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»Das Runenschwert?«

Onno nickte.

»Die Götter sind gegen uns«, flüsterte Hariolf betroffen. »Wir werden in diesem Tal untergehen.«

»Auch Götter sind nicht unfehlbar!« knurrte der Markgraf und trieb seinem Hengst die Sporen in die Flanken. Der Rotfuchs sprang vor, geradewegs auf Reinhold zu. »Für den Wolf von Friesland!« brüllte Onno und schwang sein Schwert gegen den Kriegsherrn der Niederlande.

Funken stoben davon, als Onnos Klinge auf Reinholds Schild traf. Der Niederländer wankte im Sattel. Onno holte zum vernichtenden Schlag aus. Doch Reinhold schleuderte seinen Schild und zwang Onno, sich zu ducken. Als sich der Markgraf wieder im Sattel aufrichtete, fuhr Reinholds Klinge auf ihn herab. Das Runenschwert spaltete Helm und Kopf.

Der tote Onno stürzte in den Schlamm, unter die Hufe der Pferde.

Hariolf verfolgte Onnos Untergang mit Schrecken, doch dann siegte seine Wut, als Reinhold auf ihn zuhielt.

»Komm nur, Verräter!« brüllte der Friesenkönig und hob sein Schwert.

Reinhold preschte heran. Sein Pferd setzte über gefallene Menschen und Tiere hinweg. Seine Augen waren starr auf Hariolf gerichtet. Des Königs Rappe tänzelte unruhig; er schien die drohende Gefahr zu spüren. Hariolf zwang ihn mit eiserner Hand, auf dem Fleck zu stehen, bis Reinhold fast herangestürmt war. Erst dann ließ er den Rappen springen, riß ihn herum und brachte sich auf geschickte Weise in Reinholds Rücken.

Schon fuhr Hariolfs Waffe auf den Feind nieder, der keinen Schild mehr hatte, den Schlag abzuwehren.

Reinhold ließ sich aus dem Sattel fallen, und Hariolfs Klinge durchschnitt pfeifend die Luft. Der Graf von Glander kam blitzschnell wieder auf die Beine und stieß seine Klinge in die Flanke von Hariolfs Rappen. Das Pferd sank nach vorn und schleuderte den Reiter in den Schlamm. Der Friese wälzte sich herum - dann sah er das Runenschwert, das auf seinen Kopf zuflog...

Der Regen peitschte gegen das große Zelt, das in einem kleinen Seitental stand, bewacht von ausgesuchten Männern, Kriegern, denen Reinhold unbedingtes Vertrauen schenkte. Sie gingen für den Grafen von Glander durchs Feuer und stellten sich für ihn sogar gegen die Königin. Starr wie Felsen standen sie im dichten Regen, rund um das Zelt verteilt, und bewachten die wichtigen Gefangenen. Und sie erkannten nicht, wie nahe sie dem Verderben waren.

Der Feind lauerte in den dichten Regenschwaden. In diesem engen Tal bildeten sich Windböen und trieben den Regen vor sich her. Doch die Gestalten, die heranschlichen, wußten sich die schlechte Witterung zunutze zu machen.

Die ersten Wächter starben lautlos. Als schließlich ein Wachtposten einen Warnruf ausstoßen konnte, war es schon zu spät. Die Angreifer hatten bereits die Oberhand gewonnen. Ihre Klingen fuhren in das Fleisch von Reinholds Männern.

Nur einer benutzte keine geschmiedete Waffe, sondern seine Zähne. Otter war froh, daß ihn niemand sah, wie er voller Lust die Kehlen der Männer durchbiß. Er hätte sich vor anderen geschämt, wie er sich vor sich selbst schämte. Aber er konnte nicht gegen seine Natur verstoßen. Als alle Feinde getötet waren, hob er das blutverschmierte Gesicht in den Himmel und wartete geduldig, bis der Regen ihm das Blut abwusch. Er sah Grimberts große Gestalt, die am Zelteingang den letzten Wachtposten niederrang. Dann lief der graubärtige Recke ins Zelt. Otter folgte ihm, befriedigt und von sich selbst angeekelt zugleich.

»Mögen die Götter mit mir sein!« schrie Siegfried, als er sein Pferd gegen Reinhold lenkte. Er wußte, daß es um winzige Augenblicke ging, wollte er Hariolf noch vor der vernichtenden Kraft des Runenschwertes retten.

Eine Menge Recken waren an Siegfrieds Seite gefallen, als sie sich durch das Heer der Niederländer kämpften. Auch durch friesische Klingen, deren Besitzer nicht glauben mochten, daß der Prinz von Xanten auf ihrer Seite focht. Von den über vierzig Recken, die Grimbert ihm an die Seite gestellt hatte, saßen nur noch die Hälfte in den Sätteln. Grimbert selbst war mit einem Trupp, zu dem auch Otter und Wieland gehörten, aufgebrochen, um Sieglind und Amke zu befreien.

Siegfried gab seinem Pferd verzweifelt die Sporen. Der Braune sprang zwischen Reinhold und Hariolf. Die magische Klinge traf das Pferd an der Kruppe. Der Braune jaulte vor Schmerz auf und sackte auf die Hinterläufe. Siegfried sprang aus dem Sattel und stellte sich seinem Kontrahenten.

»Du?« Reinholds Gesicht verdüsterte sich. Siegfried konnte sich nicht erinnern, seinen Zuchtmeister einmal so verblüfft gesehen zu haben.

»Ja, Verräter.«

»Wirf die Waffen weg!« schrie Reinhold. »Dann verschone ich dich. Wir könnten Seite an Seite regieren.«

»Warum, wenn Ihr allein die Macht haben könnt?«

»Der Name des Xantener Königshauses hat einen guten Klang. Viele würden Euch blind folgen, König Siegfried.«

»Ihr wolltet mich nur benutzen!« erkannte Siegfried, und als Reinhold nichts erwiderte, fragte er: »Warum das alles? Bedeutet Euch der Feuergott so viel?«

»Meine Vorfahren stammen von ihm ab, so wie die deinen Wodan ihren Ahnherrn nennen.«

Während er noch sprach, griff Reinhold an. In einer hastigen Bewegung riß Siegfried sein Schwert hoch, um Reinholds Attacke abzuwehren. Siegfrieds Klinge war aus gutem Stahl, doch das Runenschwert zerbrach sie.

»Ein Hieb für dein Schwert, der zweite für dein Leben!« schrie Reinhold und schwang das Runenschwert.

»Rune gegen Rune, und Gott gegen Gott!« stieß Siegfried hervor und hob mit beiden Händen den rautenförmigen Schild.

Er spürte eine ungeheure Kraft, die aus dem Runenschild strömte und ihn erfaßte. Die Wucht von Reinholds Schlag zwang Siegfried in die Knie. Aber sein Schild - der Runenschild - hielt stand.

Reinhold stieß einen wilden Schrei aus; ein Laut des Unglaubens und des Zorns, als er auf sein Schwert starrte. - Das Runenschwert war wieder in zwei Hälften geteilt!

»Der Zauber ist gebrochen.« Siegfried erhob sich und starrte Reinhold an. »Ich rief ihn, und ich bannte ihn - mit der Hilfe Wodans!«

»Die Runen!« Reinhold hielt seinen Blick auf den Schild gerichtet. »Das ist Grimberts Werk!«

»Allerdings«, schnaufte Siegfried. Er sprang vor und schlug seinen Schild gegen Reinholds Schädel.

Der Graf sank zu Boden, und Siegfried warf sich auf ihn. Vielleicht hatte der Prinz die größere Kraft; vielleicht war es die Wut, die ihn außer sich geraten ließ. Er saß schließlich rittlings auf Reinhold, und seine Fäuste schlugen das Leben aus dem Verräter heraus.

Bis ein Schatten auf Siegfried fiel und ihn von dem Gegner riß. Kräftige, scharfe Klauen hielten ihn gepackt. Ein spitzer Schnabel hackte, bohrte sich schmerzhaft in sein Fleisch.

Der rote Falke war zurückgekehrt!

Gib auf, Siegfried von Xanten! dröhnte die unheimliche Stimme in seinem Kopf. Du kannst nicht gegen den Feuergott bestehen. Kein Mensch kann das!

»Kein Mensch, aber ein Gott«, stöhnte Siegfried. »Wodan!«

Er schaffte es, seinen Dolch zu ziehen und in den Falken zu rammen. Mit kräftigen Flügelschlägen flatterte das Tier auf, die Klinge steckte noch in seinem Leib. Der Falke schüttelte sich in der Luft, und die Waffe fiel zu Boden.

Siegfried warf sich herum, als der Falke erneut angriff. Das Tier rauschte dicht über ihn hinweg. Die scharfen Krallen verfehlten ihn nur knapp. Der Xantener kroch zu seinem Dolch und hob ihn auf, doch da kehrte der Falke schon zurück. Er stieß einen gellenden, durchdringenden Schrei aus. Siegfried hatte es für einen Angriffsruf gehalten. Aber es war der Todesschrei. Der große Vogel stürzte zu Boden. In seiner Kehle steckte der Bolzen einer Armbrust.

Siegfried blieb keine Zeit aufzuatmen. Reinhold hatte sich erholt und griff wieder an. Er schwang eine Kette mit einer spitzenstarrenden Eisenkugel über seinem Haupt. Ein Morgenstern! Siegfried konnte sich durch einen Sprung vor dem ersten Schlag in Sicherheit bringen. Doch der Graf setzte ihm nach und schwang die fürchterliche Waffe erneut. Der Prinz von Xanten faßte den Dolch an der Spitze und warf ihn, wie Reinhold es ihm beigebracht hatte. Die Klinge fuhr durch das rechte Auge des Angreifers. Reinhold fiel auf die Knie und ließ den schweren Holzgriff des Morgensterns los. Das Leben verließ ihn.