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„Wie entsetzlich!“

„Das ist das Schicksal jedes Sternschiffes, das nicht mehr mit annähernder Lichtgeschwindigkeit fliegen kann. Sofort entsteht zwischen ihm und seinem Heimatplaneten eine Entfernung von Jahrtausenden.“

„Was hat die ›Parus‹ denn übermittelt?“ erkundigte sich Nisa.

„Sehr wenig. Die Sendung wurde mehrmals unterbrochen und verstummte dann gänzlich. Ich erinnere mich an den Wortlaut: ›Hier Parus, hier Parus, fliege sechsundzwanzig Jahre von der Wega entfernt… genügend… werde warten… vier Planeten der Wega… nichts Herrlicheres… welch ein Glück…‹“

„Also riefen sie doch um Hilfe, wollten irgendwo warten?“

„Selbstverständlich, denn sonst hätte das Sternschiff keine so gewaltige Energiemenge für das Senden der Nachricht verbraucht. Mehr war von ihm nicht zu hören.“

„Sechsundzwanzig Erdenjahre Rückflug. Blieben noch etwa fünf Jahre bis zur Sonne. Die ›Parus‹ befand sich demnach irgendwo in unserem Bereich oder noch näher zur Erde.“

„Schwerlich… ausgenommen, sie erhöhte die normale Geschwindigkeit und bewegte sich nahe der Quantengrenze. Aber das ist sehr gefährlich!“

Erg Noor erläuterte kurz die rechnerischen Grundlagen des vernichtenden Sprungs von einem Zustand der Materie in den anderen bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit, merkte aber, daß das Mädchen wenig aufmerksam zuhörte.

„Ich habe alles verstanden, wirklich!“ rief sie, als der Expeditionsleiter seine Erläuterungen abbrach. „Mich hat nur der Gedanke an den Untergang des Sternschiffes immer wieder abgelenkt.“

„Im wesentlichen haben Sie die Sendung also begriffen“, antwortete Erg Noor finster. „Wunderbare Welten müssen sie entdeckt haben! Es ist mein geheimer Wunsch, den Flug der ›Parus‹ zu wiederholen. Bei den Vervollkommnungen seither wäre das jetzt mit nur einem Schiff möglich. Seit meiner Jugend träume ich von der Wega — der blauen Sonne mit den herrlichen Planeten!“

„Solche Welten sehen…“, flüsterte Nisa mit stockendem Atem. „Für die Rückkehr braucht man aber sechzig Erdenjahre oder vierzig abhängige Jahre. Das ist ein halbes Leben!“

„Ja, große Leistungen fordern große Opfer. Doch für mich ist das nicht einmal ein Opfer. Mein Leben auf der Erde bestand bisher nur aus kurzen Unterbrechungen zwischen Sternenflügen. Ich bin sogar in einem Sternschiff geboren.“

„Wie war das möglich?“ fragte das Mädchen verblüfft.

„Die fünfunddreißigste Sternenexpedition setzte sich aus vier Schiffen zusammen. Auf einem davon war meine Mutter Astronomin. Ich wurde auf halbem Wege zum Doppelstern MN 19026 + 7 AL geboren und verstieß damit zweimal gegen die Gesetze. Ich bin bei meinen Eltern im Sternschiff aufgewachsen und erzogen worden und nicht in der Schule. Aber daran ließ sich nichts ändern. Als die Expedition zur Erde zurückkehrte, war ich achtzehn Jahre. Bei der Ableistung meiner Herkulestaten wurde berücksichtigt, daß ich ein Sternschiff steuern konnte, daß ich Astronavigator geworden war.“

„Trotzdem verstehe ich nicht…“, begann Nisa.

„Wie sich meine Mutter dazu entschließen konnte? Werden Sie älter — dann verstehen Sie es! Wie dem auch sei, man trug mich oft zu solch einem Steuerpult wie diesem hier, und ich starrte noch recht verständnislos auf die Bildschirme und verfolgte die darüber hinweggleitenden Sterne. Wir flogen in Richtung Teta Lupi zu einem Doppelstern nahe dem Zentralgestirn: zwei Zwergsterne, blau und orangefarben, von einem Dunkelnebel verdeckt. Mein erster bewußter Eindruck war der Himmel über einem unbesiedelten Planeten, den ich durch die Glaskuppel einer provisorischen Station betrachtete. Auf den Planeten der Doppelsterne existiert wegen der unregelmäßigen Umlaufbahnen gewöhnlich kein Leben. Die Expedition war gelandet und untersuchte sieben Monate lang den Planeten. Dort herrschte, soweit ich mich entsinne, ein unvorstellbarer Reichtum an Platin, Osmium und Iridium. Schwere Iridiumwürfel waren mein Spielzeug. Und dieser Himmel! Schwarz, kalt funkelnde Sterne und zwei Sonnen von unbeschreiblicher Schönheit: die eine hellorange, die andere tiefblau. Bisweilen kreuzten sich ihre Strahlenbündel, dann war unser Planet in ein so warmes grünes Licht getaucht, daß ich vor Begeisterung kreischte und sang.“ Erg Noor schwieg einen Augenblick und fuhr fort: „Genug, die Erinnerung ist mit mir durchgegangen. Dabei müßten Sie längst ruhen.“

„Sprechen Sie weiter, ich habe noch nie etwas so Interessantes gehört“, bat das Mädchen, doch Erg Noor ließ sich nicht erweichen. Er holte einen kleinen pulsierenden Hypnotisator, und Nisa schlief bald darauf ein, sei es unter dem gebieterischen Blick Erg Noors oder unter dem Einfluß des schlafspendenden Geräts. Erst kurz vor dem Übergang zum sechsten Kreis erwachte sie. Dem finsteren Gesicht des Expeditionsleiters entnahm Nisa, daß die „Algrab“ immer noch nicht gefunden war.

„Sie sind gerade zur rechten Zeit aufgewacht“, meinte er, als Nisa vom Elektro- und Wellenbad zurückkam. „Schalten Sie die Musik und das Wecklicht ein. Für alle!“

Nisa drehte schnell an einigen Knöpfen, und in allen Kajüten des Sternschiffes, wo Expeditionsmitglieder schliefen, flackerte das Licht, ertönte die eigentümliche, allmählich stärker werdende Musik tiefer vibrierender Akkorde. Das gehemmte Nervensystem erwachte behutsam und nahm seine normale Funktion wieder auf. Fünf Stunden später versammelten sich in der Steuerzentrale des Sternschiffes alle Expeditionsteilnehmer, durch Speise und Nervenanregungsmittel gestärkt.

Die Nachricht vom Ausbleiben des Hilfsschiffes nahm jeder verschieden auf. Wie es Erg Noor erwartet hatte, war die Expedition der Lage gewachsen. Kein Wort der Verzweiflung, kein ängstlicher Blick. Selbst Pur Hiss, der sich auf der Sirda ziemlich kleinmütig gezeigt hatte, nahm die Mitteilung gelassen hin. Lediglich die junge Expeditionsärztin, Luma Laswi, erblaßte ein wenig und fuhr sich verstohlen mit der Zunge über die trockenen Lippen.

„Gedenken wir der Toten!“ sagte Erg Noor und schaltete den Projektor ein. Auf dem Bildschirm erschienen Aufnahmen von der „Algrab“, die vor dem Abflug gemacht worden waren. Alle erhoben sich. Die Fotos der sieben „Algrab“-Kosmonauten, teils lächelnd, teils ernst, lösten auf dem Bildschirm einander ab. Erg Noor nannte jeden beim Namen, und die Weltraumfahrer sandten den Freunden den letzten Gruß. So war es Brauch bei den Astronauten. Wenn Sternschiffe gleichzeitig in den Weltraum flogen, hatten sie stets die Fotos sämtlicher Expeditionsteilnehmer an Bord.

Verschwundene Sternschiffe konnten noch lange den kosmischen Raum durchfliegen, ihre Besatzungen konnten noch lange am Leben bleiben, doch das Schiff kehrte nie wieder zurück. Und es gab keine Möglichkeit, es zu suchen und ihm Hilfe zu bringen. Die Geräte der Sternschiffe waren bereits so vollkommen, daß kleine Pannen nur sehr selten auftraten und leicht zu beheben waren. Eine schwere Havarie hatte sich noch nie im Kosmos beheben lassen. Mitunter gelang es den Sternschiffen, so wie der „Parus“, eine letzte Mitteilung zu senden. Viele dieser Mitteilungen erreichten jedoch nie ihr Ziel, es war außerordentlich schwer, die Funkwellen genau zu richten. Die Sender des Großen Rings hatten im Laufe von Jahrtausenden die Richtungen exakt ermittelt und konnten sie außerdem variieren, indem sie von Planet zu Planet sendeten. Die Sternschiffe hingegen befanden sich gewöhnlich in noch unerforschten Gebieten, wo die Funkrichtung nur erraten werden konnte.

Unter den Astronauten herrschte die Meinung, im Kosmos gebe es so etwas wie neutrale Felder oder Nullgebiete, in denen alle Ausstrahlungen und Sendungen untergingen wie ein Stein im Wasser. Die Astrophysiker hingegen hielten die Nullfelder bislang für eine Ausgeburt der Raumfahrerphantasie.

Nach dem Trauerritual und einer kurzen Beratung wendete Erg Noor die „Tantra“ in Richtung Erde und schaltete die Anamesontriebwerke ein. Nach wenigen Stunden verstummten sie wieder. Das Sternschiff strebte dem heimatlichen Planeten zu, wobei es pro Tag einundzwanzig Milliarden Kilometer zurücklegte. Bis zur Sonne waren es noch ungefähr sechs Erdenjahre. In der Steuerzentrale und Laborbibliothek wurde eifrig an der Berechnung und Festlegung des neuen Kurses gearbeitet.