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»Fußspuren?« echoten alle und spitzten erwartungsvoll die Ohren.

Bill nickte. »Direkt hinter dem Kai ist der Boden sehr weich. Wir haben dort fünf Abdrücke gefunden -drei linke und zwei rechte derselben Schuhgröße -Männerschuhe, Größe achteinhalb etwa. Wer auch immer diese Spuren hinterlassen hat, hinkt!«

»Hinkt?« fragte Yardley. »Woher wollen Sie das denn wissen?«

Bill warf dem großen häßlichen Professor einen mitleidigen Blick zu. »Also ich muß schon - Hören Sie, das ist die dümmste Frage, die ich je gehört habe! Lesen Sie keine Heftchen? Die Abdrücke des rechten Schuhs waren viel tiefer als die des linken. Sehr viel tiefer! Die rechte Ferse hatte sich regelrecht in den Boden gebohrt, während die Abdrücke des linken Schuhs nur schwach zu erkennen waren. Also hinkt er auf dem linken Bein - und zwar schwer!«

»Gute Arbeit, Bill«, sagte Vaughn, während er grimmig zum Antennenmast hochstarrte. »Sollten wir uns im Jenseits wiedertreffen, Mr. Megara, dann hören Sie bitte das nächste Mal auf mich! Keine Bewachung, was? Sie haben ja gesehen, wie weit Sie gekommen sind! Noch etwas, Bill?«

»Nein. Auf dem Kiesweg zwischen dem Grundstück der Lynns und auf der Schotterstraße waren natürlich keine weiteren Fußspuren mehr zu erkennen. Die Jungs verfolgen die Spur des hinkenden Mannes aber sowieso; die Fußabdrücke haben uns darin nur bekräftigt.«

Die »Jungs« hatten in der Tat nicht geschlafen. Eine neue Abordnung junger Beamter jagte über das blaue Wasser der Ketcham‘s Bay zur Jacht; als sie näher heran waren, erkannte man einen stark verängstigten Mann mittleren Alters, den mehrere Beamte umgaben. Er saß auf der Ruderbank und umklammerte deren Kanten fest mit beiden Händen.

»Wen zum Teufel haben die‘n da aufgelesen?« brummte Vaughn.

»Kommt an Bord! Wer ist das?« brüllte er über die immer schmaler werdende Rinne zwischen den beiden Booten hinweg.

»Große Neuigkeiten, Chief!« brüllte einer der Männer in Zivil zurück. »Ein heißer Tip!«

Er half seinem Gefangenen mit einem angedeuteten Tritt sanft die Leiter hinauf; oben angekommen, zog der Mann mit einem matten Lächeln seinen leichten Sommerhut, als sei er zu einem Empfang beim Hochadel geladen. Sie begafften ihren Gast mit unverhohlener Neugier; es handelte sich um einen eher farblosen Zeitgenossen mit Goldzähnen und der Aura heruntergekommener Vornehmheit.

»Wer ist das, Pickard?« fragte der Inspector eindringlich.

»Erzählen Sie Ihre Geschichte, Mr. Darling«, erwiderte der Beamte. »Das ist der Boss.«

Mr. Darling wirkte ehrfürchtig und scheu. »Angenehm, Captain. Nun, viel gibt es da nicht zu erzählen. Ich bin Elias Darling aus Huntington, Captain. Ich besitze ein Tabak-und Schreibwarengeschäft auf der Main Street. Als ich gestern um Mitternacht den Laden schließen wollte, habe ich zufällig vor meiner Tür etwas beobachtet. Ein paar Minuten lang hatte dort eine Limousine geparkt -ein Buick, glaube ich, ja, ein Buick Sedan. Ich hatte zufällig auch beobachtet, wer den Wagen dort abgestellt hatte -ein schmächtiger Bursche mit einem Mädchen im Arm. Als ich gerade den Laden schloß, sah ich einen Mann ­ziemlich groß war der -auf den Wagen zu gehen und hineinschauen. Da fiel mir auf, daß das vordere Fenster offen war, der Wagen nicht abgeschlossen. Prompt öffnete der Mann die Tür, stieg ein, ließ den Motor an und fuhr in Richtung Centerport davon.«

»Na und?« knurrte Vaughn. »Kann doch der Vater des Jungen gewesen sein -oder der Bruder, der Freund, oder irgendwer! Vielleicht war er auch von der Kreditbank und hat den Wagen gepfändet, weil der Junge mit seinen Zahlungen im Rückstand war!«

Mr. Elias Darling fiel die Panik an. »Du meine Güte«, flüsterte er. »Daran habe ich überhaupt nicht gedacht! Und dann beschuldige ich einfach ... Aber bitte verstehen Sie, Captain -«

»Inspector!« brüllte Vaughn.

»Verstehen Sie, Inspector, mir kam das Ganze einfach nicht koscher vor! Ich wollte erst zur Polizei gehen, aber dann dachte ich mir, das geht dich im Grunde überhaupt nichts an. Aber ich erinnere mich genau daran, daß der Mann auf dem linken Bein gehinkt hat, und da dachte ich -«

»Was?« donnerte Vaughn. »Moment! Er hinkte, sagen Sie? Wie sah der Mann aus?«

Als Mr. Darling zu antworten begann, hingen ihm die Männer förmlich an den Lippen; alle glaubten sie, das langersehnte Wunder sei endlich geschehen. Eine Beschreibung von Krosacs Gesicht! ... Doch Pickard schüttelte betrübt den Kopf, und Ellery wußte im voraus, daß Darlings Beschreibung nicht aufschlußreicher ausfallen würde als die von Croker, dem Tankstellenbesitzer von Weirton.

»Ich habe dem Herrn hier schon gesagt«, begann der Kaufmann aus Huntington, »daß ich sein Gesicht nicht gesehen habe. Aber er war groß und breitschultrig, und er hatte eine kleine Reisetasche dabei.«

Isham und Vaughn fiel ein Stein vom Herzen; der Professor schüttelte nur den Kopf. »In Ordnung, Mr. Darling«, sagte Vaughn. »Wir danken Ihnen für Ihre Mühen. Bringt Mr. Darling mit dem Polizeiwagen nach Huntington zurück, Pickard.« Pickard half dem Ladenbesitzer die Leiter hinunter und kehrte zurück, als die Barkasse Richtung Festland glitt.

»Was ist mit dem gestohlenen Wagen, Pickard?« fragte Isham.

»Na ja«, antwortete der Beamte zögerlich. »Da sind wir noch nicht viel weitergekommen. Ein Pärchen, das der Beschreibung von Darling entspricht, hat um zwei Uhr morgens einen Buick Sedan bei der Polizei von Huntington als gestohlen gemeldet ­weiß Gott, wo die gesteckt haben; ich jedenfalls habe keine Ahnung! Der Junge muß wegen seiner Mieze so aufgeregt gewesen sein, daß er glatt vergessen hat, den Zündschlüssel abzuziehen.«

»Habt ihr eine Beschreibung des Wagens rausgeschickt?«

»Jawohl, Chief. Mit Nummernschild und allem.«

»Das wird uns ’nen Dreck nützen«, grummelte Isham. »Ist doch klar, daß Krosac für seine Flucht gestern nacht einen Wagen brauchte -es wäre viel zu riskant für ihn gewesen, um zwei oder drei Uhr morgens mit dem Zug zu fahren, wo sich leicht jemand an ihn hätte erinnern können!«

»Sie glauben also mit anderen Worten«, sagte Ellery, »daß Krosac den Wagen gestohlen, ihn die ganze Nacht gefahren und schließlich irgendwo abgestellt hat?«

»Er wäre jedenfalls ein verdammter Idiot, wenn er immer noch damit herumkutschieren würde!« fauchte Vaughn. »Natürlich hat er ihn abgestellt. Was haben Sie denn jetzt schon wieder daran auszusetzen, Mr. Queen?«

Ellery zuckte mit den Schultern. »Kann man hier denn keine einfachen Fragen mehr stellen, ohne daß Sie einem gleich ins Gesicht springen, Inspector? Nichts habe ich auszusetzen, soweit ich die Sache überblicke.«

»Mir scheint«, bemerkte der Professor geistesgegenwärtig, »Krosac ist ein hohes Risiko eingegangen, indem er sich darauf verließ, in der fraglichen Zeit in der Nähe des Tatorts einen Wagen stehlen zu können.«

»Das einzige Risiko hier sind ahnungslose Laien«, erwiderte Vaughn knapp. »Unser Problem ist die unverbesserliche Gutgläubigkeit der Leute. Sie könnten allein in der nächsten Stunde ein ganzes Dutzend Autos stehlen, wenn Sie es wirklich darauf anlegen - besonders hier auf Long Island!«

»Gut kombiniert, Professor«, bemerkte Ellery hilflos. »Aber ich befürchte, der Inspector hat recht.« Er verstummte und lauschte den schlurfenden Geräuschen über ihnen. Sie blickten auf und sahen, wie der in Tücher gehüllte Körper des Ermordeten vom Dach der Funkerkabine heruntergelassen wurde. An der Reling stand wie versteinert Captain Swift in einem ausgeblichenen alten Südwester, den er über seinen Schlafanzug gezogen hatte, und folgte mit versteinertem Blick dem makabren Vorgang. Neben ihm stand schweigend Dr. Temple und sog an seiner erloschenen Pfeife.

Ellery, Vaughn, Isham und der Professor stiegen nacheinander die Leiter hinunter und gingen an Bord der großen Barkasse, die unten auf sie wartete. Als sie losbrausten, sahen sie noch lange der Helene nach, die sanft auf dem Wasser schaukelte, und beobachteten, wie man Megaras Leiche auf ein anderes Boot verfrachtete. Von weitem schon konnten sie Jonah Lincolns große Gestalt an Land ausmachen; die Frauen waren verschwunden.