Sandra.
Und etwa fünfhundert Meter hinter eben diesem Holzkreuz war er auf den liegengebliebenen Leichenwagen gestoßen. Ronnie drosselte das Tempo und stellte den Opel schließlich am Straßenrand ab. Erwartungsgemäß war der Leichenwagen inzwischen verschwunden. In der Hoffnung, vielleicht eine Spur oder irgendeinen Hinweis auf seinen Verbleib zu entdecken, stieg er aus.
Die Sonne war inzwischen vollständig untergegangen und ein kreisrunder Mond stand am schwarzblauen Himmel. Ronnie bildete sich ein, das Rauschen des Meeres zu hören, war sich aber nicht sicher, ob es sich nicht doch um das Geräusch des Windes handelte der durch die angrenzenden Wälder wehte. Er folgte einige Meter dem schmalen Grasstreifen zwischen der auf dem Asphalt aufgemalten Seitenlinie und dem angrenzenden Straßengraben, dessen Anblick ihn unweigerlich an eine Kreuzung aus Sumpflandschaft und Mülldeponie denken ließ.
Plastiktüten, Tetra-Packs, Papiertüten und Becher einer amerikanischen Fastfood-Kette, Zigarettenschachteln. Bedeutungsloser Müll. Aber zwei Dinge erregten Ronnies Aufsehen und er kletterte vorsichtig den rutschigen Grashang in den Graben hinunter, um sie näher in Augenschein zu nehmen.
Ein Fahrrad mit Anhänger.
Es war zwar nicht neu, aber ohne jeden Zweifel fahrtauglich. Er wunderte sich, wer ein solches Gespann achtlos in einem Straßengraben entsorgte. Aber er sah noch etwas anderes:
Einen Autoreifen. Genauer gesagt, ein vollständiges Rad, bestehend aus der dazugehörigen Felge und den Überresten eines geplatzten Reifens.
Ohne jeden Zweifel hatte er also die richtige Stelle gefunden. Hier hatte der defekte Leichenwagen gestanden. Und wie Ronnie es schon befürchtet hatte, war dieser nun verschwunden.
Er war zu spät gekommen.
KAPITEL 19
Adam hörte Geräusche. Irgendjemand trieb sich hier herum und er wollte unbedingt herausfinden, um wen es sich dabei handelte.
Er trat aus dem Schutz der dichten Farne auf den Waldweg hinaus, den das Mondlicht in geheimnisvolles Licht tauchte.
Bingo!
Gebückt pirschte er sich an den abgestellten Wagen heran.
Und immer wieder hatte er dabei seinen Bruder vor Augen, wie er sich just in diesem Augenblick im Inneren des Schlosses mit dieser Sandy vergnügte.
Sie begrabschte.
Sie küsste.
Sie folterte.
Sie vögelte.
Seine Sandy.
Das ist so unfair. Ich muss mich hier draußen herumtreiben, während er es da drinnen mit ihr treibt.
Dabei hatte sein Bruder ihm beim letzten Mal versprochen, dass er dieses Mal zuerst ran durfte.
Das war garantiert das letzte Mal gewesen, dass er sich auf diese Schnick-Schnack-Schuck-Scheiße eingelassen hatte. Der Teufel wusste, warum sein Bruder immer schon vorher ahnte, für was er sich entschied.
Scheiß Stein schlägt Schere.
Scheiß Schere schlägt Papier.
Scheiß Papier schlägt Stein.
Seine Eingeweide krampften sich bei dem bloßen Gedanken zusammen. Dabei wäre sein Bruder ohne ihn überhaupt nicht auf die Idee mit dem Schloss gekommen. Und von dem Kellerraum hätte er auch nichts erfahren. Ganz zu schweigen von dem genialen Versteck, das Adam entdeckt hatte.
Das Versteck in dem sie...
Wütend trat er in den weichen Waldboden. Lehmklümpchen klatschten gegen die Scheinwerfer des Autos und Adam ärgerte sich über seine eigene Unbeherrschtheit. Er hatte wahrlich keine Lust, seine Anwesenheit zu verraten, bevor er herausgefunden hatte, was im Inneren des Wagens vor sich ging. Vielleicht würde er ja doch noch auf seine Kosten kommen. Sollte sein Bruder diese blöde Schlampe doch alleine ficken. Er würde sich einfach eine andere suchen.
Geduckt schlich er um die Motorhaube des Wagens herum und riskierte einen Blick durch das Fenster der Fahrertür. Beide Frontsitze waren verwaist. Die hinteren Seitenfenster waren mit schwarzer Folie abgeklebt, so dass er nichts weiter erkennen konnte, ohne dass er sich gegen die Scheibe hätte lehnen müssen.
Zu gefährlich, dachte er. Wenn sie wirklich da drin waren, sollten sie ihn noch nicht entdecken.
Ein Ast knackte unter seinem Fuß und Adam fluchte leise, während er den Übeltäter mit der Fußspitze unter den Wagen schob. Neben der hinteren Tür ging er in die Hocke und rückte so nah wie möglich an das Fahrzeug heran.
Perfekt.
Von hier aus konnte er das Geschehen im Wagen sozusagen aus erster Reihe belauschen. Und dann hörte er auch schon die nörgelnde Stimme des Mädchens.
„Warum fahren wir nicht einfach nach Hause? Im Auto ist irgendwie nicht so mein Ding. Ich fühle mich ständig beobachtet. Vielleicht ist dein Auto auch einfach zu klein für mein Ego.“
Adam vermutete, dass Letzteres wohl ein Scherz gewesen sein sollte, aber niemand lachte darüber. „Was ist denn los, Sweety? Ist doch mal was anderes als immer nur im Bett oder auf dem Küchentisch.“
Außer dem Mädchen befand sich also noch ein Typ in dem Wagen. Offensichtlich ihr Macker.
„Pass bloß auf, ich glaube du verwechselst da was. Mit mir hast du es noch nie auf dem Küchentisch gemacht.“
„Hab ich nicht? Ups.“
„Du Penner, dir werd´ ich helfen!“
Adam hörte lautes Gekicher. Zu gerne hätte er einen Blick durch die Scheibe riskiert, aber er traute sich einfach nicht.
Noch nicht.
„Hey, was machst du da? Jenny, so kenne ich dich ja gar nicht.“
„Gefällt´s dir nicht?“
„Doch, es ist sogar…. Oh… Jaa...“ Es war ein tiefes, lustvolles Seufzen.
Adam hockte noch immer neben der Wagentür und lauschte dem Treiben des Paares. Sein Mund war trocken und sein Herz schlug bis zum Hals. Langsam erhob er sich, schirmte sein Gesicht mit beiden Händen ab und drückte es gegen die folierte Scheibe.
Deutlich konnte er nun die Konturen des Liebespaares erkennen. Der Typ lag ausgestreckt auf der Rückbank, seine Hose bis zu den Knien heruntergezogen. Das Mädchen, Jenny hatte er sie genannt, hockte auf seinen Schienbeinen. Ihr blonder Lockenschopf hing über seinem Schritt und bewegte sich rhythmisch auf und ab. Sie hatte ihre Hose offenbar anbehalten und Adam starrte auf ihren nackten Rücken.
Er konnte sich förmlich vorstellen, wie sie sein Ding im Mund hatte, es mit ihrer Zungenspitze bespielte und zart daran saugte. Er spürte die Erektion in seiner eigenen Hose, während er daran dachte. Zu gerne hätte er es sich selbst einmal auf diese Weise besorgen lassen. Aber bei den Mädchen, die Kid für ihn klarmachte, traute er sich nicht. Zu groß war seine Angst, dass eine von ihnen sich ihm widersetzte und ohne Vorwarnung zubiss.
Aus diesem Grund hatte er schon ein paar Mal überlegt, zu einer Nutte zu gehen und es sich für Geld von ihr machen zu lassen. Aber er traute sich nicht.
Nicht, seit er als Jugendlicher eine auf dem Straßenstrich angesprochen hatte. Sie war nicht einmal besonders hübsch gewesen, schien ihm aber für seine Zwecke geeignet zu sein. Doch dieses dunkelhaarige Miststück hatte ihn nur mitleidig angesehen und dann weggeschickt. Zunächst hatte er sich geweigert, aber als sie damit drohte, ihm ihren Zuhälter, oder noch schlimmer, seine Eltern, auf den Hals zu hetzen, hatte er sich verzogen.
Eine Woche später hatte er die Nutte dann umgebracht, nachdem er sie drei Nächte lang bei ihrer Arbeit beobachtet hatte und sichergehen konnte, dass ihr Aufpasser nicht hinter der nächsten Ecke lauerte. Bevor er ihr schließlich die Kehle durchschnitt, hatte er sie ordentlich gefickt, sich zu diesem Zeitpunkt aber auch schon nicht mehr getraut, seinen Schwanz in ihren Mund zu stecken.