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»Ist es wahr, was man sich an Bord erzählt?« fragte Brad plötzlich. »Daß das Kind der Errish von dir ist?«

Skar antwortete nicht gleich. Er war überrascht, nicht nur darüber, daß Brad es wußte - er hatte mit niemandem darüber gesprochen, nicht einmal mit Del, aber Gerüchte wie diese pflegten sich immer und überall in Windeseile zu verbreiten -, sondern fast noch mehr darüber, daß er diese Frage überhaupt stellte. Er hatte ihn nicht für schwatzhaft gehalten. Aber eigentlich war ja auch der Brad, der mit ihm hier heraufgekommen war, um die Schlacht gegen den Dronte zu schlagen, ein ganz anderer Brad als der, den er unten auf der SHAROKAAN gekannt hatte.

»Ja«, sagte er nach einer Weile. »Ich... glaube, es ist wahr. Jedenfalls... hat sie es gesagt.«

Brad sah ihn an. »Und trotzdem bringst du sie in die Verbannung?« fragte er. »Die Mutter deines Kindes?« Was war das in seiner Stimme? dachte Skar erstaunt. Vorwurf?

»Es ist nicht mein Kind«, antwortete Skar, eine Spur zu hastig, wie er selbst merkte. »Vielleicht bin ich sein Vater, im körperlichen Sinne. Ich habe es gezeugt, aber das ist auch alles. Es hätte nie geschehen dürfen.«

Brad lächelte, aber Skar war sich nicht sicher, ob er den Grund dafür kannte. »Was hat sie getan?« fragte er.

»Vela?« Wieder zögerte Skar. Für einen Moment war er versucht, Brad den ganzen Hergang zu erzählen. Aber natürlich tat er es nicht. Sie hatten nicht genug Zeit, und er wollte es auch nicht. Es war zuviel Schmerz in dieser Geschichte.

»Ich kann nicht darüber reden«, sagte er. »Und es spielt auch keine Rolle. Jetzt nicht mehr.«

Brad schien das zu akzeptieren. »Hast du sie geliebt?« fragte er. »Geliebt?« Skar schüttelte den Kopf. »Kaum. Vielleicht war es Mitleid, vielleicht hat sie mich auch behext. Sie war eine Errish, vergiß das nicht. Eine sehr mächtige Errish. Aber geliebt habe ich sie nicht. Ich habe versucht, sie nicht zu hassen, aber ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist.«

»Und jetzt?« fragte Brad.

»Ob ich sie hasse?« Skar überlegte einen Moment und schüttelte wieder den Kopf. Nein, sicher nicht. Er hatte versucht, jedes Gefühl für Vela aus sich herauszureißen, und es war ihm gelungen; teilweise wenigstens. »Nein«, sagte er. »Sie... sie ist eine Fremde für mich. Mehr nicht.«

»Ist das der Grund, warum du zuläßt, daß Gowenna sie wie einen Hund behandelt?« fragte Brad ruhig und diesmal, ohne ihn anzusehen.

»Del und ich sind nur zu ihrer Begleitung angeheuert«, antwortete Skar, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. »Vela ist ihre Gefangene, und solange sie sie nicht mißhandelt, haben wir kein Recht einzugreifen.«

»Aber sie mißhandelt sie. Vielleicht nicht körperlich, aber trotzdem sollte niemand einen Menschen behandeln, als wäre er ein Stück Vieh.«

»Gowenna haßt sie«, murmelte Skar. »Du hast ihr Gesicht gesehen - es war Vela, die ihr das angetan hat. Sie war eine schöne Frau, früher.«

»Ich weiß«, sagte Brad. »Es ist nicht das erste Mal, daß sie an Bord unseres Schiffes ist.«

»Und es war auch kein Zufall, daß die SHAROKAAN im Hafen von Anchor lag, als wir die Stadt erreichten«, fügte Skar hinzu. Es war ein Schuß ins Blaue, aber es war auch ein Verdacht, den er schon seit langem hegte.

Brad nickte ungerührt. »Nein. Wir waren zehn Tagesreisen entfernt, als uns ihre Nachricht erreichte. Es war kein Zufall - ebensowenig, wie es Zufall war, daß wir damals in Ikne lagen, um euch den Besh hinaufzubringen. Sie reist fast immer mit der SHAROKAAN, wenn sie eine Seereise antreten muß.«

»Ihr wart auch damals schon an Bord?«

»Natürlich«, sagte Brad. »Aber ihr habt uns nicht gesehen. Gowenna wollte es nicht.«

»Und warum?«

Brad hob in einer seltsam schwerfällig wirkenden Bewegung die Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie... spricht nicht viel mit uns, weder mit mir noch mit meinem Bruder. Auch nicht mit Rayan. Ich glaube, sie mag ihn nicht besonders.«

»Aber warum fährt sie dann mit der SHAROKAAN?« fragte Skar verwundert. »Es gibt bequemere Schiffe.«

»Sie kannte unsere Mutter«, erklärte Brad. »Rayan hat es mir einmal erzählt. Bevor sie starb, waren sie oft zusammen. Gowenna war damals noch sehr jung; fast noch ein Kind. Ich glaube, für sie war Suquann - Rayans Weib - so eine Art Mutter. Als sie dann starb, kam sie weiter zu uns, obgleich ich nicht glaube, daß sie für meinen Vater dasselbe empfindet. Ich vermute, sie fühlt sich ihm irgendwie verpflichtet. So wie man weiter die Verbindung zu einer Frau aufrechterhält, deren Mann ein guter Freund war und der gestorben ist, verstehst du?«

Skar schwieg verblüfft. Er wußte, daß Gowenna älter war, als sie auf den ersten Blick wirkte - dreißig, vielleicht darüber, und er hatte auch Brad auf fast das gleiche Alter geschätzt. Nach seinen Worten war das unmöglich. Aber sein massiger Körperbau, der wild wuchernde Bart und das bis auf die Schultern reichende, volle Haar des Veden, und seine ernste Art, zu reden und sich zu geben, machten es schwer, sein Alter zu bestimmen.

»Sie kannte auch uns«, fuhr Brad fort, als hätte er seine Gedanken gelesen. Wahrscheinlich stand seine Verwunderung deutlich auf seinem Gesicht geschrieben: »Rayan hat erzählt, daß sie mich auf den Knien geschaukelt hat, als ich gerade drei oder vier war. Sie war damals selbst noch ein halbes Kind. Ich kann mich nicht daran erinnern.«

»Und sie trug einen anderen Namen«, murmelte Skar.

Diesmal war es Brad, der erstaunt nickte. »Kiina«, sagte er. »Woher weißt du das? Selbst Rayan hat es nur erfahren, weil sie sich einmal versprochen hat.«

»Das ist eine lange Geschichte«, versuchte Skar auszuweichen. »Vielleicht erzähle ich sie dir, wenn wir heil hier herauskommen. Wenn du sie dann noch hören willst.«

»Ich glaube nicht«, antwortete Brad, und irgendwie spürte Skar, daß dieses Nein endgültig war. Der Vede hatte ihm Vertrauen entgegengebracht, eine Winzigkeit nur, und doch unendlich viel für seine Verhältnisse. Er würde jetzt nicht weiter reden, und später, wenn sie zurück an Bord der SHAROKAAN waren, würde er wieder zu dem verschlossenen, abweisenden Mann werden, als den Skar und wahrscheinlich auch die Männer unten auf dem Schiff, vielleicht sogar sein Vater, ihn kannten.

Er seufzte, fuhr sich mit der Hand über die Augen und sah wieder auf den Ozean hinunter.

»Wir sind zu wenige«, stellte er fest.

Brad nickte. Skar spürte die Bewegung, obwohl sein Blick starr auf den drohenden schwarzen Schatten unter ihnen gerichtet blieb. »Du hast recht«, murmelte der Vede. »Nur zwei gegen einen Feind, der noch niemals geschlagen wurde. Aber die Männer werden unten auf dem Schiff gebraucht.« Er wandte den Kopf und lächelte flüchtig; eine bedeutungslose Geste, in der keine Wärme, sondern wenn überhaupt ein Gefühl, dann höchstens Resignation und ein Anflug von Fatalismus lagen. In seinem ganzen Benehmen lag eine schwer zu fassende Art von Trauer; seine Bewegungen waren um eine Winzigkeit langsamer als gewohnt, seine Stimme um eine Spur leiser, sein Lachen nicht echt genug. »Die Männer werden unten gebraucht«, wiederholte er noch einmal. »Unsere Chancen stehen nicht schlecht, aber Rayan wird jede Schwerthand brauchen, wenn es doch zum Kampf kommen sollte.«