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Avery, der zu denen gehörte, die im Innern des Kreises herumrannten, wurde vom Ball direkt im Gesicht getroffen. Er ließ sich auf den Boden plumpsen und heulte los. Stevie Whipple half ihm auf und untersuchte seine Nase. »Kein Blut, dir ist nichts passiert. Wie wär’s, wenn du da rübergehst und dich zu Luke setzt?«

»Du meinst, ich soll nicht mehr mitspielen«, sagte Avery schniefend. »Schon okay. Ich kann trotzdem…«

»Avery!«, rief Luke und hielt eine Münze in die Höhe. »Willst du Erdnussbuttercracker und eine Cola?«

Avery kam herbeigetrottet. Den Treffer ins Gesicht hatte er offenbar schon vergessen. »Klar!«

Gemeinsam gingen sie hinein. Avery warf eine Münze in den Snackautomaten, und als er sich bückte, um die Packung aus dem Fach zu nehmen, bückte Luke sich ebenfalls. »Willst du mir helfen, hier rauszukommen?«, flüsterte er ihm ins Ohr.

Avery hielt ihm die Packung Cracker hin. »Magst du welche?« Wobei im Kopf von Luke kurz ein Wort aufleuchtete und wieder verblasste: Wie?

»Ich nehme bloß einen, der Rest ist für dich«, sagte Luke und sandte vier Wörter zurück: Sag ich dir abends.

Das waren zwei Gespräche gewesen, eines laut, das andere mental. So würde es auch mit Maureen laufen.

Hoffte er jedenfalls.

11

Am darauffolgenden Tag brachten Gladys und Hadad Luke hinunter zum Wassertank. Dort überließen sie ihn Zeke und Dave.

»Wir machen hier Tests«, sagte Zeke Ionidis. »Aber böse Jungen und Mädchen, die nicht die Wahrheit sagen, werden untergetunkt. Sagst du die Wahrheit, Luke?«

»Ja«, sagte Luke.

»Hast du die Telep?«

»Die was?« Obwohl er genau wusste, was Zeke der Freak meinte.

»Die Telep. Die TP. Hast du die?«

»Nein. Ich bin TK, schon vergessen? Kann Löffel und anderes Zeug herumschieben.« Er versuchte zu lächeln. »Biegen kann ich die Löffel allerdings nicht. Ich hab’s versucht.«

Zeke schüttelte den Kopf. »Wenn du TK bist und die Blitze siehst, kriegst du die Telep. Wenn du TP bist und die Blitze siehst, schiebst du Löffel herum. So funktioniert das.«

Du hast keine Ahnung, wie es funktioniert, dachte Luke. Keiner von euch hat irgendeine Ahnung davon. Nur fiel ihm ein, dass jemand – vielleicht Kalisha, vielleicht George – ihm gesagt hatte, sie würden merken, wenn er auf die Frage nach den Blitzen log. Das stimmte wohl, womöglich war es auf dem EEG erkennbar, aber wussten die beiden Typen da Bescheid? Das taten sie nicht. Zeke bluffte.

»Ich hab die Blitze zwar ein paarmal gesehen«, sagte Luke. »Aber Gedanken lesen kann ich nicht.«

»Hendricks und Evans sind anderer Meinung«, sagte Dave.

»Ich kann es wirklich nicht.« Er sah die beiden mit seinem treuherzigsten Blick an.

»Wir werden schon rauskriegen, ob das die Wahrheit ist«, sagte Dave. »Zieh dich aus, Kumpel.«

Da Luke keine andere Wahl hatte, zog er sich aus und trat in den Tank, der gut einen Meter breit und zweieinhalb Meter lang war. Das Wasser war kühl und angenehm; so weit, so gut.

»Ich denke gerade an ein Tier«, sagte Zeke. »Was für eines ist das?«

Es war eine Katze. Luke sah kein Bild, nur das Wort, so groß und hell wie eine Bierreklame in einem Kneipenfenster.

»Das weiß ich nicht.«

»Okay, Kumpel, du willst es offenbar nicht anders. Hol tief Luft, tauch unter und zähl bis fünfzehn. Mach eine kleine Pause zwischen jeder Zahl. Eins, Pause, zwei, Pause, drei, Pause, und so weiter.«

Luke gehorchte. Als er wieder auftauchte, fragte ihn diesmal Dave (Familienname bisher unbekannt), an welches Tier er denke. Das Wort, das Luke in seinem Kopf sah, lautete KÄNGURU.

»Das weiß ich nicht. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich TK bin, nicht TP. Und nicht mal TK-pos.«

»Runter mit dir«, sagte Zeke. »Dreißig Sekunden, mit einer Pause zwischen den Zahlen. Ich schau auf die Uhr, Kumpel.«

Der dritte Tauchgang dauerte fünfundvierzig Sekunden, der vierte eine ganze Minute. Nach jedem Mal stellte man ihm eine Frage. Anstatt Tieren nahmen die beiden jetzt die Namen von verschiedenen Pflegern: Gladys, Norma, Pete, Priscilla.

»Ich kann es nicht!«, rief Luke und wischte sich das Wasser aus den Augen. »Kapieren Sie das nicht?«

»Tja, dann werden wir’s jetzt mit einer Minute und fünfzehn Sekunden probieren«, sagte Zeke. »Denk beim Zählen doch mal nach, wie lange du das noch treiben willst. Es liegt in deiner Hand, Kumpel.«

Nachdem Luke auf siebenundsechzig gezählt hatte, versuchte er aufzutauchen. Zeke packte seinen Kopf und drückte ihn wieder nach unten. Nach Luft ringend, kam er nach fünfundsiebzig Sekunden hoch. Sein Herz hämmerte.

»An welche Sportmannschaft denke ich?«, fragte Dave, und Luke sah im Kopf eine helle Kneipenreklame mit dem Wort VIKINGS.

»Das weiß ich nicht!«

»Bullshit«, sagte Zeke. »Versuchen wir’s mal mit eineinhalb Minuten.«

»Nein«, sagte Luke und platschte rückwärts in die Mitte des Tanks. Er bemühte sich, nicht in Panik zu geraten. »Das schaffe ich nicht.«

Zeke verdrehte die Augen. »Sei keine Pussy. Abalone-Taucher können volle neun Minuten unter Wasser sein. Ich verlange gerade mal neunzig Sekunden von dir. Falls du deinem Onkel Dave hier nicht erzählst, auf welche Sportmannschaft er steht.«

»Der ist nicht mein Onkel, und ich hab wirklich keine Ahnung. Lassen Sie mich jetzt raus.« Und weil er nicht anders konnte: »Bitte.«

Zeke zog seinen Schockstock aus dem Holster und drehte den Regler mit einer dramatischen Geste auf maximal. »Willst du, dass ich das Ding da ans Wasser halte? Wenn ich das tue, tanzt du wie Michael Jackson. Komm jetzt wieder her.«

Luke blieb keine Wahl, als zum Rand des Wassertanks zu waten. Es mache Spaß, hatte Dr. Richardson gesagt.

»Noch eine letzte Chance«, sagte Zeke. »Woran denkt er?«

An die Vikings, die Minnesota Vikings, das Team aus meiner Heimatstadt.

»Das weiß ich nicht.«

»Na gut«, sagte Luke in bedauerndem Ton. »U-Boot Luke geht auf Tauchgang.«

»Moment, lass ihm ein paar Sekunden Zeit, sich vorzubereiten«, sagte Dave. Er blickte besorgt drein, was Luke ebenfalls Sorgen machte. »Füll deine Lunge ganz mit Luft, Luke. Und versuch, ruhig zu bleiben. Wenn dein Körper in Alarmbereitschaft ist, verbraucht er mehr Sauerstoff.«

Luke atmete einige Male tief ein und aus, dann tauchte er unter. Er spürte, wie die Hand von Zeke sich auf seinen Hinterkopf legte und ihn an den Haaren packte. Ruhig, ruhig, ruhig, dachte Luke. Aber auch: Du Arschloch, Zeke, du gemeiner Sadist, ich hasse dich!

Er schaffte die neunzig Sekunden und kam keuchend an die Oberfläche. Dave trocknete ihm mit einem Handtuch das Gesicht ab. »Hör endlich auf«, murmelte er Luke ins Ohr. »Sag mir einfach, was ich denke. Diesmal ist es ein Filmstar.«

MATT DAMON verkündete die Kneipenreklame in Lukes Kopf jetzt.

»Ich weiß es nicht.« Luke begann zu weinen. Die Tränen liefen ihm an seinem feuchten Gesicht herab.

»Gut«, sagte Zeke. »Dann nehmen wir jetzt eindreiviertel Minuten. Einhundertundfünf lange Sekunden, und vergiss nicht, zwischen den Zahlen eine Pause einzulegen. Wir machen schon noch einen Abalone-Taucher aus dir!«

Luke holte wieder mehrmals tief Luft, aber als er dann untergetaucht bis hundert gezählt hatte, war er sich sicher, dass er gleich den Mund öffnen und Wasser einatmen würde. Dann würden sie ihn herausholen, wiederbeleben und von vorn anfangen. Das würden sie tun, bis er ihnen entweder sagte, was sie hören wollten, oder ertrank.

Endlich spürte er die Hand auf seinem Kopf nicht mehr. Keuchend und hustend, kam er hoch. Die beiden ließen ihm Zeit, sich zu erholen, dann sagte Zeke: »Vergessen wir mal die Tiere und die Sportmannschaften und so weiter. Sag’s einfach. Sag: ›Ich bin ein Telep, ich bin TP‹, dann machen wir Schluss.«