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»So schlau ist Lassar schon lange«, sagte Mannon. »Glaubst du nicht, er hätte jede Möglichkeit einkalkuliert?«

Resnec starrte ihn wütend an. »Wenn du das wirklich denkst«, sagte er, »dann ist euer Widerstand sinnlos, meinst du nicht?«

»Hör auf!«, befahl Gwenderon scharf. Resnec starrte ihn wütend an und auch in den Augen des Zwerges blitzte es kurz zornig. Aber dann nickte er.

»Gwenderon hat Recht. Es nutzt nichts, wenn wir uns streickten. Wir müssen herausfinden, was Faroans Warnung zu beckdeuten hatte.«

Einen Moment lang starrte er ins Leere, dann wandte er den Kopf und blickte Guarr an. »Du wirst ein paar deiner zuverlässigsten Späher nach Hochwalden schicken«, sagte er. »Sie sollen die Burg beobachten und uns jede Bewegung melden. Mehr können wir nicht tun. Jedenfalls im Moment nicht.«

Er seufzte, stand umständlich auf und rieb sich demonstrativ die Augen. »Es ist spät geworden«, sagte er. »Warum gönnen wir uns nicht alle ein paar Stunden Schlaf und reden morgen weiter?«

Gwenderon nickte. »Du hast Recht, Mannon. Es nutzt nichts, die Entscheidung herbeizwingen zu wollen.«

Er stand ebenfalls auf, nickte noch einmal in die Runde und verließ die Hütte.

10

»Ja, junger Herr«, nickte Gwenderon. »Ich bin es. Es tut mir Leid, dass wir uns unter solchen Umständen wieder sehen müssen.«

Cavin schluckte ein paar Mal, um den riesigen, harten Kloß loszuwerden, der plötzlich in seiner Kehle saß. Es war nicht die Furcht vor Gwenderons Schwert, obwohl die Klinge seine Haut ritzte, sodass ein einzelner Blutstropfen an seinem Hals herabrann.

»Du … du verdammter … Verräter!«, stammelte er. Seine Hände begannen zu zittern und sein Blick irrte verzweifelt über den Boden und suchte das Schwert, das ihm Gwenderon aus der Hand geschlagen hatte. Aber in seinen Zorn mischte sich ein immer größer werdendes Entsetzen, das nicht auf die rein körperliche Bedrohung zurückzuführen war. Es war unmögcklich, dachte er immer wieder. Das war nicht Gwenderon, nicht der Gwenderon, den er kannte!

Der Waffenmeister verstärkte den Druck auf seine Kehle um eine Winzigkeit und schüttelte warnend den Kopf. »Versucht es nicht«, sagte er leise. »Ich bitte Euch. Ich möchte Euch nicht verletzen.«

»Aber du würdest es tun, wenn es nötig wäre, nicht wahr?«

Gwenderon antwortete nicht, sondern starrte ihn eine weitere, endlose Sekunde lang mit steinernem Gesicht an. Dann senkte er mit einem Ruck das Schwert und trat zurück.

Cavin sah erst jetzt, dass er nicht allein war: Ein halbes Dutzend großer, struppig brauner Gestalten hatte sich im Halbkreis hinter ihm und Oro aufgebaut. Raetts. Aber keine wilde, barbarische Bande dieser Kreaturen, wie es Guarrs Meute gewesen war, sondern ausgesucht große, kräftige Wesen: Raett-Krieger in schwarzbraunen Lederharnischen, mit Schwertern und Spieckßen in den Klauen und Mordlust in den Augen.

»Packt ihn«, befahl Gwenderon. »Aber tut ihm nicht weh.«

Zwei der Raett-Krieger stürzten sich auf den jungen Prinzen, ergriffen seine Arme und hielten ihn fest, ohne auf Cavins wütende Gegenwehr zu achten.

Gwenderon sah ihnen reglos dabei zu. Dann rammte er sein Schwert mit einer übertrieben heftigen Bewegung in die Scheickde zurück, wandte sich mit einem Ruck um und trat auf Oro zu, der die Szene mit unbewegtem Gesicht verfolgt hatte. Er war bleich geworden; alles Blut war aus seinem Gesicht und seinen Händen gewichen und seine Hände zitterten sichtbar. Aber das Flackern in seinen Augen war keine Angst, sondern nur Zorn.

»Verräter!«, sagte er. Seine Stimme war ganz kalt, aber als er weitersprach, klang jedes einzelne Wort wie ein Fluch, und selbst Gwenderon fuhr beim Klang seiner Stimme sichtlich zusammen. »Ich habe Euch vertraut, Gwenderon, und Ihr wagt es, mit dem Schwert in der Hand hierher zu kommen! Hierher, an einen Ort, der heilig und unantastbar ist –«

»Und es bleiben wird«, unterbrach ihn Gwenderon kalt. »Es tut mir Leid, mein König. Ich gäbe mein Leben, hätte es eine andere Möglichkeit gegeben. Aber Ihr habt mir keine Wahl gelassen.«

»Keine Wahl wozu?«, fragte Oro. »Diesen Ort zu entweihen? Allein Euer Hiersein ist ein Frevel, dessen wahres Ausmaß Ihr nicht einmal ahnt!«

»Ihn zu retten«, antwortete Gwenderon.

»Zu retten!« Oro spie die Worte fast aus. Sein Gesicht flammte vor Zorn. »Ihr wagt es, die Hand gegen mich und meinen Sohn zu erheben, die rechtmäßigen Herrscher des Schwarzeichenwaldes?«

»Nicht seine Herrscher«, verbesserte ihn Gwenderon. »Seine Diener, mein König.« Er legte eine winzige Pause ein, während derer er Oro beinahe traurig ansah. »Waren das nicht Eure eigenen Worte? Wart Ihr es nicht, der mir sagte, dass Hochwalden stets nur der Beschützer dieses Waldes war, nicht sein Beckherrscher?«

Oro ballte die Fäuste. »Was wollt Ihr, Gwenderon? Mich verspotten oder mich töten?«

»Weder das eine noch das andere«, sagte Gwenderon. »Ich appelliere ein letztes Mal an Eure Einsicht, Herr – lasst von diesem Pakt mit Lassar ab. Werft ihn und seine verfluchten Baummörder aus dem Wald und haltet den Eid, den Ihr vor so vielen Jahren an diesem Ort geschworen habt und den Euer Sohn heute schwören soll! Wacht endlich auf!«

»Ich habe ihn gehalten«, erwiderte Oro. »Ihr seid es, der blind ist, Gwenderon. Was ich tue, tue ich nur, um den Wald zu schützen. Ihr seid es, der diesen Ort entweiht. Ihr dürftet nicht einmal hier sein!«

Gwenderons Hände zuckten. Cavin konnte sehen, wie sich seine Kiefer aufeinander pressten. Seine ganze Gestalt begann zu zittern. »Das ist Euer letztes Wort?«, fragte er mühsam.

»Mein letztes«, bestätigte Oro.

»Dann, mein König«, sagte Gwenderon leise, während er das Schwert zog und die Waffe mit beiden Händen ergriff, »lasst Ihr mir keine Wahl.«

Und damit enthauptete er König Oro mit einem einzigen, wuchtigen Hieb.

Cavin schrie auf. Verzweifelt warf er sich nach vorn, brüllend und halb irrsinnig vor Angst und Entsetzen. Mit aller Macht stemmte er sich gegen den Griff der beiden RaettKrieger und brach in die Knie, als ihn die Faust einer der Kreackturen im Nacken traf. Er spürte den Schmerz kaum.

Er spürte auch kaum, wie ihn die Raetts auf einen stummen Wink Gwenderons hin losließen und er vollends zu Boden fiel. Das Entsetzen über den kaltblütigen Mord, den er mit angeseckhen hatte, hatte ihn fast wahnsinnig gemacht.

Minutenlang blieb er bäuchlings ausgestreckt auf dem staubbedeckten Stein liegen. Erst schrie und heulte er vor Verzweifcklung, dann wurden seine Schreie zu einem leisen, halb erstickten Weinen. Und schließlich versiegten auch seine Tränen. Eine tiefe, unendlich tiefe, tödliche Kälte begann sich in ihm auszubreiten. Cavins Gestalt war in die rote Farbe des Hasses getaucht, als er den Kopf hob und zu dem grauhaarigen Waffenmeister aufsah.

»Mörder«, flüsterte er. »Du gemeiner, hinterhältiger Mörder!«

»Es tut mir Leid, mein König«, sagte Gwenderon leise. »Glaubt mir, dass ich mich zehnmal lieber selbst in mein Schwert gestürzt hätte als dies zu tun. Aber mir blieb keine Wahl.«

Cavin stemmte sich hoch. Sofort sprangen die beiden RaettKrieger wieder hinter ihn, aber Gwenderon trieb sie mit einer raschen Geste zurück.

»Dafür wirst du bezahlen, Gwenderon!«, flüsterte Cavin. »Töte mich. Nimm dein Schwert und schlage mir auch den Kopf ab oder hetze deine Ratten auf mich, aber töte mich, hier und jetzt. Denn wenn du es nicht tust, dann werde ich dich umckbringen, du Hund. Ich schwöre es. Ich schwöre es bei diesem heiligen Ort, dass ich nicht eher ruhen werde, bis ich deinen Kopf in den Händen halte.«

Seine Worte schienen Gwenderon eher traurig zu stimmen als wütend. »Ihr habt nichts verstanden, mein König«, sagte er. »Aber wie könntet Ihr auch. Ihr seid jung.«

Cavin schrie auf. »Nenn mich nicht so, du Mörder!«, brüllte er. »Deinen König hast du erschlagen und …«

»Und damit seid Ihr der neue König von Hochwalden«, fiel ihm Gwenderon ins Wort. »Ob es Euch gefällt oder nicht – die Verantwortung für den Schwarzeichenwald liegt nun allein auf Euren Schultern.« Seine Stimme wurde beschwörend. »Kommt zu Euch, Cavin! Ihr müsst Euch von Lassar abwenden! Lasst nicht zu, dass er an diesem Wald frevelt!«