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Ich hörte ihn durch den Stoff. »Komm, Rufus, Aufilia ist wieder bei der Arbeit, und du mußt dich wieder ins Vergnügen stürzen.« Er lachte ein tiefes, kehliges Lachen. »>Eros macht die Alten zu Narren und die Jungen zu Sklaven.< Sagt der süße Sulla immer, und der sollte es wissen. Aber ich werde nicht zulassen, daß du hier oben herumschleichst und dich nach weiteren Eroberungen umschaust, während der alte Metrobius sich die Seele aus dem Leib trällert.«

Es lag kein Argwohn in seiner Stimme, und zu meiner Erleichterung hörte ich sie im Flur verklingen, als die beiden sich zurückzogen. Aber ich wußte, was ich in seinen Augen gesehen hatte, als unsere Blicke sich trafen. Ein leichtes Runzeln war über seine glatte Stirn gehuscht, und in seinen blassen Augen war kurz Verwunderung aufgeleuchtet, als ob er sich fragte, welcher seiner zahlreichen Diener ich sein könnte, und wenn ich nicht sein Sklave war, wessen dann, und was ich während der Feier hier oben zu suchen hatte. Wenn mein Ausdruck in jenem Augenblick ebenso eindeutig war wie seiner -wenn ich nur ein Zehntel so überrascht und erschreckt ausgesehen hatte, wie ich mich fühlte -, würde Chrysogonus, so schnell er konnte, Leibwächter nach oben schicken, um der Sache nachzugehen.

Ich trat zurück in den Raum. »Rufus hat recht. Wir müssen uns beeilen. Es gibt nur noch eine Sache, nach der ich euch fragen wollte«, sagte ich; tatsächlich war es der einzige echte Grund meines Kommens. »Es gab da ein Mädchen, eine Sklavin, eine Hure - jung, blond und hübsch. Aus dem Haus der Schwäne - Elena.«

In ihren Augen las ich, daß sie sie kannten. Sie tauschten einen verschwörerischen Blick aus, als wollten sie entscheiden, wer das Wort ergreifen sollte. Schließlich räusperte sich Felix.

»Ja, das Mädchen Elena. Der Herr hat sie sehr gern gehabt.«

»Wie gern?«

Es entstand ein angespanntes Schweigen. Ich stand in der Tür und bildete mir ein, Geräusche aus dem Flur zu hören. »Schnell« sagte ich.

Es war Chrestus, der weitersprach - der emotionale Chrestus, der eben geweint hatte. Aber seine Stimme war flach und monoton. »Das Haus der Schwäne, sagst du, also weißt du, woher sie kam. Dort hat der Herr sie gefunden. Sie war von Anfang an anders als all die anderen. Zumindest glaubte das der Herr. Wir waren nur überrascht, daß er sie so lange dort ließ. Er zögerte die Entscheidung hinaus, wie ein Mann vielleicht zögert, eine Braut zu nehmen. Als ob es sein Leben grundsätzlich verändern würde, wenn er sie ins Haus holte, und er sich als alter Mann, der er war, nicht sicher wäre, ob er diese Veränderung noch wollte. Schließlich hatte er sich dazu durchgerungen, sie zu kaufen, aber der Bordellbesitzer war ein zäher Verhandlungspartner; immer wieder hielt er unseren Herrn hin und trieb den Preis in die Höhe.

Sextus Roscius wurde immer verzweifelter. Wegen einer Nachricht von Elena hat er auch an jenem Abend Caecilia Metellas Gesellschaft verlassen.«

»Wußte er, daß sie schwanger war? Wußtet ihr es?«

Sie sahen sich nachdenklich an. »Damals wußten wir es noch nicht«, sagte Chrestus, »aber später war es nicht zu übersehen.«

»Später, als sie in Capitos Haus gebracht wurde?«

»Ah, ja, das weißt du also auch. Dann weißt du vielleicht auch, was sie am Abend ihrer Ankunft mit ihr getrieben haben. Sie haben versucht, ihren Körper zu zerbrechen. Sie haben versucht, das Kind in ihrem Leib zu töten, obwohl sie keine offene Abtreibung vornehmen wollten - aus irgendeinem Grund glaubte Capito, daß das die Götter erzürnen würde. Man stelle sich das vor, ein Mann, an dessen Händen so viel Blut klebt! Er hatte Angst vor dem ungeborenen Leben und dem Geist der Toten, obwohl er die Lebenden mit Freuden erwürgen konnte.«

»Und Elena?«

»Sie haben es nicht geschafft, ihren Willen zu brechen. Sie hat überlebt. Sie haben sie von den anderen getrennt gehalten, aber mir ist es gelungen, ein paar Minuten mit ihr zu sprechen, lange genug, um schließlich ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie schwor, daß sie die Nachricht, die unseren Herrn an jenem Abend auf die Straße gelockt hatte, nie abgeschickt hatte. Ich weiß nicht, ob ich ihr das geglaubt habe. Und sie schwor, daß es sein Kind war.«

Auf dem Boden hinter mir raschelte etwas. Ich packte den Knauf meines Messers und fuhr herum. Ich sah gerade noch den langen Schwanz einer Ratte zwischen den zusammengerollten Teppichen an der Wand verschwinden. »Und dann wurde das Kind geboren. Was geschah danach?«

»Das war das Ende von beiden.«

»Wie meinst du das?«

»Das Ende von Elena. Und das Ende des Kindes.«

»Was ist geschehen?«

»Es war die Nacht, als die Wehen einsetzten. Jeder im Haus wußte, daß ihre Zeit gekommen war. Die Frauen schienen es zu wissen, ohne daß jemand ihnen davon erzählt hatte; die männlichen Sklaven waren nervös und gereizt. Es war derselbe Abend, an dem der Verwalter mir und Felix erzählte, daß Capito uns zurück nach Rom schicken wollte. Zurück zu Magnus, dachten wir; er hielt sich damals noch in der Stadt auf, zusammen mit Mallius Glaucia. Aber der Verwalter sagte uns, nein, wir würden zu einem ganz neuen Herrn kommen.

Am nächsten Morgen holten sie uns in aller Frühe und luden uns zusammen mit ein paar anderen Gegenständen, die für Chrysogonus’ Haus bestimmt waren, auf einen Ochsenkarren - Möbel, Kisten und so weiter. Und als wir gerade aufbrechen wollten, führten sie Elena nach draußen.

Sie war so schwach, daß sie kaum stehen konnte. Dünn und ausgezehrt, mit teigiger und schweißnasser Haut - sie mußte nur wenige Stunden zuvor geboren haben. Auf dem Karren gab es keinen Platz, wo sie sich hinsetzen oder -legen konnte; wir haben ihr, so gut wir konnten, aus Kleidern ein Lager zwischen den Kisten bereitet. Sie war völlig ausgelaugt und fieberte, sie wußte kaum, wie ihr geschah, aber sie fragte ständig nach dem Baby.

Schließlich kam die Hebamme aus dem Haus gerannt. Sie war völlig außer Atem, in Tränen aufgelöst und hysterisch. >Um der Götter willen<, flüsterte ich ihr zu, >wo ist das Kind?< Sie starrte Elena an. Aber Elena war kaum bei Bewußtsein; sie lehnte gegen Felix’ Schulter, murmelte vor sich hin, zitterte, und ihre Lider flatterten. >Ein Junge<, flüsterte die Hebamme, >es war ein Junge.<

>Ja, ja<, sagte ich, >aber wo ist er? Wir brechen jede Minute auf!< Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie verwirrt und wütend ich war. Ich fragte mich, wie wir es je schaffen sollten, uns um eine geschwächte Mutter und ihr neugeborenes Kind zu kümmern. >Tot<, flüsterte die Hebamme, so leise, daß ich sie kaum verstand. >Ich hab versucht, sie aufzuhalten, aber ich konnte nicht - er hat mir den Jungen aus den Armen gerissen. Ich bin ihm bis zum Steinbruch gefolgt und habe beobachtet, wie er das Kind gegen einen Felsen geschleudert hat.<

Dann kam der Fahrer und hinter ihm Capito, der ihn anbrüllte, er solle endlich losfahren. Capito war kreidebleich. Oh, das ist seltsam! Ich erinnere mich jetzt plötzlich wieder! Der Fahrer knallte mit der Peitsche. Die Karre rumpelte los, das Haus wurde kleiner. Alles klapperte und holperte. Plötzlich war Elena wach und wimmerte um ihr Baby, zu schwach, um laut zu schreien. Capito starrte uns hinterher, steif wie eine Säule, mit aschfahlem Gesicht! Und die Hebamme fiel auf ihre Knie, umklammerte seine Schenkel und rief: >Gnade, Herr!< Und als wir gerade auf die Straße einbiegen wollten, kam ein Mann um das Haus gerannt und blieb dann schwer atmend im Schatten eines Baumes stehen - Sextus Roscius. Das letzte, was ich gesehen habe, war die

Hebamme, die sich an Capito klammerte und immer lauter rief: >Gnade, Gnade!<«

Er atmete zitternd ein und wandte sein Gesicht zur Wand. Felix legte seine Hand auf Chrestus’ Schulter und fuhr mit der Erzählung fort. »Das war eine Reise! Drei - nein, vier Tage - auf einem rumpelnden Ochsenkarren. Das reicht, um einem die Knochen zu zerbrechen und den Unterkiefer auszurenken. Wir sind jedes Stück, das wir zu Fuß gehen konnten, gelaufen, aber einer von uns mußte immer mit Elena im Wagen bleiben. Sie konnte nichts essen. Sie konnte nicht schlafen, war jedoch auch nie richtig wach. Das ersparte es uns zumindest, ihr von dem Baby erzählen zu müssen. Am dritten Tag begann sie zwischen den Beinen zu bluten. Der Fahrer konnte bis zum Sonnenuntergang keinen Halt einlegen. Wir haben dann eine Hebamme aufgetrieben, die die Blutung stillen konnte, aber Elena war glühend heiß. Am nächsten Tag ist sie in unseren Armen gestorben, als wir gerade die Porta Fontinalis sehen konnten.«