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Er brauchte nur etwa eine Stunde zu warten, da tuckerte Michael Orkins, der Farmer, in seinem klapprigen Auto auf die Kreuzung zu. Old Pete winkte Orkins zu, der hielt an und ließ ihn einsteigen. Dann fanden Sie die Leiche ...

»Den Rest«, sagte Van nüchtern, »kennt Mr. Queen von der Gerichtsverhandlung her.«

»Und es ist Ihnen gelungen, Ihre Brüder zu warnen?« fragte Isham.

»Ja. Als ich mich kurz in meinem Haus umsah, nachdem ich Klings Leiche an der Kreuzung gefunden hatte, habe ich hastig einen kurzen Brief an Tomis hingekritzelt -den Mann, den Sie als Thomas Brad kennen. Daß ich etwas in den Briefkasten der Post warf, als wir daran vorbeikamen, blieb in der Aufregung unbemerkt. Ich habe Tom kurz geschildert, was geschehen war, und ihn vor Krosac gewarnt, den ich bereits auf seinem Rachefeldzug gen Osten wähnte. Ich schrieb ihm auch, daß ich von nun an vollständig in die Rolle Old Petes zu schlüpfen gedachte und bitte weder er noch Stephen dieses Geheimnis irgend jemandem preisgeben sollten. Ich zumindest hatte vor, mich vor Krosac zu schützen, denn ich war tot.«

»Verdammtes Glück hast du gehabt«, versetzte Megara bitter. »Als es Tom nicht gelungen war, mich zu kontaktieren, nachdem er deinen Brief erhalten hatte, muß er den Brief an die Polizei geschrieben haben -als eine letzte Warnung an mich für den Fall, daß ihm etwas zustoßen sollte, bevor ich nach Bradwood zurückkehrte.«

Die Brüder waren blaß und angespannt; beiden war die Krise deutlich anzumerken, die sie durchmachten. Auch Megara war vollends in Krosacs Bann geschlagen. Vom Deck dröhnte das schmutzige Lachen eines Mannes herein, das sie in Alarmzustand versetzte, bevor sie merkten, daß lediglich ein Besatzungsmitglied der Helene einen der Polizisten verulkte.

»Schön und gut«, sagte Isham schließlich, ohne seine Hilflosigkeit verbergen zu können. »Nur kommen wir so nicht weiter. Was Krosac angeht, haben wir es immer noch mit einem Phantom zu tun.«

»Aus Ihnen spricht der Pessimist«, bemerkte Ellery, »allerdings nicht ganz zu Unrecht. Gibt es Leute, die von der Tvar-Krosac-Fehde wissen? Meine Herren, ich nehme an, daß Ermittlungen in dieser Richtung den Kreis der Verdächtigen vielleicht etwas einengen können. «

»Gut«, sagte Ellery. »Dann bliebe nur noch Krosac selbst als potentieller Verbreiter der Geschichte übrig. Vorstellbar wäre es, wenn auch nicht wahrscheinlich. Warum hätte er jemanden einweihen sollen? Krosac ist heute ein erwachsener Mann -und zudem vom Vergeltungswahn besessen. Seine Rachepläne betrachtet er doch sicher als persönliche Angelegenheit; so etwas delegiert man nicht, und Komplizen braucht man dazu ebenfalls nicht. Sehe ich das richtig, Mr. Megara?«

»In Montenegro jedenfalls nicht«, antwortete der Segler niedergeschlagen.

»Für jeden, der sich mit der Psychologie der Blutfehde auskennt«, dozierte Professor Yardley, »ist es axiomatisch, daß lediglich ein Mitglied der Familie die Schande beseitigen kann. Das gilt besonders für die alten Balkanfehden, bei denen es noch um einiges bestialischer zuging als bei unseren.«

Ellery nickte. »Hätte also Krosac irgend jemandem in diesem Land etwas verraten? Wohl kaum. Denn dieser Jemand hätte sofort immense Macht über ihn gehabt; zumindest aber hätte es eine unnötige Spur mehr gegeben; und Krosac ist, der Umsicht nach zu urteilen, die er bisher seiner Monomanie zum Trotz bewiesen hat, äußerst vorsichtig ... Wenn wir nun aber -obwohl das unrealistisch ist -einmal annehmen, es gibt einen Komplizen: Was hätte er ihm schon zu bieten?«

»Gute Frage«, räumte Isham ein.

»Allein schon die Tatsache, daß er aus der Blechdose in Mr. Vans Haus alles Bargeld herausgenommen hat -«

»In der Dose waren einhundertvierzig Dollar«, murmelte Van.

»-zeigt, daß Krosac knapp bei Kasse war und mitgehen ließ, was ihm in die Hände fiel. Das Haus Ihres Bruders Tomislav hingegen ist nicht ausgeraubt worden. Krosac hatte also keinen Komplizen, weil der sich die Gelegenheit, Beute zu machen, sicher nicht hätte entgehen lassen. Nicht Habgier, sondern Rachsucht ist Brad zum Opfer gefallen ... Gibt es weitere Anhaltspunkte dafür, daß kein Komplize existiert? Ja. Als Kling ermordet wurde, hat sich nur ein Fremder in der Umgebung der Kreuzung blicken lassen - und das war Velja Krosac.«

»Was wollen Sie damit beweisen?« brummte Vaughn.

»Einfach nur, daß Krosac mit großer Wahrscheinlichkeit allein arbeitet und auch niemanden eingeweiht hat; denn sein Motiv ist absolut persönlich, sein Vorgehen pathologisch, und er hat nicht zu verschleiern versucht, daß er als einsamer Rächer unterwegs ist. Bedenken Sie bitte, daß Krosac seine Morde quasi unterschrieben hat, indem er beide Tatorte mit seinen Ts dekoriert hat. Das muß ihm auch klar gewesen sein, ob er nun bei Sinnen ist oder nicht; und es erscheint wenig glaubhaft, daß sich -besonders nach dem ersten Mord -jemand mit einem solchen Mann verbünden würde -mit einem so durchtriebenen und dreisten Irren.«

»Und wieder ist das Ergebnis gleich Null«, brummte der Inspector. »Was nützt es uns schon, über einen theoretischen Komplizen zu spekulieren, wenn wir bei der Suche nach dem Haupttäter keinen Schritt vorangekommen sind, Mr. Queen?«

Ellery zuckte mit den Schultern; es war offensichtlich, daß seiner Meinung nach die theoretische Eliminierung eines potentiellen Komplizen oder Mitwissers von hochrangiger Bedeutung war.

Staatsanwalt Isham schritt zwischen den Brüdern rastlos auf und ab. »Hören Sie«, sagte er dann. »Wir sollten uns nicht so schnell damit zufriedengeben, daß ein Mann einfach so verschwindet, ohne eine Spur zu hinterlassen! Wir müssen Genaueres darüber wissen, wie er aussieht. Gut, Sie können uns nicht sagen, wie Krosac heute aussieht. Aber seine generelle Erscheinung werden Sie uns vielleicht noch beschreiben können - ich denke da zum Beispiel an unveränderliche Merkmale ...« Die Brüder sahen einander an. »Das Hinken«, sagte Van schulterzuckend.

»Das habe ich Ihnen doch schon erzählt«, warf Megara ärgerlich ein. »Als Kind hatte er einen leichten Hüftschaden ­nichts Ernstes, aber er hat ein bleibendes Hinken auf dem linken Bein davon zurückbehalten.«

»Bleibend?« fragte Ellery.

Die Tvars blickten ratlos drein.

»Es ist immerhin nicht auszuschließen, daß er sich in den zwanzig Jahren an der Hüfte hat operieren lassen. Was wiederum ein Beweis seiner Gerissenheit wäre, wenn wir uns die Aussage von Croker, der Garagenbesitzer von Weirton, in Erinnerung rufen. Krosac wußte ja, daß Sie ihn als hinkendes Kind in Erinnerung hatten; er könnte also, wie Professor Yardley vermutet, das Hinken nur vorgetäuscht haben ... vorausgesetzt natürlich, daß es in der Zwischenzeit behoben worden ist.«

»Das Hinken kann auch genausogut echt sein«, protestierte der Inspector. »Warum zum Teufel stellen Sie jeden kleinsten Beweis, den wir haben, in Frage, Mr. Queen -«

»Oh, also gut«, erwiderte Ellery trocken. »Krosac hinkt. Aber was haben Sie davon, Inspector?« Er schmunzelte. »Ob er nun wirklich hinkt oder nicht; er wird es zumindest jedesmal dann tun, wenn er einen seiner seltenen Auftritte wagt.«

»Wir haben genug Zeit verschwendet«, brummte Vaughn. »Doch eines steht fest: Sie, Gentlemen, müssen von jetzt an ganz besonders vorsichtig sein und sich schützen, wo Sie nur können. Mr. Van, Sie kehren am besten umgehend nach Arroyo zurück und verstecken sich da. Ich schicke Ihnen ein halbes Dutzend Männer mit auf den Weg nach West Virginia, die in Ihrer Nähe bleiben werden.«

»Um Himmels willen«, stöhnte Ellery entsetzt. »Ist Ihnen nicht klar, was Sie damit täten? Sie würden Krosac direkt in die Hände arbeiten! Wir können davon ausgehen, daß unser Täuschungsmanöver funktioniert hat und Krosac noch immer nicht weiß, wo Andreja Tvar ist, obwohl er vermutlich raus hat, daß er noch lebt. Wenn wir einen solchen Zirkus machen, wird sich Krosac -sofern er auf der Lauer liegt -seinen Teil denken. Und er wird auf der Lauer liegen.«