fragte Karelian. »Wer ist dieser Mann, Gwenderon? Ihr kennt ihn?« Animah gebot ihm mit einer rackschen Geste zu schweigen und Karelian verstummte gehorsam. Sein Blick spiegelte grenzenlose Verwirrung.

»Was tut Ihr hier, Faroan?«, fragte Gwenderon ohne auf Karelians Worte zu achten. »Und was bedeutet das alles? Was ist in Hochwalden geschehen?«

Faroan sah ihn schweigend an, schüttelte in einer seltsam traurigen Bewegung den Kopf und trat dann auf Resnec zu, der noch immer in schmerzverkrümmter Haltung am Boden hockte. Gwenderon erinnerte sich an seine Worte und trat hastig beiseite, als Faroan vorüberging, und auch Karelian wich der weiß gekleideten Gestalt aus.

Der Magier blieb dicht vor Resnec stehen, seufzte und hob seinen Stab, als wolle er Resnec damit berühren, führte die Bewegung aber nicht zu Ende.

»Ich schenke Euch das Leben«, sagte er leise. »Ich habe Euch beobachtet, Resnec, und ich habe in Eurer Seele gelesen, während ich es tat. Ihr seid nicht schlecht. Nicht wirklich. Lassar hat Euch belogen. Es ist noch nicht zu spät, sich von ihm abzuwenden.«

Resnec antwortete nicht, sondern starrte den Magier in einer Mischung aus immer stärker werdender Furcht und Verwirrung an. Nach einer Weile wandte sich Faroan von ihm ab und drehte sich zu den beiden Raetts um. »Nehmt ihn«, sagte er. »Er gehört euch.«

Resnecs Kopf flog mit einem Ruck in die Höhe. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, während die beiden gigantischen Kreaturen auf ihn zutraten.

»Nein!«, keuchte, er. »Das … das könnt Ihr nicht tun, Farockan. Nicht … nicht das! Ihr könnt mich nicht diesen Ungeheuern überlassen!«

Faroan antwortete nicht, sondern trat zur Seite, um den beickden Raetts Platz zu machen. Resnec begann zu schreien, wollte aufspringen und davonrennen, aber die beiden übermenschengroßen Ratten waren viel zu stark für ihn. Beinahe behutsam, aber mit ungeheuerlicher Kraft, nahmen sie ihn an Armen und Beinen und trugen ihn davon. Seine gellenden Schreie drangen noch lange an Gwenderons Ohr, auch als die beiden Raetts und er schon längst im Unterholz verschwunden waren.

Gwenderon sah ihnen nach. »Was … werden sie mit ihm machen?«, fragte er leise. »Ihn töten?«

»Er wird leben«, antwortete Faroan. »Vielleicht. Er wird seickne Chance bekommen. Und ich glaube, er wird sie nutzen.« Er seufzte, wandte sich um und sah wieder Gwenderon an.

»Es tut mir Leid, Gwenderon«, sagte er. »Ich kam, so schnell es mir möglich war, als ich begriff, was hier geschehen sollte. Aber ich bin zu spät gekommen.«

Gwenderon schüttelte verwirrt den Kopf. Sein Blick wanderte zwischen Faroan, den Raetts und Animah hin und her und verharrte wieder auf dem Gesicht des Magiers.

»Ihr habt die Raetts geholt.«

Faroan lächelte. »Nicht … ganz«, sagte er gedehnt. »Sagen wir, dass wir uns gegenseitig geholfen haben.« Eine schwache Spur von Trauer trat in seinen Blick. »Aber wir waren nicht schnell genug.«

»Nicht schnell genug? Was bedeutet das?«, fragte Karelian.

Faroan lächelte traurig. »Ich habe versagt«, bekannte er. »Ich kam, um den Prinzen zu retten, aber …«

»Aber der Prinz ist in Sicherheit«, unterbrach ihn Karelian. »Ich habe selbst gesehen, wie er zusammen mit dem König fortgeritten ist.«

»Nicht mit dem König«, sagte Gwenderon leise.

Karelian erbleichte, öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, brachte aber nur einen sonderbar klagenden Laut zustande.

»Dieser Mann war nicht König Oro«, fuhr Gwenderon fort. Er war wie gelähmt. Etwas in ihm schien zu Eis erstarrt. »Es war Lassar selbst.«

»Es war Lassar selbst«, bestätigte Faroan. »Ja. Er hat die Gestalt Oros angenommen.«

»Was ist geschehen?«, fragte Gwenderon leise.

Es dauerte einen Moment, bis Faroan antwortete, und als er es tat, hatte seine Stimme wieder diesen sonderbar traurigen, bedauernden Ton.

»Ich war ein Narr, Gwenderon«, sagte er. »Nicht nur Ihr habt Euch von Lassars Intrigenspiel täuschen lassen. Auch ich. Rescknec hat Euch die Wahrheit gesagt, als er erzählte, dass Hochwalden angegriffen wurde. Aber es waren Lassars Krieger, die die Mauern stürmten, keine Banditen.«

»Aber die Raetts, die uns überfielen!«, wandte Karelian ein. »Wer …«

»Lassars eigene Kreaturen«, unterbrach ihn Faroan. »Das alles, was hier geschehen ist, Karelian«, er machte eine Geste, die den ganzen Weg und den umliegenden Wald einschloss, »wurde nur inszeniert, um Euch und den Prinzen zu täuschen. Lassars einziges Ziel war, den jungen Prinzen in Sicherheit zu wiegen.«

»Dann müssen wir ihm nach!«, sagte Karelian aufgeregt. »Wir müssen …«

Wieder unterbrach ihn Faroan. »Dazu ist es zu spät, mein Freund«, sagte er sanft. »Lassars Netz ist fein gesponnen und Cavin hat sich längst darin verfangen. In diesem Moment bereits erreichen sie Hochwalden. Ihr würdet sterben, würdet Ihr versuchen ihnen dorthin zu folgen.«

»Und Ihr, Faroan«, sagte Gwenderon. »Konntet Ihr nichts tun? Ihr seid doch ein Magier!« Das letzte Wort hatte er in beicknahe beschwörendem Tonfall ausgesprochen.

Aber Faroan lächelte, auch diesmal nur traurig. Sein Körper schien zu flackern, als wäre er wirklich nicht mehr als ein Trugbild, und für einen ganz kurzen Moment glaubte Gwenderon einen dunklen, hässlichen Fleck auf dem Brustteil seines Gewandes zu erkennen, war sich aber nicht sicher.

»Meine Kraft reicht nicht aus, es mit der Lassars aufzunehmen«, sagte er. »Der Herr der Schatten ist ein mächtiger Magier und er hat die Mächte der Finsternis auf seiner Seite.«

»Aber wir müssen etwas tun!«, begehrte Karelian auf. »Wir müssen kämpfen, Faroan. Die ganze Welt muss erfahren, was hier geschehen ist. Hochwalden darf nicht in Lassars Hände fallen!«