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Oder er war im Labor und fragte sich, was Carter so lange davon abhielt, wiederzukommen und weiterzuarbeiten.

Als Carter sich der Vorderseite des Bio-Gebäudes näherte, meinte er, einen leichten Geruch von Asche wahrzunehmen. Und als er seitlich herumging, um durch den Ladebereich ins Labor zu gelangen, wurde der Geruch stärker. Zu Halloween flippte das West Village immer ein wenig aus, und Carter nahm an, dass jemand am Abend unbedingt ein Lagerfeuer veranstalten musste. Doch als er zur Rückseite des Gebäudes kam, sah der gelbe Backstein, der schon immer ziemlich schmutzig gewesen war, noch schlimmer aus als sonst, schwarz, schmutzig und verrußt. Der Rauchgeruch war überwältigend.

Er sah den nassen Beton, das gelbe Polizeiband, die hölzernen Absperrungen, die verbogenen Stahltüren und blieb stehen.

Was war hier passiert?

Joe.

Er rannte auf den Ladebereich zu und überwand ohne Mühe zwei der Absperrungen aus Holz. Niemand war zu sehen bis auf zwei Studenten auf der anderen Straßenseite, die sich flüchtig den Schaden besahen. Einer von ihnen hatte einmal in Carters Einführungsseminar gesessen.

»Wissen Sie, was hier passiert ist?«, rief Carter ihnen zu.

»Ich habe gehört, es habe gebrannt. Mehr weiß ich nicht«, sagte sein ehemaliger Student.

»Wurde jemand verletzt?«

Der andere erwiderte: »Ja, ich glaube schon. Aber ich weiß nicht, wer es war.«

Carter sprang auf die Laderampe, die zur Seitentür führte. Ein Polizeiband klebte quer darüber, ebenso ein Warnschild der Feuerwehr

LEBENSGEFAHR –

ZUTRITT BIS AUF WEITERES VERBOTEN.

Carter riss das Band ab und zerrte seinen Schlüssel hervor. Er schloss die Tür auf, aber sie hatte sich im Rahmen verzogen und klemmte. Mit der Schulter stemmte er sich dagegen und drückte sie gewaltsam auf, bis sie über den Beton quietschte.

»Hey, Professor, ich glaube, das ist nicht sicher«, rief sein Student.

Aber Carter hatte die Tür weit genug geöffnet, um hineinschlüpfen zu können.

Außer dem Licht, das durch die offene Tür hereinfiel, war das improvisierte Labor dunkel. Trotzdem war es hell genug, um zu erkennen, dass der Raum vollkommen verwüstet war. Der Boden war nass und mit grauem Schutt, verkohltem Holz und zerbrochenem Glas bedeckt. Die leeren Gehäuse der Deckenscheinwerfer baumelten nutzlos von der Decke herunter. Und in der Mitte des Raumes, dort, wo das Fossil gestanden hatte, war selbst der Betonfußboden verschwunden. An der Stelle war eine Senke entstanden, fast dreißig Zentimeter tief und gleichmäßig schwarz ausgebrannt. Es sah aus, als hätte dort eine Bombe eingeschlagen.

War es das, was geschehen war? Hatte es eine Explosion gegeben? Sie hatten immer vermutet, dass in der Felsplatte gefährliche Gase eingeschlossen waren. Aber das Gestein war stabil gewesen, und sie waren noch nicht mit dem Laser rangegangen.

Oder doch?

Und wo war Joe? War er im Labor gewesen, als der Unfall, oder was immer es gewesen war, sich ereignet hatte?

Carter ließ sich das alles durch den Kopf gehen und versuchte, einen Sinn darin zu erkennen, als er auf der anderen Seite des Labors einen Lichtschimmer bemerkte.

»Wer ist da?«, rief eine Stimme. »Hier ist der Zutritt verboten!«

Es war der Hausmeister.

»Ich bin’s, Hank – Carter Cox.«

Hank kam, eine große Taschenlampe schwenkend, aus dem Lagerraum. »Wusst ich’s doch, dass ich was gehört hatte.«

»Hank, was ist passiert? Wo ist Professor Russo?«

Hank schlurfte herein und bahnte sich seinen Weg durch die nassen Trümmer. »Wer zum Teufel weiß schon, was passiert ist? Ich weiß nur, dass es nicht die Lampen waren.«

»Die was?«

»Der Brandermittler behauptet, dass die Scheinwerfer schuld sind, die ich aufgehängt habe, mit dem separaten Verteilerkasten. Aber die Lampen waren astrein, ich habe sie selbst überprüft.«

»War Russo hier, als es passierte?«, wiederholte Carter.

Hank holte Luft, als sei dies eine Frage, auf die er am liebsten keine Antwort gegeben hätte. »Er und dieser andere Typ, der junge Prof.«

»Welcher andere junge Professor?«

»Mitchell sowieso.«

»Bill Mitchell?« Was zum Teufel hatte der hier zu suchen gehabt? Er hätte im Grunde nicht einmal wissen dürfen, dass dieses Behelfslabor überhaupt existierte.

»Jau. Er hat das meiste abbekommen.« Schweigend biss Hank sich auf die Lippen. »Er ist tot.«

Carter war erschüttert. Sprachlos.

»Das Letzte, was ich gehört habe, ist, dass Ihr Freund Russo noch lebt. Aber nur so gerade eben. Er liegt drüben im St. Vincent’s.«

Hank hatte den Satz kaum beendet, als Carter sich schon abgewandt und auf den Weg gemacht hatte.

»Ich weiß nicht, was hier schiefgelaufen ist«, rief Hank ihm nach, »aber die Lampen waren es nicht.«

Draußen rannte Carter gerade die Treppe der Laderampe hinunter, als eine Limousine am Straßenrand anhielt und eine hochgewachsene schwarze Prostituierte in einer kurzen weißen Kaninchenfelljacke auf der Beifahrerseite ausstieg. Der Wagen fuhr rasch weiter. Erst als Carter an der Hure vorbeiging und diese ihn am Ärmel packte, begriff er, dass es ein Mann in Frauenkleidung war.

»Arbeiten Sie in diesem Gebäude?«, fragte er.

Aber Carter hatte den Arm bereits zurückgezogen. »Lassen Sie mich los, ich habe es eilig.«

»Ich sagte, arbeiten Sie in diesem Gebäude? Wenn ja, dann möchte ich nämlich wissen, was da drin vor sich geht.«

»Wovon reden Sie?«

»Ich war letzte Nacht hier, und ich habe gesehen, was da rauskam.«

Widerwillig blieb Carter stehen. »Was sagen Sie da? Was haben Sie gesehen, was kam da raus?«

»Das ist es ja, was ich gerne wüsste. Ich sah einen Mann, aber eigentlich war es kein Mann. Er bestand vollkommen aus Licht, und er leuchtete.«

Der Typ war nicht ganz dicht.

»Schön für Sie. Aber jetzt muss ich gehen.«

Doch der Mann folgte ihm und packte ihn erneut am Ärmel. Er war stark genug, um Carter aufzuhalten und ihn halb herumzuwirbeln. »Ich habe dem Mann – dem Mann, der eigentlich keiner war – meinen Mantel gegeben. Meinen besten roten Mantel. Wissen Sie, warum?«

»Warum?«

Der Transvestit blickte ihm direkt in die Augen. »Weil er keinen Fetzen Stoff am Leib hatte.«

Carter riss sich los und wandte sich ab. Er hatte keine Zeit für diesen Quatsch.

»Und wissen Sie, aus welchem Grund ich es noch tat?«, rief der Transvestit ihm nach. »Weil ich glaube, dass dieser Mann ein Engel ist.«

An der Ampel musste Carter stehen bleiben und auf Grün warten. Als sie endlich umsprang, eilte er über die Straße.

»Ich behalte Sie im Auge«, rief der Typ. »O ja! Ich weiß, dass hier etwas nicht stimmt.«

Dessen war Carter sich sicher. Aber was immer dieser Kerl gesehen haben mochte oder auch nicht, er hatte keine Zeit, es herauszufinden. Er musste so schnell wie möglich ins Krankenhaus. Er blieb nicht einmal stehen, um ein Taxi anzuhalten, weil er das für eine nicht tolerierbare Verzögerung hielt. Er musste in Bewegung bleiben, und das tat er. Er wich anderen Fußgängern aus, rannte über die Straßen, sobald es grün wurde, und hastete die letzten Blocks auf das Krankenhaus zu.

Solange er sich auf den Weg konzentrierte, musste er nicht darüber nachdenken, was Joe zugestoßen sein mochte. Und in welchem Zustand er ihn im St. Vincent’s finden würde. Lebend oder … sein Verstand konnte es nicht einmal denken. Noch nicht.

Die Ampel sprang auf Grün, und er rannte über eine weitere Straße.