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Mit einem Male wirkte er nervös. »Entschuldigt mich, mein König. Ich muss gewisse … Vorbereitungen treffen.« Er wandckte sich zur Tür, aber Cavin rief ihn noch einmal zurück.

»Lassar!«

Lassar blieb mit deutlichen Anzeichen von Widerwillen steckhen und sah ihn an. »Mein König?«

»Die … Megidda«, sagte Cavin. Selbst den bloßen Namen auszusprechen kostete ihn Überwindung. »Was ist sie?«

Lassar zögerte einen Moment. »Wenn Ihr es nicht wisst, Cavin, woher soll ich es dann wissen?«, sagte er schließlich.

»Aber Ihr –«

»Sie ist ein Teil von Euch«, unterbrach ihn Lassar. »So wie Ihr ein Teil von ihr seid. So wie Euer Vater und alle Könige von Hochwalden ein Teil davon waren.« Er trat einen halben Schritt auf Cavin zu und blieb wieder stehen. Cavin glaubte plötzlich zu sehen, dass er sehr nervös war. Aber worüber konnte man sich wirklich sicher sein, bei einem Schatten? »Sie ist nicht so unbekannt, wie Euer Vater glaubte«, fuhr er fort. »Viele wissen von ihr, doch die meisten scheuen sich darüber zu reden. Manche sagen, sie wäre das Herz der Welt, andere glauben, sie wäre nichts als eine Ruine, errichtet von einem Volk, das lange vor dem unseren lebte. Wieder andere halten sie für eine bloße Legende.«

»Und was glaubt Ihr?«

»Ich?« Lassar lächelte. »Welche Rolle spielt es, was ich glaube, mein König? Ich fürchte sie, weil ich ihre Macht spüre.«

»Die Macht einer Ruine?«

»Oh, sie ist mehr«, widersprach Lassar. »Ich weiß nicht, was sie ist – niemand weiß das wirklich –, aber ich spüre, dass sie ein Quell großer magischer Kraft ist, vielleicht die Kraft des Schwarzeichenwaldes selbst. Vielleicht sogar etwas von der Macht, die die Welt erschuf. Und das ist es, was ich fürchte, Cavin.«

»Wieso?«

»Wenn es stimmt, dass Gwenderon um ihre Existenz weiß, und wenn Euer Traum das bedeutet, was ich fürchte«, antwortete Lassar, »so kann es sein, dass dieser Narr eine größere Gefahr heraufbeschwört, als Ihr Euch vorzustellen vermögt, mein König.«

»Aber was könnte Gwenderon tun, wenn selbst Ihr die Megidda fürchtet?«

»Das ist es ja gerade«, antwortete Lassar. »Ich weiß um ihre Macht und ich weiß, was geschähe, versuchte ich daran zu rühren. Dieser Narr weiß nichts. Er ist ein Kind, das mit dem Feucker spielt. Und es kann sein, dass er nicht nur sich, sondern uns alle gleich mit verbrennt. Wenn er versucht mit seinen Rebellen dort Unterschlupf zu finden, so kann er Mächte entfesseln, die uns alle verderben. Ihn selbst, Euch, mich – vielleicht die ganze Welt.« Er schwieg einen Moment, dann wandte er sich wieder zur Tür. »Und nun entschuldigt mich, Cavin. Es kann sein, dass jetzt jede Minute zählt.«

Cavin wollte ihn abermals zurückrufen, aber Lassar ging so schnell, dass er keine Gelegenheit mehr dazu fand. Allein und verunsicherter und nervöser als je zuvor blieb er zurück. Das Gespräch mit Lassar hatte seine Verwirrung nicht beseitigt und mehr Fragen gebracht als Antworten. Am meisten entsetzte ihn, dass Lassar so beiläufig erklärt hatte, dass er von der Exickstenz der Megidda wusste. Cavin verstand das nicht mehr. Er selbst hatte bis vor Tagesfrist nicht einmal geahnt, dass es im Herzen des Schwarzeichenwaldes noch irgendetwas anderes gab als Bäume, und da waren die Worte seines Vaters, der sehr deutlich gesagt hatte, wie groß dieses Geheimnis sei und wie wichtig es war, dass es gehütet bliebe. Und jetzt kam Lassar und behauptete in einem Nebensatz, jedermann wüsste darum? Wenn es so war, wieso hatte er dann nie davon gehört, in den zwölf Jahren, die er mit nichts anderem als Lernen verbracht hatte, auf all den zahllosen Schulen und Universitäten, auf decknen er gewesen war? Wieso hatte niemals einer der Gelehrten, einer der Zauberer und Schamanen, einer der Lehrer und Wissenschaftler, mit denen er länger als ein Jahrzehnt zusammen gewesen war, auch nur ein Wort darüber verloren?

16

»Söldner?« Mannon gab sich keine Mühe, den zweifelnden Ton aus seiner Stimme zu verbannen. »Und Ihr seid ganz sicher Euch nicht getäuscht zu haben?«

»Wenn ich jemals ein Söldnerheer gesehen habe, dann das!«, erwiderte Corben heftig. Sein Gesicht flammte vor Erregung. »Männer von den Inseln, aus Velan, Belth, den nördlichen Geckbirgen, Barbaren aus der Eissteppe – was Ihr nur wollt.« Er spie aus. Seine Miene spiegelte Abscheu und Zorn, aber auch Furcht. »Was sich nur an Mörderpack und Halsabschneidern denken lässt, Mannon. Und der Mann an ihrer Spitze trägt das Drachenbanner von Hochwalden.«

Mannon starrte den grauhaarigen Rebellen weiter voller Zweifel an. Söldner?, dachte er. Hier? Im Schwarzeichenwald? Das war unmöglich! Im Laufe der letzten Wochen und Monate hatten sie mehr als einen von Lassars gekauften Mördern gefasst; Mannon selbst hatte eigenhändig zwei dieser Kreaturen getötet, die für Geld Jagd auf Menschen machten und für die er nichts als Abscheu und Ekel empfand – aber ein Söldnerheer unter dem Banner Hochwaldens? Das war schlichtweg undenkbar.

Der Zwerg führte den Befehl über einen Nachschubtrupp, und der Weg, den sie nahmen, hatte sie bis auf wenige Meilen an Hochwalden herangeführt; ein Risiko, das weit kleiner war, als es im ersten Moment schien. Es spielte keine Rolle, ob sie zehn oder hundert Meilen von Hochwalden entfernt waren – weder im guten noch im schlechten Sinn. Der Schwarzeichenckwald war hier so undurchdringlich und tödlich für Lassars Kreaturen wie fünf Tagesritte weiter nördlich, nahe ihrem Lager, und sie waren dort so wenig sicher vor seinen gekauften Meuchelmördern wie hier. Da sie selbst auf den geheimen Pfackden, die Mannon kannte, das Lager heute nicht mehr erreichen würden, hatten sie hier ihre beiden Planwagen zusammengefahren und ein vorläufiges Lager aufgeschlagen.

Es war schwierig, die Rebellen im Wald auch nur mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen, und Mannon war gewiss der richtige Mann, ein solches Unternehmen anzuführen. Doch die Nachricht des Spähers hatte ihn aus der Fassung gebracht.

Er wirkte äußerlich noch immer ruhig, so gelassen und stark, wie ihn alle hier kannten, aber hinter seiner Stirn überschlugen sich die Gedanken. Söldner? Gekaufte Krieger, die für Geld töteten und kämpften, unter dem Drachenbanner Cavins?, dachte er immer wieder. Lächerlich!

»Wie viele waren es?«, fragte er.

»Ich habe sie nicht gezählt«, antwortete Corben erregt. Dann lächelte er entschuldigend, atmete hörbar ein und fuhr sich mit dem Unterarm über das Gesicht, um sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Er musste wie der Teufel geritten sein, denn das Fell seines Pferdes glänzte vor Schweiß und war übersät mit blutigen Schrammen und Kratzern. Er atmete noch immer schwer, obwohl seit seiner Ankunft fast zehn Minuten vergangen waren. Seine Kleider waren dunkel vor Schweiß. »Verzeiht, Mannon«, murmelte er. »Ich …«

»Schon gut«, unterbrach ihn Mannon. »Wie viele habt Ihr gesehen?«

»Hundert«, antwortete Corben nach kurzem Überlegen. »Vielleicht auch hundertfünfzig. Es ist schwer zu sagen; sie marschieren in kleinen Gruppen und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Und ich bin sofort zurückgekommen, um Euch zu warnen.«

Der Zwerg gab einen sonderbaren, fast schmerzhaft klingenden Seufzer von sich. »Das war richtig, Corben«, sagte er. »Söldner! Ein Söldnerheer im Schwarzeichenwald! Ihr Götter, was geschieht mit der Welt, die wir kennen?«

»Fragt Lassar«, murmelte Corben düster. »Vielleicht weiß er die Antwort.«

Gegen seinen Willen musste Mannon lachen. »Aber ich fürchte, er wird sie uns nicht zur Verfügung stellen, mein Freund«, sagte er. Dann wurde er übergangslos wieder ernst. »Und nun geht und lasst Euch zu essen und Wein geben. Und ruht Euch aus. Wenn Eure Entdeckung das bedeutet, was ich fürchte, dann werden wir in den nächsten Tagen wenig Zeit zum Schlafen finden.«