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»Die rechte«, bestätigte ich. In meinem Gesundheitspass gab es darüber schon keine Eintragung mehr, und ich hatte darauf gehofft, dass niemand davon erfahren würde.

»Nicht so schlimm, ist ganz gut zusammengewachsen«, beruhigte mich Anton. Er nahm sich einen Handdetektor, kam näher und untersuchte mich mit dem Schallkopf, ohne einen Blick auf den Screen zu werfen.

»Annehmbar?«, interessierte sich der Älteste. Er saß im frei gewordenen Sessel, trank bedächtig Antons Getränk aus und rauchte eine Zigarette.

»Der Körper ist in Ordnung«, gab Anton zu, »jetzt prüfen wir den Shunt auf Durchgängigkeit… Wann warst du das letzte Mal auf Toilette, mein Junge?«

»Hä?«, ich verstand den Zusammenhang nicht.

Anton zog eine Grimasse: »Okay, vielleicht bleibt es ihm erspart.«

»Sicher bleibt es ihm erspart«, bekräftigte der Älteste fröhlich.

Anton fasste mich kräftig unter die Oberarme, hob mich hoch und empfahclass="underline" »Halt es zurück!«

Das Kommando gab er sicherlich über seinen Shunt. Ich verlor nämlich sofort das Bewusstsein. Als ich nach einem Augenblick wieder zu mir kam, tat mein Kopf weh und die Hände zitterten leicht. Anton hielt mich noch immer fest. Meine Beine waren nass und über den Boden kroch eine Reinigungsschildkröte, die ab und zu an meine Hacken stieß.

Ich hatte mich bepinkelt!

»Geh duschen, diese Tür da«, sagte mir Anton. »Wasch dich und zieh dich an.«

Er verzog zwar das Gesicht, war mir aber anscheinend nicht böse. Ich nahm meine Sachen und verschwand im Bad, rot wie ein Krebs und davon überzeugt, dass nun alles zu Ende sei.

Ein schönes Modul, bei dem die Schließmuskeln nichts aushalten… Unter der Dusche dachte ich traurig, dass ich besser gleich verschwinden sollte, ohne mich noch einmal bemerkbar zu machen.

Ich ging aber doch zurück.

Anton saß wieder in seinem Sessel, das Köfferchen war verstaut, über die Wände liefen künstliche bunte Verzierungen. Der Älteste rauchte. Der Boden war sauber und trocken.

»Verzeihung«, murmelte ich.

»Ich bin ja selber schuld«, äußerte Anton plötzlich, »hatte dich zu lange unter Spannung.«

»Lange?«, fragte ich irritiert.

»Eine Viertelstunde. Es waren zu interessante Werte. Du hast nicht vierundachtzigeinhalb, wie es im Attest steht, sondern neunzig Komma sieben. Hervorragende Werte. Damit wirst du in die Kriegsflotte aufgenommen, Abteilung Pilot und Raumschiffkapitän.«

Der Älteste schien meine Angst zu verstehen.

»Aber wir nehmen dich doch, wir nehmen dich«, sagte er, »wenn du unbedingt willst, bist du als Modul eingestellt.«

»Obwohl ich empfehlen würde, das Gehirn zu schonen«, bemerkte Anton. »Verstehst du, mein Freund, die Stirnhirnlappen sind nicht für den Dauerbetrieb geschaffen. Sie… wie soll ich das ausdrücken… schlafen ein. Sie fangen an zu faulenzen. Mit allen unangenehmen Folgen…«

Plötzlich fing er an zu lachen. Ich ahnte den Grund und wurde wieder rot.

»Zusammengefasst, ich würde dir abraten«, fuhr Anton schon ernster fort, »ehrlich. Aber wenn du darauf bestehst, nehmen wir dich mit Kusshand. Wir brauchen immer Module.«

»Ich… ich bin bereit.«

»Musst du noch irgendwelche Dinge regeln?«, fragte mich der Älteste.

»Ja.«

Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich alles so schnell entscheiden würde!

»Dann komm morgen früh hierher. Wir starten am Abend… Wobei dir das eigentlich egal sein kann.«

Ich nickte und zog mich zur Tür zurück.

»Warte!«, rief Anton plötzlich. »Ich möchte dir noch eine Sache erklären, mein Junge. Jetzt unterhalten wir uns mit dir, und das ist für uns angenehm, denn du bist ein kluger, tapferer Kerl. Der durchaus unser Kollege werden könnte… unser echter Kollege. Wenn du aber ein Modul wirst, wird sich alles verändern. Wir werden uns dir gegenüber völlig anders verhalten. Auch wenn du dir nach der ersten Reise das Kosmodrom des anderen Planeten anschauen wirst, noch fröhlich, neugierig und interessiert. Wir werden uns mit dir dann nicht mehr unterhalten, Späße machen und lachen. Wir haben nämlich Hunderte von solchen wie dich gesehen, am Anfang noch klug, mutig und gut. Und wenn man euch wie normalen Menschen begegnen würde, nachdem ihr an den Dauerbetrieb angeschlossen wart, dann würden das die stärksten Nerven nicht aushalten.«

Ich fühlte mich wie nach einem Schlag ins Gesicht. Ich würgte an einem nicht existenten Brocken im Hals, denn ich mochte den Ältesten und sogar den gemeinen, fiesen Arzt.

Jetzt jedoch sahen sie mich sehr ernsthaft an und…

Genau wie ich die Eltern, als sie mir vom »Haus des Abschieds« erzählten.

»Als Mannschaftsmitglied und Miteigentümer des Raumschiffs, der damit seinen Lebensunterhalt verdient, möchte ich dich sehr gern als Modul anwerben«, sagte der Älteste und hüstelte, »aber als Mensch, der selbst Söhne großzieht, würde ich dir nicht zuraten.«

»Ich komme«, flüsterte ich.

»Hier, nimm!« Der Älteste kam auf mich zu und gab mir einige zusammengeheftete Blätter.

»Das ist unser Arbeitsvertrag für Module. Es ist ein Standardvertrag, genau wie er von der Gilde empfohlen wurde. Lies ihn dir trotzdem sorgfältig durch. Alles Weitere ist dann deine Entscheidung.«

Ich nahm den Vertrag an mich und verließ den Raum. In meinem Kopf summte es und die Haut über dem Ohr um den Shunt herum juckte ein wenig. Das kam von der Aufregung.

Außerdem war mir unheimlich, dass sowohl der Älteste als auch der Arzt ehrlich zu mir gewesen waren. Dass sie gute Menschen waren.

Dass ich vorhatte, sie alle zu betrügen.

Kapitel 2

Lediglich Gleb begleitete mich zum Abschied.

Schwänzte die Schule und kam mit.

Bis zur letzten Minute nahm er mich nicht ernst, obwohl er die leere Wohnung gesehen hatte, aus der das städtische Mobiliar abgeholt und alles, was den Eltern gehörte, in einem kleinen Container im Keller eingelagert war.

»Du bist geisteskrank«, stieß Gleb aus, als der Bus zum Kosmodrom einbog. Er begann mir zu glauben. »Dabei verblödest du doch! Sag mal, hast du nie alte Module gesehen?«

»Die haben nicht rechtzeitig aufgehört«, sagte ich. Meinen Koffer mit den Sachen hielt ich auf den Knien. Laut Vertrag standen mir zwölf Kilogramm Gepäck zu.

»Auch du wirst nicht rechtzeitig den Absprung schaffen. In fünf Jahren verkalkt das Gehirn!« Gleb leckte sich über die Lippen. »Ich habe ein Los der Imperiumslotterie, weißt du das eigentlich?«

Ich wusste es. Gleb hatte eine Chance von eins zu zwanzig, eine kostenlose Ausbildung auf einem beliebigen Gebiet zu gewinnen. Er wollte natürlich Pilot werden.

»Willst du es haben?«

»Deine Eltern schlagen dich tot!«, erwiderte ich.

»Nein. Sie schlagen mich nicht tot. Ich habe bereits mit ihnen gesprochen. Ich kann das Los auf dich überschreiben lassen. Willst du?«

Ein Los der Imperiumslotterie — das ist schon was. Ich hätte nicht mal davon träumen können. Dafür habe ich einen Neuroshunt Kreativ und Gleb nur einen Neuron.

»Danke, Gleb. Ist nicht nötig.«

Er klimperte verstört mit seinen feuchten, weißen Wimpern. Gleb ist nämlich äußerst blass und hat ganz helle Haare. Das ist bei ihm keine Mutation, sondern Erbmasse.

»Tikkirej, ehrlich…«

»Gleb, am Abend bin ich im Kosmos.«

»Das bist nicht du«, flüsterte Gleb.

Als der Bus am Hotel hielt, reichte er mir zögernd seine Hand. Ich drückte sie und fragte: »Kommst du mit rein?«

Gleb schüttelte den Kopf, und ich versuchte erst gar nicht, ihn zu überreden. Ein langer Abschied würde nur überflüssige Tränen bedeuten.

Auf mich wartete der Kosmos. Ich wusste nicht, wo der Älteste und die anderen Mannschaftsmitglieder wohnten. Deshalb ging ich zum Zimmer des Arztes.

Die Zimmertür war wieder nicht geschlossen und die Badtür weit geöffnet. Anton stand in der Unterhose vor dem Spiegel und rasierte sich mit einem uralten mechanischen Rasierapparat. Als ob man sich nicht seine Haarfollikel ein für allemal wegreißen lassen könnte.

»Aha«, sagte er, ohne sich umzusehen. Ich sah nur seine Augen im Spiegel, aber mir schien, als ob sich ihr Ausdruck verändert hätte.