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Und dort würde er unweigerlich auf den abgestellten Leichenwagen stoßen.

Dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis ihn die Suche nach seiner Freundin ins Schloss führte. Zwar war der einzige offene Zugang eine gut getarnte Kellertür, aber früher oder später würde es ihm sicherlich gelingen, in das Gebäude einzudringen. Notfalls mit auch mit Gewalt, davon war Adam überzeugt. Und was das bedeutete, mochte er sich nicht einmal vorstellen.

Es bestand kein Zweifel, dass er das verhindern musste.

Er hob den Hammer vom Waldboden auf und trat hinaus auf den Feldweg. Sein Körper warf im Mondlicht einen bedrohlichen Schatten, während er den Hammer wie einen Baseballschläger hin und her schwang.

Dann machte er sich auf den Weg.

KAPITEL 24

Die dicke Holztür Tür quietschte und ächzte, als Jonas sie langsam aufzog. Die Geräusche hallten in der leeren Eingangshalle wider und Vanessa lief ein Schauer über Rücken und Arme.

„Hui, ganz schön unheimlich“, flüsterte sie und griff nach Jonas Unterarm.

„Es ist sensationell. Schau nur, wie das Mondlicht durch die oberen Fenster fällt. Der ganze Raum wirkt, als wäre er in magisches Licht getaucht. Absolut perfekt.“

„Wir haben ziemliches Glück, dass gerade Vollmond ist, oder?“

Jonas lächelte.

„Okay, kein Glück. Du hast es geplant, richtig?“

„Sagen wir, ich habe es bei meinen Terminvorschlägen durchaus berücksichtigt.“

„Du bist wirklich ein Perfektionist.“

„Von nichts kommt nichts.“

„Das hast du wohl recht. Wo geht´s lang?“

„Ich würde gerne zuerst ein paar Fotos von dir auf der Treppe dort drüben machen. Wer weiß, wie lange der Mond noch so hell ist. Die anderen Bilder können wir später immer noch machen.“

„Welche anderen Bilder? Meinst du das Schlafzimmer?“

„Warte ab und lass dich überraschen.“

Sie durchquerten die Halle und ihre Schritte hallten auf dem staubigen Steinboden wider.

„Schau, jemand muss die Fliesen rausgerissen haben. Man kann noch erkennen, wie der Boden früher einmal ausgesehen hat.“ Jonas wischte dicken Staub mit der Schuhspitze beiseite. Überreste eines karierten Marmorbodens kamen zum Vorschein.

„Nachdem das Kinderheim aufgelöst worden war, setzten ziemlich schnell Plünderungen ein. Die Leute haben rausgerissen, was nicht niet- und nagelfest war. Darum wurde das Gebäude dann sehr bald verschlossen. Außerdem wollte man wohl vermeiden, dass sich hier Obdachlose und verwahrloste Jugendliche einquartieren.“

Vanessa lehnte sich gegen die Wand. Von dem hellen, abbröckelnden Putz hob sie sich mit ihrer leicht gebräunten Haut und ihrem schwarzen Outfit ab, wie ein Insekt auf einer weiß getünchten Wand. Sie stemmte den Absatz ihres rechten Stiefels gegen die Mauer, so dass der ohnehin schon kurze Rock noch mehr lediglich von Nylon und Spitze bedeckte Haut freigab.

Sie beobachtete Jonas, der hinter dem Sucher seiner Kamera in Deckung ging und sie erneut fotografierte.

Sah er in ihr tatsächlich nur ein x-beliebiges Fotomodell, mit dem er hier und heute einen Job durchzog? Oder würde er ihren weiblichen Reizen im weiteren Verlauf des Abends doch noch erliegen und seine Professionalität über Bord werfen?

Diese Frage beschäftigte sie, während sie, noch immer mit dem Rücken an die Wand gelehnt, von einer lasziven Pose zur nächsten wechselte. Kein Zweifel, auch sie konnte die ganze Sache professionell durchziehen, musste sich aber eingestehen, dass Jonas eine gewisse Anziehungskraft auf sie ausübte, der sie sich gerne hingegeben hätte. Er war einfach ein verdammt toller Typ.

„Gehst du rüber auf die Treppe?“ Jonas Stimme holte sie aus ihrer Gedankenwelt.

„Was genau soll ich tun?“

„Setzt dich einfach auf die Stufen und lass deiner Phantasie freien Lauf. Du machst das schon.“

Vanessa erklomm die imposante Freitreppe. Als sie etwa auf der Hälfte angelangt war, setzte sie sich mit gespreizten Beinen mittig auf die steinernen Stufen, wobei ihr Oberkörper unterschiedlichste Posen einnahm.

„Ziemlich staubige Angelegenheit“, lachte sie, nachdem einige Minuten vergangen waren und Jonas schon eine ganze Reihe, wie er ihr immer wieder versicherte, sehr guter Bilder gemacht hatte.

„Wenn wir noch lange hierbleiben, bin ich definitiv nicht mehr vorzeigbar.“ Behutsam klopfte sie weißen Staub von ihrem schwarzen Rock, den Wildlederstiefeln und Nylonstrümpfen.

„Dann lass uns hochgehen. Du wolltest doch das Schlafzimmer sehen. Das Bett ist nicht so staubig.“ Jonas lachte und griff nach seiner Tasche. Dann folgte er Vanessa die Treppe hinauf.

Während sie die vom Mondlicht erhellte Galerie entlanggingen, sah sich Vanessa die unter ihnen liegende Eingangshalle an. Unzählige Male war sie an diesem Schloss vorbeigefahren und hatte sich immer wieder gefragt, wie es wohl darin aussehen mochte. Zwar hatte sie immer wieder die Geschichten gehört, die sich um die Vergangenheit des Gemäuers rankten und auch die eine oder andere Beschreibung der Schlossräume war ihr zu Ohren gekommen. Aber niemals hätte sie geglaubt, es jemals zu betreten und mit eigenen Augen zu sehen.

Und schon gar nicht mitten in der Nacht.

Du musst total verrückt sein.

Jonas stieß eine am Ende der Galerie liegende Tür auf und deutete Vanessa mit einladender Geste einzutreten.

„Willkommen in Eurem Schlafgemach, gnädiges Fräulein.“

KAPITEL 25

Sie betraten ein quadratisch geschnittenes Zimmer.

Vanessa schätzte die Größe auf mindestens dreißig Quadratmeter. Mondlicht schien durch die zerbrochenen Glasscheiben und zauberte geheimnisvolle Muster auf den Fußboden und die Wände. Müll und Graffiti zeugten von einer Reihe ungebetener Besucher.

Kein Wunder, dass die Stadtverantwortlichen das Gebäude hatten verschließen lassen.

Durch die Fenster konnte Vanessa die Silhouette des Waldes erkennen, durch den sie gekommen waren. Sie befanden sich also auf der Rückseite des Gebäudes.

Wie schon in der Eingangshalle, waren auch aus diesem Raum sämtliche Möbel entfernt worden. Alle, mit Ausnahme eines riesigen Himmelbettes, das in der Mitte des Raumes stand. Die Liegefläche war mindestens 2,50 Meter im Quadrat und an allen vier Seiten hingen verstaubte und von Motten und Witterung zersetzte Vorhänge herab. Vanessa erinnerten die halbtransparenten Stoffbahnen an einen angegrauten Brautschleier, der seit vielen Jahrzehnten auf einem Dachboden vor sich hingammelte.

Oder an Gespenster, dachte sie, als ein leichter Windstoß durch die zerbrochenen Scheiben in den Raum hineinwehte und die Tücher in lautlose Bewegung versetzte. Erst jetzt fielen ihr die schwarzen Kerzen auf, die überall auf dem Fußboden herumstanden. In dem dunklen Raum hatte sie sie zunächst gar nicht bemerkt. Aber nun sah sie, dass es bestimmt an die zwanzig Kerzen unterschiedlicher Größe waren, jede von ihnen mindestens zehn Zentimeter hoch. Und alle Dochte schienen unbenutzt.

„Das warst du auch, oder?“

„Was meinst du?“

„Die Kerzen. Die hast du doch hier aufgestellt, oder nicht?“

„Ich dachte, wir sorgen im Vorfeld ein bisschen für die richtige Stimmung.“ Er kramte in seiner Kameratasche und förderte zwei Feuerzeuge zutage. „Hier, lass uns loslegen.“

„Meine Güte, du hast ja eine richtig romantische Ader. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Hast du auch Champagner und Erdbeeren dabei?“ Sie ging in die Hocke und zündete die ersten Kerzen an.

„Nein, aber wenn ich gewusst hätte, dass ich dich so leicht beeindrucken kann, hätte ich natürlich so etwas mitgebracht.“ Auch Jonas begann nun, die Dochte der umherstehenden Kerzen zu entzünden. „Soll ich noch schnell was besorgen gehen? Der nächste Supermarkt ist nur ein paar Kilometer weit weg. Mit dem Wagen bin ich ruck zuck wieder zurück.“