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»Einen Moment, bitte.« Megaras Mund glich einem leblosen Strich. »Ein unglaublich präziser und wortgewaltiger Vortrag, Mr. Queen. Leider aber stimmt davon nichts.«

Ellerys Lächeln verlor sich. »Wie? Ich verstehe nicht. Wo, bitte, soll denn der Haken sein?«

»Der Haken an Ihrer Analyse ist die Annahme, Krosac hätte nicht gewußt, daß die Pfeife mir gehört.«

Ellery nahm sein Pincenez ab und begann, die Linsen mit seinem Taschentuch zu polieren - ein untrügliches Zeichen dafür, daß er verwirrt, äußerst zufrieden oder aufgeregt war. »Eine bemerkenswerte Aussage, Mr. Megara, wenn Sie nicht irren. Woher sollte denn Krosac wissen, daß die Pfeife Ihnen gehört?«

»Weil er sie aus einem Etui genommen hat. Haben Sie eines in der Schublade gefunden?«

»Nein.« Ellerys Augen blitzten neugierig. »Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, daß Ihre Initialen auf dem Etui eingraviert waren, Sir!«

»Noch besser«, entfuhr es Megara. »Mein voller Name prangte in Goldlettern auf dem Maroquin! Als ich die Pfeife das letzte Mal sah, war sie in dem Etui, dessen Form natürlich der Pfeife angepaßt und daher genauso auffällig ist. Eine andere Pfeife hätte nicht hineingepaßt, ausgenommen eine detailgetreue Nachbildung.«

»Hervorragend!« rief Ellery mit einem schamlosen Grinsen. »Ich nehme alles zurück. Das gibt uns völlig neuen Auftrieb, Mr. Megara! Da fällt ein ganz anderes Licht auf die Sache! Stoff zum Nachdenken ... Krosac wußte also, daß die Pfeife Ihnen gehört. Dennoch hat er sie bewußt im Gartenhaus zurückgelassen. Das Etui hat er verschwinden lassen -es ist nirgendwo gefunden worden. Warum? Weil wir es sonst gefunden, die augenfällige Ähnlichkeit zwischen Megaras Etui und der Form der vermeintlich in Brads Besitz befindlichen Pfeife bemerkt und sofort gefolgert hätten, daß sie ihm nicht gehörte. Indem Krosac jedoch das Etui beseitigte, konnte er uns vorübergehend vorgaukeln, die Pfeife hätte Brad gehört. Sie verstehen?«

»Warum nur vorübergehend?« fragte Vaughn.

»Ganz einfach«, erwiderte Ellery triumphierend, weil Mr. Megara zurückgekehrt ist, die Pfeife als seine eigene erkannt und uns über das fehlende Etui aufgeklärt hat. Krosac hat gewußt, daß dies unumgänglich war. Wir schließen daraus: Krosac wollte uns -solange Mr. Megara noch auf See war -in dem Glauben wissen, daß die Pfeife Brad gehört und das Verbrechen demzufolge im Gartenhaus stattgefunden hätte.

Krosac hat in Kauf genommen, daß wir nach Mr. Megaras Ankunft herausfinden würden, daß das Gartenhaus nicht der Tatort war; weiterhin hat er einkalkuliert, da unausweichlich, daß wir nach dem wahren Tatort suchen würden. Warum aber sage ich: einkalkuliert? -Weil Krosac offen gestanden hätte, auf einfacherem Wege dafür zu sorgen, daß wir das Gartenhaus als Tatort angesehen hätten -nämlich, indem er eine von Brads eigenen Pfeifen genommen hätte!«

»Sie gehen also davon aus«, wandte der Professor nachdenklich ein, »daß der Mörder es geradezu darauf angelegt hat, daß wir den wahren Tatort finden? Ich verstehe nicht, warum.«

»Ergibt für mich keinen rechten Sinn«, sagte Isham kopfschüttelnd.

»Klarer geht‘s doch nicht«, schmunzelte Ellery. »Verstehen Sie denn nicht -Krosac wollte uns erst jetzt am wahren Tatort haben, vor einer Woche noch nicht - erst jetzt!«

»Aber, Mensch, warum?« fragte Megara ungeduldig. »Das ist doch völlig absurd.«

Ellery zuckte die Achseln. »Soweit bin ich leider noch nicht; aber glauben Sie mir, es gibt eine Antwort, Mr. Megara. Wir sollen etwas finden, während Sie in Bradwood sind, was wir nach Krosacs Regie nicht hätten entdecken dürfen, solange Sie noch irgendwo auf dem Pazifik herumgesegelt sind.«

»Quatsch«, sagte Vaughn voller Unmut.

»Was auch immer das sein soll«, fügte Isham hinzu. »Ich glaub‘ da nicht dran.«

»Ich schlage vor«, entgegnete Ellery, »daß wir tun, was Monsieur Krosac uns aufgetragen hat. Wenn er will, daß wir es finden, dann sollten wir uns an die Arbeit machen. Wenn Sie mir bitte zur Bibliothek folgen wollen?«

14. Das elfenbeinerne Versteck

Die Bibliothek war am Morgen, nachdem man die verstümmelte Leiche aufgefunden hatte, versiegelt worden. Nun betraten Isham, Vaughn, Megara, Professor Yardley und Ellery den Raum; Captain Swift indessen rollte zur Anlegestelle, die Brads und Lincoln hatten sich in ihre Privaträume zurückgezogen, und Dr. Temple war schon vor einiger Zeit gegangen.

Megara stand etwas abseits, während der Raum durchsucht wurde; diesmal ging die Polizei nicht mit der üblichen flüchtigen Routine vor, sondern stellte den Raum mit solcher Gründlichkeit auf den Kopf, die kein Staubkörnchen außer acht ließ. Isham entriß dem Sekretär seine Innereien und bedeckte das ausgeweidete Möbel mit verstreuten Papieren. Vaughn nahm sich das übrige Mobiliar vor, Stück für Stück. Professor Yardley ließ es sich nicht nehmen, den Musikschrank neben dem Flügel im Erker zu durchwühlen.

Die Entdeckung ließ nicht lange auf sich warten. Zumindest war es überhaupt einmal eine Entdeckung; ob es sich nun um diejenige handelte, an der Velja Krosac gelegen war oder nicht, war für den Augenblick belanglos. Die Entdeckung war von großer Bedeutung -und wurde von Ellery gemacht, während er gerade neben dem Inspector herumwühlte.

Dem Zufall -oder der Gründlichkeit -war es zu verdanken, daß Ellery den Diwan an einem Bein faßte und ein Stück von der Bücherwand wegzog, so daß er nun mit allen vier Beinen auf dem chinesischen Teppich stand, während die hinteren beiden zuvor auf dem nackten Boden gestanden hatten. Er schrie laut auf, bückte sich und untersuchte den Teil des Teppichs, den der Diwan verdeckt hatte. Isham, Vaughn und Yardley eilten auf der Stelle hinzu. Megara reckte den Hals, bewegte sich aber nicht von der Stelle.

»Was ist es?«

»So was«, murmelte der Inspector. »War ja auch kaum zu übersehen. Ein Fleck!«

»Ein Blutfleck«, verbesserte Ellery sanft. »Wir wollen doch hoffen, daß mich die Erfahrung mehr gelehrt hat als unser hochverehrter Professor.«

Sie blickten auf einen getrockneten schwärzlichen Fleck, der wie ein Wachssiegel auf den warmen Goldtönen des Teppichs haftete. Nur ein paar Zentimeter weiter befand sich ein quadratischer Abdruck im Teppich; ein Abdruck, wie er entsteht, wenn das Gewicht eines Stuhl-oder Tischbeins jahrelang auf derselben Stelle lastet. Vom Diwan konnte der Abdruck nicht stammen - seine Füße waren rund.

Ellery, der am Boden kniete, schaute einen Moment lang suchend umher. Dann fiel sein Blick auf den Sekretär an der gegenüberliegenden Wand.

»Da müßte doch -«, begann er und schob den Diwan ganz in die Mitte des Raumes. Er nickte. Einen Meter vom ersten Abdruck entfernt war sein Gegenstück zum Vorschein gekommen.

»Wie zum Teufel«, fragte sich Isham, »ist der Fleck bloß unter den Diwan gekommen? Stallings hat mir bei seiner ersten Vernehmung feierlich versichert, hier sei nichts verändert worden.«

»Das bedarf doch wohl kaum einer Erklärung, oder?« antwortete Ellery trocken, wahrend er aufstand. »Es ist auch nichts verändert worden -außer der Lage des Teppichs. Man konnte von dem armen Mann nicht ernsthaft erwarten, daß ihm das auffällt.«

Während er den Blick noch einmal durch die Bibliothek schweifen ließ, begannen seine Augen zu leuchten. Er hatte recht gehabt; der Sekretär war das einzige Möbelstück im Raum, dessen Beine zwei Abdrücke hinterlassen haben konnten, die in Größe und Form exakt mit denen im Teppich übereinstimmten.

Er durchquerte den Raum und hob einen Fuß des Sekretärs an. Direkt darunter erschien im Teppich ein quadratischer Abdruck, der den beiden unter dem Diwan genau glich, wenn man davon absah, daß er nicht annähernd so tief oder scharf umrissen war.

»Wir machen jetzt einmal ein kleines Experiment«, sagte Ellery, während er sich voll aufrichtete. »Wir drehen den Teppich ein bißchen.«