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Und ich verließ mich auf ihn. Ich krümmte mich im Koffer zusammen, schluckte meine Tränen herunter, spürte die erniedrigend nasse Windel an mir und schwieg. Der Koffer stand bestimmt schon eine halbe Stunde herum, rings um mich war es still, als ob man ihn vergessen hätte. Als Stasj die Kleidung über mich legte, hielt ich meine Hand günstig, sodass sich die Uhr vor meinen Augen befand und ich die Zeit erkennen konnte, ohne mich groß bewegen zu müssen, da ich mit der Nase den Knopf für die Beleuchtung drücken konnte.

Endlich hörte ich Lärm, das Knarren von sich öffnenden und schließenden Türen, schlurfende Schritte. Ich hörte ein Murmeln, als ob jemand Selbstgespräche führen würde.

»So nicht, meine Herrschaften, so geht das nicht… So funktioniert das nicht… Wie kann man bloß ohne Einlagerungsquittung Sachen abstellen? Und wenn Ihr Mister Smith nun behaupten würde, dass in seinem Koffer ein Brillant von einem halben Zentner Gewicht wäre, was dann? Und wenn in seinem Koffer ein Käfig mit dem Lieblingshamster ist und das Tierchen abkratzt?«

Die Stimme war weiblich und alt, vor meinen Augen erschien bildhaft ein Mütterchen von hundert Jahren, das sich in der Gepäckaufbewahrung des Kosmodroms ihre Rente aufbesserte. Beinahe hätte ich gelacht. So sieht also die Immunität des Gepäcks in Wirklichkeit aus! Der Cargomeister hatte es nicht riskiert, hineinzuschauen, der Schichtleiter, die Gepäckträger — alle hatten Bedenken, den Koffer zu scannen.

Aber die Alte, die nichts mehr schrecken konnte, machte sich daran, ein von der Überprüfung ausgeschlossenes Gepäckstück zu öffnen!

Sie würde sich ordentlich wundern, wenn sie gleich den »Hamster« entdeckte!

Ich hegte eine kurze Hoffnung, dass sie mit den Schlössern nicht zurechtkommen würde. Sie waren immerhin mit einem komplizierten elektronischen Code ausgerüstet, eine spezielle Schlüsselkarte war notwendig… Ich hoffte darauf, wünschte aber gleichzeitig, dass der Koffer geöffnet wurde. Alles war besser als diese Ungewissheit.

Die Alte kramte herum, dann vernahm ich ein Klicken, als ob Metall an das Plastikschloss gepresst würde. Stimmt, in der Gepäckaufbewahrung müsste es einen elektronischen Dietrich geben. Vergessene Koffer mussten ja geöffnet werden.

»So was Kompliziertes«, meinte die Alte abfällig, »also, wer sich das ausgedacht hat…«

Eine Minute nach der anderen verging. Mir schien, die Schlange wäre schneller damit fertig geworden. Es genügte, an sie zu denken, und schon regte sie sich, löste sich von der Hüfte und legte sich bequem in den Ärmel. Aber wobei konnte sie mir behilflich sein? Ich würde ja wohl kaum gegen eine Großmutter kämpfen? Oder hätte ich keine Alternative und wäre gezwungen zu schießen?

Ich schaffte es nicht, den Gedanken zu Ende zu führen. Über meinen Kopf klickten die Schlösser und durch die auf mich gehäuften Sachen drang Licht.

»Wer packt nur so seine Sachen!«, sagte die Alte ärgerlich zu sich selbst, »alles zerdrückt…«

Ich spürte, wie sie wühlte, die Sachen herausnahm und wandte den Kopf zur Seite. Gerade rechtzeitig, als ein Hemd von meinem Gesicht genommen wurde und ich auf die Alte blickte.

Na ja, so alt war sie nicht, wie ich dachte, aber auch nicht mehr jung. Sie sah so friedlich aus, wie man sich das nur vorstellen konnte: Sie hatte ein kariertes Kopftuch umgebunden, auf der Nase saß eine altmodische Brille, durchsichtig zum Zwecke der Augenkorrektur bei Fehlsichtigkeit, nicht etwa eine Sonnenbrille.

Die Brille fiel fast von der Nase, als das Mütterchen zurückschreckte.

»Herr im Himmel!«, flüsterte sie fassungslos und griff sich an die Kehle, als ob die Luft knapp würde. »Bei allen Heiligen…«

»Keine Bewegung!«, schrie ich. Wollte ich schreien… Heraus kam ein höfliches, bittendes und ganz leises »Bleiben Sie stehen…«.

»Was?«, fragte die Alte neugierig.

»Bleiben Sie bitte stehen«, sagte ich schon lauter.

Die Alte bekreuzigte sich. Und begann zu schimpfen: »Wer hat dich denn hier reingesteckt, mein Kleiner? Was ist das nur für ein Unmensch… Ich hol gleich die Polizei und ruf einen Arzt…«

»Nein!«, schrie ich. »Bleiben Sie stehen! Sie brauchen niemanden zu holen!«

Wäre die Alte hirnamputiert, hätte sie auf keinen Fall meine Bitte erfüllt. Aber sie war augenscheinlich normal. Sie hörte auf zu krakeelen.

Im Gegenteil, sie verzog ihr Gesicht und fragte: »Bist du etwa von allein… hm?«

»Von allein«, griff ich nach dem Strohhalm. Ich rutschte hin und her, versuchte mich zu strecken und aus dem Koffer zu klettern, aber es wollte mir nicht gelingen. »Ich wollte… Auf den Inej wollte ich.«

»Durchwalken sollte man dich!« Mit diesen Worten fasste mich die Alte an den Schultern. Ihre Hände waren unerwartet kräftig, mit Leichtigkeit zog sie mich aus dem Koffer und ich konnte mich endlich umschauen. Natürlich nicht sofort. Zuerst streckte ich mich und richtete mich auf, die Beine wollten sich nicht bewegen und der Magen krampfte sich zusammen.

Der Koffer stand auf einem langen, Trostlosigkeit ausstrahlenden Metalltisch in der Ecke eines riesigen Raumes. Der übrige Platz wurde von Regalen eingenommen, auf denen sich bis zur Decke Koffer, Taschen, Pakete, Rollen, Container, Kisten und formlose Haufen stapelten. Ich erspähte ein paar Sporträder (mit nach innen gelegten Lenkern und Pedalen), ein zwei Meter langes Stück einer Marmorsäule (umwickelt mit schützenden Flexbändern), ein Kinderauto (ich würde mit Müh und Not selbst hineinpassen, besonders in meiner jetzigen Situation), eine Statue, die einen nackten Jungen mit Pfeil und Bogen darstellte (das war ein antiker Gott, aber ich hatte vergessen, welcher — sicher der Schirmherr der Jagd).

Was die Leute nicht alles auf ihre Sternenreisen mitnahmen!

»Kannst du dich aufrichten?«, fragte die Alte trocken und neigte sich zu mir. Sie war doch schon alt, aber noch stark und das Altmodische an ihr war eigentlich nur das Kopftuch — ansonsten trug sie einen Jeansanzug und Dockers-Schuhe auf hohen Sohlen. Ich versuchte, vom Tisch zu springen, und wäre beinahe gefallen. Stehen konnte ich nur zusammengekrümmt und fühlte mich wie ein altersschwacher Greis während einer Rheumaattacke.

»Wie kann man nur so verrückt sein?«, regte sich die Alte weiter auf. »Bist du eigentlich ganz richtig im Kopf? Wolltest du ein Abenteuer erleben? Und wenn du in den Gütergepäckraum gekommen wärst, was dann? Und wenn sie dich erwischt hätten? Glaubst du, sie hätten dich ausgeschimpft und dann laufen lassen? Weißt du, was jetzt mit deinen Eltern passieren wird?«

»Nichts«, murmelte ich. Ich musste dringend auf die Toilette… Was war heute nur mit mir los? »Sie sind tot.«

Der Zorn der Alten wich augenblicklich ihrem Mitleid. »Lieber Gott… Was hast du nur, mein Kleiner?«

»Gibt es hier eine Toilette?«, brummelte ich.

»Komm mit…«

Die Alte half mir zu einer unscheinbaren Tür. Bevor ich durch die verschwand, bat ich sie so Mitleid erregend wie möglich: »Verraten Sie bitte niemandem, dass Sie mich gefunden haben! Bitte! Ich werde Ihnen gleich alles erklären!«

Nach einigem Zögern nickte die Alte. Irgendwie vertraute ich ihr und ohne weiteres Zögern verschwand ich in der Toilette.

Was für eine Erleichterung war es doch, diese verdammten Pampers loszuwerden!

Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie ich in der Kindheit Windeln trug, aber bestimmt hatte ich es nicht erwarten könne, sie endlich nicht mehr zu brauchen.

Als ich nach einiger Zeit herauskam, hatte die Alte bereits zwei Stühle an den Tisch gestellt. Auf einem saß sie selbst, den anderen wies sie mir zu.

»Sie haben niemandem von mir erzählt?«, vergewisserte ich mich auf alle Fälle.

»Nein. Setz dich und erzähle. Und… wie heißt du, Junge?«

»Tikkirej.«

»Und merke dir, Tikkirej, wenn du mich belügst, übergebe ich dich sofort der Polizei!«

Das war keine leere Drohung. Ich nickte. »Ich werde nicht lügen. Aber glauben Sie mir, alles ist ziemlich verworren.«