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Ein Hauch von dem schwarzen Planeten zog durch den Raum und weckte in den Astronauten Erinnerung an die schrecklichen, aber auch faszinierenden Tage ihres harten Kampfes.

Einige Minuten vergingen. Das tiefe Schweigen wurde nur von den vorsichtigen Bewegungen Eon Tals unterbrochen, der den Bildschirm für Infrarotstrahlung mit einem Polarisator versah, um eine Abstrahlung des Lichts zu verhindern.

Erst ein schwaches Geräusch, dann ein schwerer Schlag — der Deckel des Wassertanks war in die Rupholuzitkammer gestürzt. Wohlbekannte bräunliche Funken blitzten auf — die Fühler des einen schwarzen Scheusals erschienen am oberen Rand des Tanks. Mit einem plötzlichen Sprung flog es empor, dehnte sich im Schutz der Dunkelheit aus, bis es den ganzen Raum der Rupholuzitkammer einnahm und an die durchsichtige Decke stieß. Tausende bräunlicher Sternchen rieselten über den Körper der Meduse; er blähte sich zu einer Kuppel und stemmte sich mit den Bündeln der Fühler gegen den Boden der Kammer. Das zweite Scheusal kroch aus dem Tank und flößte mit seinen schnellen und lautlosen Bewegungen unwillkürlich Furcht ein. Aber hier, hinter, den stabilen Wänden der Versuchskammer und umgeben von ferngesteuerten Instrumenten, waren die schrecklichen Geschöpfe machtlos.

Die Instrumente maßen, fotografierten, berechneten, zeichneten komplizierte Kurven und analysierten die Struktur dieser Wesen nach den verschiedensten physikalischen, chemischen und biologischen Gesichtspunkten. Der menschliche Verstand faßte die Resultate zusammen, erforschte die Struktur der Ungeheuer und unterwarf sie sich.

Wie im Fluge vergingen die Stunden, und Erg Noor war immer mehr vom Sieg überzeugt.

Immer froher wurde Eon Tal, immer mehr Leben kam in Grim Schar und seine jungen Assistenten.

Schließlich trat der Wissenschaftler auf Erg Noor zu. „Sie können ruhig nach Hause gehen. Wir wollen noch das Ende der Untersuchung abwarten. Ich möchte noch nicht das sichtbare Licht einschalten, denn hier können ihm die schwarzen Medusen nicht ausweichen wie auf ihrem Planeten. Erst müssen sie uns alles verraten, was wir wissen wollen.“

„Und Sie werden es erfahren?“

„In drei, vier Tagen werden wir alles wissen, was beim gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse möglich ist. Aber schon jetzt kann man sich ungefähr vorstellen, wie der Lähmungsmechanismus funktioniert.“

„Und Nisa wird geheilt?“

„Ja.“

Erst jetzt spürte Erg Noor, wie schwer ihm jener schwarze Tag — jene Nacht — auf der Seele gelegen hatte. Was galt nun alles andere? Wilde Freude überkam den sonst so zurückhaltenden Astronauten, am liebsten hätte er Grim Schar in die Luft geworfen, den kleinen Wissenschaftler geschüttelt und umarmt. Erg Noor war über sich selbst verwundert. Doch er nahm sich zusammen, und kaum eine Minute später war er so konzentriert wie immer.

„Bei einer künftigen Expedition werden Ihre Untersuchungsergebnisse von unschätzbarem Wert im Kampf gegen Medusen und Kreuze sein!“

„Natürlich, denn jetzt kennen wir den Feind. Aber wird denn nochmals eine Expedition in diese Welt der Finsternis statt finden?“

„Ich zweifle nicht daran.“

Ein warmer nördlicher Herbsttag dämmerte herauf.

Erg Noor ging ohne die gewohnte Eile mit nackten Füßen über das weiche, feuchte Gras. Vor ihm, am Rand des Waldes, stand eine dichte grüne Mauer von Zirbelkiefern, hin und wieder durchsetzt von entlaubten Ahornbäumen. Hier im Naturschutzgebiet griff der Mensch nicht in die Natur ein.

Erg Noor ging durch den harzduftenden dämmrigen Wald und stieg einen Hügel hinan. Der Ring des Naturschutzparkes um die Nervenklinik war nicht breit, und Erg Noor hatte bald den Hauptweg erreicht. Ganz nahe vor sich sah er einige Bassins aus Milchglas. Zwischen Blumenbeeten hindurch kamen einige Männer und Frauen gerannt. Lachend und scherzend ermutigten sie einander und stürzten sich in das herbstlich kühle Wasser. Irgendwo in einer nahe gelegenen Fabrik oder Farm war Mittagspause. Erg Noor mußte unwillkürlich lächeln. Noch nie war ihm, der einen Großteil seines Lebens in engen Sternschiffen verbracht hatten, der heimatliche Planet so herrlich erschienen. Den Menschen, der Natur, allem, was zu Nisas Rettung beigetragen hatte, fühlte er sich zu Dank verpflichtet. Heute war ihm das Mädchen im Garten der Klinik zum erstenmal entgegengekommen.

Nach einer Beratung mit den Ärzten hatten sie sich entschlossen, gemeinsam in ein Neurosanatorium im Polargebiet zu fahren. Es war gelungen, die paralytische Kette zu sprengen, die ständige Hemmung also zu beseitigen, die sich in der Gehirnrinde durch eine Entladung des schwarzen Kreuzes entwickelt hatte. Nun war Nisa wieder völlig gesund. Sie mußte nur ihre einstige Energie wiedergewinnen nach diesem langen kataleptischen Schlaf.

Aus einem Seitenweg sah Erg Noor eine Frauengestalt schnell auf sich zukommen. Unter Tausenden hätte er sie erkannt! Es war Weda Kong. Weda, die ihn früher so stark beschäftigt hatte, bis sich herausstellte, wie verschieden ihre Wege waren.

Erg Noor fiel plötzlich auf, wie sehr sich Nisa und Weda ähnelten. Das gleiche schmale Gesicht mit den weit auseinanderstehenden Augen und der hohen Stirn, mit den geschwungenen Brauen, mit dem zärtlich-spöttischen Ausdruck in den Mundwinkeln. Nur blickte Weda immer beherrscht und nachdenklich, während Nisa den eigenwilligen Kopf des öfteren in jugendlichem Ungestüm zurückwarf oder ihn stirnrunzelnd senkte.

„Warum sehen Sie mich so forschend an?“ fragte Weda erstaunt.

Sie reichte Erg Noor beide Hände. Er ergriff sie und zog sie an seine Wangen. Weda fuhr zusammen und machte sich frei. Der Astronaut lächelte schwach.

„Ich wollte diesen Händen, die Nisa gerettet haben, danken… Ich weiß alles! Ständig mußte jemand bei ihr wachen und… Sie haben auf eine interessante Expedition verzichtet. Zwei Monate…“

„Ich habe nicht verzichtet, sondern auf die ›Tantra‹ gewartet. Und dann war es sowieso zu spät. Außerdem ist sie ein prächtiges Mädchen. Wir sind einander äußerlich zwar sehr ähnlich, doch ist sie dem Bezwinger des Kosmos und der Eisensterne die wirkliche Gefährtin.“

„Weda!“

„Ich scherze nicht, Erg. Noch ist keine Zeit zum Scherzen. Erst muß alles klar sein.“

Sie gingen nebeneinanderher auf dem einsamen Weg und schwiegen, bis Erg Noor wieder begann: „Und wer ist der Richtige?“

„Dar Weter.“

„Der frühere Leiter der Außenstationen! Ich kann mir Dar Weter nur bei seiner Arbeit vorstellen und hielt auch ihn für einen Träumer des Kosmos.“

„Das stimmt. Doch seine Träume von den Sternen sind verbunden mit der Liebe zur Erde. Ein kluger Mensch mit den kräftigen Händen eines geschickten Meisters.“

Erg Noor sah unwillkürlich auf seine schmale Hand mit den langen festen Fingern.

„Wenn Sie wüßten, Weda, wie sehr ich jetzt an der Erde hänge!“

„Nach der Welt der Finsternis und der langen Reise mit der todkranken Nisa. Natürlich! Aber…“

„Gibt mir das nicht eine neue Lebensgrundlage?“

„Kaum. Sie sind ein echter Held und dürsten darum nach Heldentaten. Sie werden Ihre ganze überströmende Liebe ausschließlich dem Kosmos opfern. Aber Sie tun es einzig und allein für die Erde.“

„Weda, im Dunklen Zeitalter hätte man Sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt.“

„Das habe ich schon öfter gehört. — Da ist ja schon die Gabelung! Wo haben Sie Ihre Schuhe, Erg?“

„Im Garten. Ich muß jetzt wohl umkehren.“

„Auf Wiedersehen, Erg! Meine Aufgabe hier ist beendet, jetzt beginnt Ihre. Wo werden wir uns wiedersehen? Etwa erst beim Start des neuen Sternschiffs?“

„Aber nein, Weda! Ich fahre jetzt mit Nisa für drei Monate in ein Polarsanatorium. Besuchen Sie uns und bringen Sie Dar Weter mit.“

„In welches Sanatorium? Ins ›Steinerne Herz‹ an der Nordküste Sibiriens? Oder nach Island ins Herbstlaub?“