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»Gott, was für ein Durcheinander!«

Ellery stand der Unmut ins Gesicht geschrieben. »Sie sprechen mir aus der Seele! Ich bin in meiner zwar kurzen, aber nicht unbedingt erfolglosen Laufbahn auf manch einen komplizierten Fall gestoßen; aber so verdammt verfahren war noch keiner ... Wie ich annehme, haben Sie die neuesten Entwicklungen, soweit sie Fox, den Chauffeur, und Brad betreffen, noch gar nicht mitbekommen.« Der Professor zog die Augenbrauen hoch, und Ellery erzählte ihm, was sich eine Stunde zuvor im Arbeitszimmer von Bradwood zugetragen hatte. »Klar, oder?«

»So klar wie die Fluten des Ganges«, brummte Yardley. »Ich muß schon sagen, ich frage mich langsam ...«

»Was?«

Der Professor zuckte die Schultern. »Ich mißtraue voreiligen Schlüssen grundsätzlich. Was verraten uns die gesammelten Weisheiten in Ihren Händen sonst noch?«

»Vaughn hat schnelle Arbeit geleistet. Der Portier des Park-Theater hat zu Protokoll gegeben, daß eine Frau, auf die Mrs. Brads Beschreibung zutrifft, letzten Dienstag abend das Theater während des ersten Aktes verlassen hat -um einundzwanzig Uhr etwa.«

»Allein?«

»Ja ... Aber hier haben wir noch etwas anderes. Vaughns Männer haben das Original des Postanweisungsformulars über 100 Dollar aufgetrieben, dessen Kopie in Ketchams Besitz ist. Es ist in einem Postamt in Peoria, Illinois, ausgestellt worden ­auf den Namen Velja Krosac.«

»Was Sie nicht sagen!« Der Professor machte große Augen. »Dann haben sie also eine Probe seiner Handschrift!«

Ellery stöhnte. »So viel zum Thema voreilige Schlüsse, denen Sie angeblich so mißtrauen! Es war Druckschrift. Als Adresse war schlicht Peoria angegeben -offenbar hatte Strykers reisender Mannaspender dort einen Zwischenstopp eingelegt, um bei den Einheimischen ein bißchen die Werbetrommel zu rühren ... Noch etwas. Vaughns Experten sind dabei, die Bücher von Brad & Megara zu durchforsten. Klar, liegt auf der Hand. Scheint aber soweit alles korrekt zu sein. Die Firma ist renommiert und sehr wohlhabend, die Finanzen völlig in Ordnung ... Ach, übrigens -unser Globetrotter-Freund Stephen Megara, der sich‘s zur Zeit irgendwo in der Südsee gutgehen läßt, ist seit fünf Jahren nicht mehr aktiv am Geschäft beteiligt. Brad guckt Jonah Lincoln zwar über die Schulter, aber im Grunde schmeißt der junge Mann den Laden allein. Würde mich ja sehr interessieren, was den so nervös macht.«

»Schwierigkeiten mit seiner zukünftigen Schwiegermutter, nehme ich einmal an«, bemerkte der Professor trocken.

Ellery warf den Stapel Papier gelangweilt auf den Marmorboden des Selamik, wie Yardley die Anlage zu nennen pflegte, bückte sich jedoch auf der Stelle, um ihn wieder aufzuheben. Ein bislang übersehenes Blatt war hinten rausgefallen. »Was ist denn das?« Er überflog es mit gierigem Blick. »Bingo! Hier haben wir was!«

Yardleys Pfeife blieb in der Luft schweben. »Was?«

Ellery war aufgekratzt. »Informationen über Krosac! Dem Datum nach ein jüngerer Bericht. Offenbar hatte Crumit ihn bei seinem ersten Schreiben zurückgehalten, dann aber beschlossen, sich ganz aus der Affäre zu ziehen und den Fall dem armen Isham aufzuhalsen ... Ermittlungsergebnisse über einen Zeitraum von sechs Monaten ... Informationen in Hülle und Fülle ... Velja Krosac stammt aus Montenegro!«

»Montenegro? Sie meinen gebürtig? Montenegro existiert als Staat nicht mehr, wie Sie sicher wissen«, erklärte Yardley. »Es gehört heute zu Jugoslawien. Im Jahre 1922 haben sich die Serben, die Kroaten und die Slowenen offiziell zusammengeschlossen.«

»Hmm. Crumits Nachforschungen haben ergeben, daß Krosac zu den ersten Emigranten aus Montenegro nach dem Friedensschluß von 1918 gehörte. In seinem Paß, den er bei der Einreise vorlegen mußte, war unter anderem vermerkt, daß er in Montenegro geboren wurde. Beim Grab des Pharao, der Mann nimmt endlich Gestalt an!«

»Hat Crumit seinen Werdegang seit der Einwanderung in die Vereinigten Staaten rekonstruieren können?«

»Ja, wenn auch eher abrißhaft. Er scheint von Stadt zu Stadt gereist zu sein, vermutlich um sich mit den Leuten und der Landessprache vertraut zu machen. Ein paar Jahre lang hat er dann für ein schäbiges kleines Unternehmen den Hausierer gemacht, legal allerdings, wie es scheint. Er verkaufte kitschige Handarbeitsartikel, gewebte Deckchen und andere Nippsachen.«

»Das machen sie alle«, bemerkte der Professor.

Ellery führte sich den nächsten Absatz zu Gemüte. »Vor vier Jahren ist er dann in Chattanooga, Tennessee, auf unseren Freund Haracht -oder Stryker -gestoßen, und die beiden haben sich zusammengetan. Stryker verkaufte zu der Zeit gerade seine ›Sonnenmedizin‹ -abgefülltes Dorschleberöl mit selbstgemaltem Etikett. Krosac erledigte von da an das Geschäftliche, ließ sich der Publikumswirksamkeit halber auch gleich zu seinem ›Jünger‹ machen und half dem armen Irren schließlich dabei, als Straßenprediger den Sonnen-und Gesundheitskult anzukurbeln.«

»Irgend etwas über Krosacs Bewegungen nach dem Mord von Arroyo?«

Ellerys Gesicht wurde ernst. »Nein. Er ist einfach verschwunden. Und zwar spurlos.«

»Und Kling, Vans Faktotum?«

»Auch von ihm keine Spur. Beide wie vom Erdboden verschluckt. Diese Geschichte mit Kling gefällt mir nicht. Wo zum Teufel steckt er? Wenn Krosac ihn ins Jenseits befördert hat, was ist dann aus der Leiche geworden? Wo hat Krosac sie verscharrt? Eines sage ich Ihnen, Professor, wir werden diesen Fall nicht lösen, bevor wir nicht wissen, was aus Kling geworden ist ... Crumit hat einige Anstrengungen unternommen, eine etwaige Verbindung zwischen Kling und Krosac aufzudecken, aufgrund der hypothetischen Annahme natürlich, sie könnten Komplizen gewesen sein. Aber er hat keine gefunden.«

»Was nicht notwendig bedeutet, daß eine solche nicht existiert.«

»Natürlich nicht. Und wir haben auch keine Möglichkeit festzustellen, ob Krosac noch mit Stryker in Kontakt steht oder nicht.«

»Stryker ... Man könnte meinen, den hätte der göttliche Zorn getroffen«, murmelte Yardley. »Der arme Kerl.«

Ellery grinste. »Sentimentalitäten beiseite, Professor, wir haben es mit Mord zu tun! Diesem Bericht hier zufolge haben die Leute aus West Virginia Haracht identifiziert -als einen Herrn Alva Stryker, wie Crumit schreibt, ein bedeutender Ägyptologe, der -wie Sie mir ja bereits erzählt hatten -vor vielen Jahren im Tal der Könige einen Sonnenstich erlitten hat und seither geisteskrank ist. Soweit sich feststellen läßt, hat er keine Angehörigen und gilt als vollkommen harmlos. Jetzt hören Sie sich das einmal an -Crumit schreibt: ›Der Bezirksstaatsanwalt von Hancock County ist der Auffassung, daß Alva Stryker, der sich Haracht respektive Ra-Haracht nennt, im Mordfall Van nicht zum Kreis der Verdächtigen gehört, jedoch seit Jahren von skrupellosen Opportunisten umgeben ist, die seine ungewöhnliche Erscheinung sowie seine Besessenheit von einer okkulten Sonnenreligion auf perfide Art ausbeuten. Wir sind des weiteren der Auffassung, daß eine Person dieses Typs mit bislang unbekanntem Motiv für den Tod von Andrew Van verantwortlich ist. Indizien und Zeugenaussagen weisen darauf hin, daß es sich bei dieser Person nur um Velja Krosac handeln kann.‹ Sauber!«

»Sieht nach einem Indizienprozeß gegen Krosac aus!« bemerkte der Professor.

Ellery schüttelte den Kopf. »Wie auch immer -wenn Crumit sagt, Krosac ist der Mörder von Andrew Van, hat er den Nagel auf den Kopf getroffen.«

»Was macht Sie da so sicher?«

»Die Fakten. Doch die Erkenntnis, daß nur Velja Krosac als Täter in Frage kommt, ist nicht das entscheidende Puzzleteilchen in unserem Spiel. Die Crux ist« -Ellery beugte sich vor -»Wer ist Krosac?«