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»Das … das ist nicht wahr«, stammelte Cavin. »Ihr lügt! Ich … ich habe es selbst gesehen. Ich habe mit Euch gekämpft und …« Er stockte, rang einen Moment vergeblich nach Worten und deutete plötzlich auf Gwenderons Gesicht.

»Die Narbe auf Eurer Wange beweist es!«, rief er. »Ich selbst habe sie Euch beigebracht, als ich mit Euch gekämpft habe.«

Gwenderon starrte ihn an, hob die Hand und tastete mit den Fingerspitzen über die dünne, weiße Narbe unter seinem rechten Auge. »Wann soll das gewesen sein?«

»Spielt nicht den Narren, Gwenderon!«, begehrte Cavin auf. »Ihr habt gesiegt. Meinetwegen bringt mich um, wie Ihr meicknen Vater umgebracht habt, aber behandelt mich nicht wie einen Idioten. Wollt Ihr leugnen, dass Ihr meinem Vater und mir aufgelauert habt, als Oro mich zum König des Waldes führte, um …«

»Dem Waldkönig?«, unterbrach ihn Gwenderon. Seine Augen weiteten sich ungläubig. »Ihr … Ihr habt den Waldkönig gesehen, Herr? Ihr … Ihr habt die Megidda betreten?! Ihr wart dort?«

Cavin verstummte verwirrt. Gwenderons Überraschung war nicht gespielt, das spürte er. Der Schrecken in seinen Augen war echt. Und irgendwo, noch tief in ihm und unformuliert, aber allmählich stärker und quälender werdend, begann in Cavin ein furchtbarer Verdacht zu erwachen.

»Aber Ihr wart doch dabei«, murmelte er hilflos.

Gwenderon lachte. Es klang fast wie ein Schrei. »Dabei? Verzeiht, Herr, aber das ist … das ist unmöglich. Kein lebender Mensch hat den König des Schwarzeichenwaldes jemals geseckhen. Was immer Ihr erlebt habt …«

»Ich war da!«, unterbrach ihn Cavin. Plötzlich begann seine Stimme zu zittern. »Ich … Oro brachte mich zu ihm und dann seid Ihr aufgetaucht und habt ihn getötet. Und ich habe Euch im Gesicht verletzt.«

»Ich war nie an diesem Ort«, antwortete Gwenderon leise. »Und auch Euer Vater nicht, Cavin. Oro ist tot. Der Mann, den Ihr für Euren Vater gehalten habt, war Lassar selbst.«

»Das … das stimmt nicht«, wimmerte Cavin. »Das ist nicht wahr, Gwenderon. Ihr lügt! Ich kann mich nicht so getäuscht haben. Ich hätte doch gemerkt, wenn …« Seine Stimme vercksagte. Plötzlich begannen seine Augen zu brennen und zu dem scharfen Blut auf seiner Zunge gesellte sich der bittere Geschmack der Niederlage.

»Ihr könnt ihm nicht glauben«, sagte Karelian leise. Cavin sah auf und starrte ihn an, als sähe er ihn das erste Mal, und auch auf Gwenderons Gesicht erschien ein fragendes Stirnrunzeln. Aber er sagte nichts, sondern stand gehorsam auf, als Karelian ihm ein Zeichen gab, Cavin loszulassen, behielt jedoch das Schwert in der Hand. Er wirkte verwirrt, aber auch wachsam.

»Ihr könnt Gwenderon nicht glauben, denn Ihr meint alles mit eigenen Augen gesehen zu haben«, wiederholte Karelian. »Und ich verstehe Euch sogar, Cavin.« Er lächelte traurig. »Würdet Ihr Faroan glauben, wenn Ihr die Wahrheit aus seicknem Munde hörtet?«

»Faroan?«, murmelte Gwenderon verstört. Karelian beachteckte ihn gar nicht.

»Würdet Ihr ihm glauben, Cavin?«, fragte er.

»Faroan ist … tot«, antwortete Cavin verstört, aber Karelian schien auch seine Worte nicht zu hören. »Würdet Ihr ihm glauckben, wenn er Euch die Wahrheit sagte?«, beharrte er.

Cavin nickte. Er konnte nicht antworten. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Irgendetwas geschah, das spürte er. Etwas Entsetzliches.

»Dann kommt«, sagte Karelian. »Ich bringe Euch zu ihm.«

Das ist nicht notwendig, hörten sie eine Stimme in ihren Geckdanken. Denn ich bin hier.

Noch während sie sich umwandten, wussten sie, welcher Anckblick sie erwarten würde.

Er stand über ihnen auf einem mächtigen Findling, um den sich die Wurzeln der großen Bäume krallten. Er hielt den Magierstab mit dem goldenen Knauf in seiner Rechten und die Linke beschwörend erhoben. Das Licht, das in schrägen Strahlen durch das dichte Blätterdach des Waldes herabströmte, ließ sein weißes Gewand und das Haupthaar und den langen, schneeigen Bart in überirdischer Helligkeit aufleuchten.

Ja, ich bin es, sprach Faroan lautlos. Und ich bin gekommen euch nach Hochwalden zu bringen. Dort wird sich für alles eine Erklärung finden.

30

»Sie sind fort, Herr.« Obwohl sich der Mann alle Mühe gab, sich nichts von seinen Gefühlen anmerken zu lassen, zitterte seine Stimme vor Angst. Er war ein Riese; an die zwei Meter groß, mit einem Gesicht wie aus Stein und Händen, die groß wie Schaufelblätter waren. Trotzdem wirkte er klein und erckbärmlich, wie er vor Lassar stand. Sein Blick flackerte. »Ich … ich verstehe das nicht, Herr«, stammelte er. »Wir … wir haben den Wald abgesucht, jeden Fußbreit, jeden … jeden Zoll. Unsere Männer haben … haben die Festung umstellt. Niemand konnte ihren Ring durchbrechen, Herr. Ich schwöre bei meicknem Leben –«

»Du solltest keine Schwüre leisten, deren Einlösung dir nicht gefällt«, unterbrach ihn Lassar kalt. »Sie sind fort? Alle drei?«

»Der Waldläufer und Gwenderon und … und König Cavin, ja«, bestätigte der Söldner ängstlich.

»Wie?«

»Es … es gibt einen Hohlweg«, antwortete der Krieger. »Ich schwöre, er war vorher nicht da. Wir haben jeden Baum untercksucht, jeden Strauch. Er … er war einfach nicht da. Das ist schwarze Magie. Sollen … sollen wir sie verfolgen? Die Männer haben Angst, aber sie werden es tun.«

»Verfolgen?« Lassar wiederholte das Wort, als habe der Mann etwas unendlich Dummes gesagt. Aber dann lächelte er, sehr dünn und auf eine Art, die den Krieger abermals schauckdern ließ.

»Nein«, sagte er. »Geh jetzt. Was geschehen ist, ist gescheckhen. Geh und sieh zu, dass sich die Tölpel, die du befehligst, nicht noch im Wald verlaufen. Und bringt diese Amazone, die ihr gefangen habt, in mein Zelt. Die anderen Gefangenen könnt ihr töten.«

Er machte eine ungeduldige Handbewegung und der Söldnerführer entfernte sich, rückwärts gehend und so hastig, dass er um ein Haar über den Leichnam eines seiner Männer gestolpert wäre. Lassar unterdrückte ein Lachen.

Erst als der Krieger gegangen und er wieder vollkommen allein war, verzogen sich seine Lippen zu einem dünnen, durch und durch zufriedenen Lächeln. Der Blick seiner aus Schatten geronnenen Augen suchte den Waldrand.

»Faroan, mein Freund«, flüsterte er. »Was bist du doch für ein Narr.« Lassar lachte, schüttelte den Kopf und zwang sein Pferd herum, um in ihr Feldlager zurückzureiten, das zwei Stunden südlich der zerstörten Waldfestung lag. Auf seinen Lippen lag noch immer das gleiche triumphierende Lächeln, als er endlich dort ankam und absaß.

31

Hochwalden brannte.

Der Widerschein der Flammen ließ die Oberfläche des Sees in rotem Licht erstrahlen, als hätte sich sein Wasser in Blut verwandelt. Der Wind trug das Prasseln des Feuers und die Hitze der Glut zu ihnen heran. Beißender Brandgeruch erfüllte die Luft des Waldes.

Ab und zu lösten sich Trümmer aus den berstenden Mauern der Festung und stürzten Funken sprühend wie flammende Sterne in den See. Und dann bebte plötzlich der Boden und der mächtige Hauptturm Hochwaldens neigte sich zur Seite, verckharrte einen Moment wie ein stürzender Riese, der sich noch einmal mit verzweifelter Kraft gegen sein Ende auflehnt, und brach zusammen.

Cavin schloss mit einem Stöhnen die Augen, aber das Bild blieb, als hätten die Flammen Narben in seine Netzhäute gebrannt. Etwas von ihm starb mit dieser Burg.

Das ist Lassars Werk, wisperte Faroans Stimme in seine Geckdanken. Sein Spiel ist nun zu Ende. Er wollte dein Leben zerstören und so zerstört er nun dein Heim. Und das Symbol der Hoffnung aller freien Menschen.

Cavin nickte. Selbst diese kleine Bewegung schien unendlich viel Kraft zu kosten. Er fühlte sich leer. Erschöpft und ausgelaugt wie nie zuvor in seinem Leben.