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»Du kannst nicht gegen die ganze Welt kämpfen, Skar«, murmelte Del. »Es wird Zeit, daß du das begreifst. Du wirst dir Verbündete suchen müssen.«

»Wie -«

»Frag mich nicht, wie ich das gemeint habe«, entgegnete Del scharf. Seine Augen waren noch immer geschlossen; sein Kopf lehnte entspannt am Felsen. Aber seine Worte straften die Haltung Lügen. »Du weißt es ganz genau, Skar.« Er lachte ganz leise. »Sieh dich doch um. Diese Männer hier - sie sind nicht deine Verbündeten. Es sind nicht einmal deine Männer. Ich glaube, im Grunde fürchtest du dich sogar vor ihnen.« Er schwieg einen Moment, setzte sich wieder auf und blickte an Skar vorbei zum Höhlenausgang. Vor dem niedrigen Halbrund begann sich das erste Grau der Dämmerung abzuzeichnen. »Helth?« fuhr er fort und lachte wieder. »Über ihn brauchen wir nicht zu reden. Und was ist mit mir?«

»Du -«

Wieder unterbrach ihn Del, und diesmal war etwas in seiner Stimme, was Skar alarmiert aufhorchen ließ. »Ich beginne mich zu fragen, ob es nicht ein Fehler war, zu dir zurückzukehren, Skar«, sagte er. »Man sagt, daß ein Satai spürt, wenn seine Ausbildung beendet ist und er allein weiterziehen muß. Vielleicht habe ich diesen Zeitpunkt verpaßt. Vielleicht hätte ich nie einen Fuß auf dieses Schiff setzen sollen.«

»Bitte, Del«, murmelte Skar. »Ich... ich habe nicht die Kraft, mich jetzt auch noch mit dir zu streiten.«

»Genau das ist es«, erwiderte Del ruhig. »Ich will nicht mit dir streiten, Skar. Ich will nur mit dir reden, mehr nicht. Wir waren einmal Freunde.«

»Sind wir das nicht mehr?«

»Ich weiß es nicht«, entgegnete Del. Seine Stimme klang plötzlich sehr ernst. »Ich weiß, daß es der schlechteste Moment ist, um darüber zu reden, aber...«

»Warum tust du es dann?«

»Vielleicht, weil es der letzte mögliche Moment ist, Skar. Vielleicht, weil wir morgen sterben werden, und weil ich wissen möchte, ob ich neben einem Freund oder einem Fremden kämpfe, Skar. Ist es wegen ... Vela?« Er lächelte bitter. »Ich habe sie geliebt, ich weiß, aber es ist vorbei. Die Frau, die sie einmal war -«

»Existiert nicht mehr, ich weiß«, unterbrach ihn Skar verärgert. »Weißt du eigentlich, wie oft ich diesen Satz in den letzten Tagen gehört habe?«

»Vielleicht sollte ich statt dessen sagen, daß der Mann, den ich einmal gekannt habe, nicht mehr existiert«, verbesserte sich Del. Plötzlich schwang ein neuer, aggressiver Ton in seinen Worten. »Was ist mit dir, Skar? Du hast dich verändert, seit...« er zögerte, »seit ich dich verlassen habe, damals in Cosh. Ist es das? Hast du es nicht verwunden, daß ich dich im Stich gelassen habe, einer Frau wegen?«

Skar schüttelte den Kopf. Nein. Das war es nicht gewesen. Aber Del war der Antwort nahe, vielleicht näher, als er selbst ahnte.

»Vielleicht frage ich mich, wer du bist, Del«, murmelte er. »Vielleicht weiß ich nicht, wer aus den Sümpfen von Cosh zurückgekehrt ist. Hineingebracht haben sie dich.« Deinen Leichnam, fügte er in Gedanken hinzu.

Del zog die Beine an, beugte den Oberkörper vor und legte die verschränkten Arme auf die Knie. »Das ist es also«, murmelte er. »Sie haben mich gewarnt, weißt du das?« Skar schwieg, aber Del erwartete auch nicht wirklich eine Antwort. »El-tra hat mir gesagt, daß es besser sei, wenn ich verschweigen würde, was mir... zugestoßen ist. Aber ich dachte nicht, daß du...«

»Das ist es nicht allein«, sagte Skar, aber Del sprach weiter, als hätte er seine Worte gar nicht gehört. »Gerade du, Skar? Weißt du nicht am besten, wie es ist? Hast du nicht selbst schon an der Schwelle gestanden, damals in Went?«

Skar hatte gewußt, daß Del dies sagen würde. Und es war einer der Gründe gewesen, weshalb er vor der Aussprache, die Del ihm so offensichtlich aufzwingen wollte, zurückgeschreckt war. Seltsamerweise schmerzten seine Worte nicht halb so sehr, wie er befürchtet hatte.

»Das war... etwas anderes«, sagte er ausweichend.

»Nein! Das war dasselbe«, antwortete Del grob. »Du warst tot, nachdem dich der Khtaám angefallen und gebissen hatte, Skar. Dein Herz schlug nicht mehr, und dein Körper war kalt. Du warst gestorben.«

»Unsinn«, widersprach Skar. »Du weißt, daß das nicht stimmt.«

»So wenig wie bei mir.« Del schüttelte den Kopf, seufzte tief und legte das Kinn auf die Arme. »Natürlich weiß ich, daß es anders war«, sagte er leise. »Ein Mensch hört nicht auf zu leben, wenn sein Herz nicht mehr schlägt. Du weißt es, und ich weiß es. Wir haben es erlebt; beide.« Er sah auf; lächelte. »Ist das nicht sonderbar? Je mehr wir zu ergründen versuchen, was uns trennt, desto mehr Gemeinsames finden wir.«

»Das ist es nicht allein«, sinnierte Skar halblaut. Es fiel ihm immer schwerer, Dels Blick standzuhalten. »Ich...« Er lächelte nervös. »Ich frage mich ernsthaft, ob ich langsam verrückt werde.«

Del nickte, als hätte er diese Antwort erwartet. »Nicht nur du allein, Skar«, sagte er. »Glaubst du, mir geht es besser? Mir oder« - er machte eine hastige, fahrige Geste in die Höhle hinein - »irgendeinem dieser Männer? Schiffe, die sich in Ungeheuer verwandeln. Krieger aus Eis! Bei allen Göttern, Skar - wenn es das ist, was dich bedrückt, dann...«

»Das ist es nicht«, unterbrach ihn Skar, und diesmal auf eine Art, die Del abrupt verstummen und ihn beinahe erschrocken anstarren ließ. Für einen Moment war er nahe daran gewesen, ihm von seinem Fluch zu erzählen, der Stimme in seinem Inneren, die wieder erwacht war und ihn langsam, aber unerbittlich in den Wahnsinn trieb.

Aber natürlich tat er es nicht.

Er spürte, daß Del nicht weiterreden würde, aber er war nicht erleichtert darüber, sondern beinahe enttäuscht. Nun, was hatte er erwartet? Eine große, melodramatische Aussprache, nach der sie sich in die Arme schließen und wieder die unzertrennlichen Freunde sein würden, die sie gewesen waren? Narr.

Del wollte aufstehen und gehen, aber Skar hielt ihn zurück. »Warte.« Del zögerte, machte noch einen halben Schritt und ließ sich widerwillig noch einmal auf die durchnäßten Decken sinken.

»Wir müssen weiter«, erklärte Skar. »Die Sonne geht auf. Wenn wir im Schutz der Berge bleiben, erreichen wir vielleicht bis zum Abend die Küste. Und wir müssen Gowenna suchen«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu.

Del runzelte die Stirn. »Suchen? Hier?« Er schüttelte den Kopf, sah zum Ausgang und seufzte übertrieben. »Glaubst du wirklich, daß das Sinn hat?« fragte er.

»Sinn oder nicht, wir müssen es tun«, antwortete Skar, plötzlich beinahe krampfhaft darum bemüht weiterzureden, als könne er damit das, was sie vorher besprochen hatten, rechtfertigen, vielleicht auch ungeschehen machen.

»Ihr werdet sie nicht finden, Satai.«

Skar sah auf und starrte Helth einen Herzschlag lang böse an. Er hatte nicht gehört, wie der Vede näher gekommen war, und er wußte auch nicht, wieviel von ihrem Gespräch er belauscht hatte. Aber er schluckte die wütende Entgegnung, die ihm auf der Zunge lag, hinunter. Wieder einmal.

»Woher willst du das wissen?« fragte Del ungerührt.

»Sie hat uns benutzt, dich und deinen Freund und uns«, fuhr Helth fort. Skar hatte den Eindruck, daß er Dels Frage bewußt ignorierte und nur auf einen Moment gewartet hatte, sich in ihr Gespräch zu mischen. Es war kein Zufall. Helth war aus einem ganz bestimmten Grund zu ihnen gekommen.

Skar schwieg weiter, aber Del schürzte die Lippen und gab ein leises, abfälliges Lachen von sich. »Das hast du schon einmal gesagt, Vede«, stellte er ruhig fest. »Ist das dein Lieblingssatz, oder kannst du nur den einen?«