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Das veranlaßte neues Geschrei, neue Proteste von Urrican und seinen Anhängern. Nach der so bestimmten Erklärung des Commodore konnte von Lissy Wag nicht mehr die Rede sein. Hätte sie nicht todt sein müssen, da er ihr Ableben verkündigte?

Doch wie dem auch sein mochte, es wäre schwierig gewesen, Hodge Urrican’s Aussage zu bejahen. Nichts destoweniger bestand der halsstarrige Mann auf seinem Vorschlage und kleidete diesen nur in etwas andere Form ein.

»Zugegeben, sagte er, die fünfte Partnerin möge nicht todt sein, das ändert doch nichts an der Sache. Gegenüber den obwaltenden Umständen verlange ich, daß jetzt für mich achtundvierzig Stunden vor dem eigentlichen Termin gewürfelt werde, und daß das Ergebniß für den sechsten Partner zu gelten habe, der damit in die fünfte Stelle aufrückte!«

Erneute dröhnende Ausrufe und Fußgestampf folgte diesem Verlangen Hodge Urrican’s, der von seinen Parteigängern unterstützt wurde, die es verdienten, unter seiner Flagge zu segeln.

Endlich gelang es Meister Tornbrock, die gröhlende Menge zu beruhigen, und allmählich trat erwartungsvolles Schweigen ein.

»Der Antrag des Herrn Hodge Urrican, begann er, stützt sich auf eine falsche Auslegung des Willens unseres Testators und widerspricht auch den Regeln des Edlen Vereinigte Staatenspiels. Wie der Gesundheitszustand der fünften Partnerin auch sein mag, selbst wenn er sich so weit verschlimmerte, sie aus den Reihen der Lebenden zu streichen, enthebt das mich als den Testamentsvollstrecker William I. Hypperbone’s doch nicht der Pflicht, heute am 9. Mai das Auswürfeln des Feldes für Lissy Wag vorzunehmen. Hat sie sich nicht binnen vierzehn Tagen, todt oder nicht, an den ihr zugewiesenen Platz begeben, so geht sie ihres Anrechtes verlustig und die Partie wird nur zwischen sechs Theilnehmern ausgespielt.«

Jetzt protestierte Hodge Urrican mit sinnloser Heftigkeit. Er erklärte mit wüthender Geberde, wenn es eine falsche Auslegung des Testamentes gebe, so sei es die des Meister Tornbrock, obwohl der Excentric Club der Auffassung des Notars zustimmte. Als er diese herausfordernden Worte ausstieß, erschien der Commodore, so geröthet vor Wuth er auch aussah, doch noch ziemlich blaß neben seinem Begleiter, dessen Gesicht eine fast scharlachrothe Farbe angenommen hatte.

Gleichzeitig hatte Urrican das Gefühl, daß er Turk zurückhalten müsse, um ein Unglück zu verhüten.

So packte er denn diesen, gerade als er fortstürmen wollte.

»Wohin willst Du?… fragte er.

– Dorthin! antwortete Turk, mit der Faust nach der Bühne weisend.

– Wozu?

– Ich will diesen Tornbrock am Halse packen und ohne weiteres hinauswerfen.

– Hier… Turk… hier!« befahl der Commodore Urrican.

Turk ließ ein dumpfes Brummen ertönen, wie das schlecht gezähmte Raubthier, das seinen Bändiger zu verschlingen trachtet.

Da schlug es acht Uhr.

Sofort folgte dem Geräusch im Saale ein tiefes Schweigen.

Jetzt ergriff Meister Tornbrock – vielleicht etwas erregter als gewöhnlich – den Würfelbecher mit der rechten Hand, legte mit der linken die Würfel hinein und schüttelte ihn, wobei er ihn mehrmals hob und senkte. Man hörte es, wie die kleinen Elfenbeinkuben an einander und an die Lederwand schlugen, und beim Umstürzen rollten sie über die Karte bis ans Ende des Tisches.

Meister Tornbrock ersuchte Georges B. Higginbotham und dessen Collegen, die gewürfelte Zahl zu bestätigen, und rief darauf mit klarer Stimme:

»Neun, durch sechs und drei!«

Eine glückliche Zahl, denn die fünfte Partnerin kam damit sogleich nach fünfundzwanzigsten Felde, dem Staate Wisconsin.

Zwölftes Capitel.

Die fünfte Partnerin.

Jovita unterrichtete sich über Wisconsin.(S. 180.)

»Ach, herzliebste Lissy, wie wunderbar glücklich sind doch die Würfel gefallen!« rief die ungestüme Jovita Foley.

Mit diesen Worten stürzte sie ins Zimmer, ohne daran zu denken, daß sie der Kranken, die vielleicht gerade schlummerte, schaden könnte.

Lissy Wag lag jedoch, zwar sehr bleich, aber völlig wach im Bette und hatte eben mit der bei ihr sitzenden freundlichen alten Dame einige Worte gewechselt.

Gleich nach der Verkündigung des Ausfalls des Würfelns durch Meister Tornbrock war Jovita Foley aus dem Auditorium verschwunden und hatte es der Menge ebenso überlassen, ihrer Empfindung Ausdruck zu geben, wie Hodge Urrican, darüber zu wettern, daß er sein Verlangen nicht hatte durchsetzen können.

»Welche Augenzahl ist denn gefallen? fragte, sich halb aufrichtend, Lissy Wag.

– Neun, meine Liebe, und zwar sechs und drei… was uns sofort nach dem sechsundzwanzigsten Felde weist.

– Und dieses Feld ist?…

– Der Staat Wisconsin… Milwaukee… zwei Stunden… nicht mehr als zwei Stunden Schnellzug«

In der That konnte man sich für den Anfang der Partie gar nichts besseres wünschen.

»Nein… nein! rief das enthusiastische Persönchen immer wieder. O, ich weiß wohl, daß man durch neun, wenn fünf und vier Augen fallen, gleich nach dem dreiundfünfzigsten Felde kommt. Dieses Feld aber – hier, sieh Dir die Karte an – dieses Feld ist Florida. Bedenke nur, müßten wir gleich nach Florida fahren, so bedeutete das ebensoviel, wie bis ans Ende der Welt!«

Hochgeröthet und keuchend bediente sie sich der Landkarte statt eines Führers.

»Ja, Du hast recht, antwortete Lissy Wag. Florida ist freilich etwas weit von hier.

– Dir, meine Liebe, Dir soll und muß das Glück lächeln, den anderen.. nein, den anderen nicht!

– Sei doch etwas edelmüthiger!

– Nun ja, Dir zu Gefallen nehme ich den Herrn Max Real dabei aus, da diesen nun einmal Deine frommen Wünsche begleiten.

– Ja… gewiß…

– Doch auf unsere Angelegenheit zurückzukommen, Lissy, erkennst Du den Vortheil, den das sechsundzwanzigste Feld uns sichert? Am meisten voraus war jener Journalist, Harris T. Kymbale, und der befindet sich heute noch immer erst auf dem zwölften Felde, während wir… oh, noch vierzig Augen… nur noch vierzig… und wir haben das Ziel erreicht!«

Einigen Kummer bereitete es ihr doch, daß Lissy Wag in ihren hoffnungsfrohen Jubel nicht mit einstimmte.

»Du siehst gar nicht danach aus, als freutest Du Dich auf die nächste Zukunft.

– O doch, Jovita, sicherlich! Wir gehen nach Wisconsin… nach Milwaukee…

– Noch haben wir Zeit übrig. Nicht morgen… auch nicht übermorgen! In fünf bis sechs Tagen, wenn Du völlig genesen bist… wenn es sein muß, erst in vierzehn Tagen… wenn wir nur am Vormittage des 23. dort sind.

– Nun, es ist ja alles gut, da Du zufrieden bist.

– Ob ich es bin, meine Beste! Ebenso zufrieden, wie der Commodore unzufrieden ist. Dieser schändliche Mann wollte Dich vom Mitbewerbe ausschließen… wollte den Meister Tornbrock bestimmen, den fünften Wurf für ihn gelten zu lassen, unter dem Vorwande, für Dich habe er ja doch keinen Zweck, Du seist für so und so viele Wochen aus Bett gefesselt… ja, er verstieg sich zu der Behauptung, Du wandeltest gar nicht mehr auf dieser Welt! O, der abscheuliche Seebär! Du weißt, ich wünsche niemand etwas Böses… diesem Commodore aber. dem wünsch’ ich. er möchte sich im Labyrinth verirren, möchte in den Schacht fallen, im Gefängniß verschimmeln… möchte einfache, zweiund dreifache Einsätze zu bezahlen haben… mit einem Worte, dem wünsch’ ich alle Unannehmlichkeiten, die das Spiel denen bereiten kann, die keine Aussicht zum Gewinnen haben und keine solche verdienen! Du hättest nur hören sollen, wie Meister Tornbrock ihm antwortete. O, dieser prächtige Notar… ich hätte ihn gleich umarmen können!«

Wenn sich Jovita Foley auch in ihren gewohnten Uebertreibungen erging, so hatte sie mit ihren Behauptungen doch nicht unrecht. Der Wurf nun, durch sechs und drei Augen, war einer der besten, den sie sich für den Anfang wünschen konnte. Er gewährte ihnen nicht nur einen Vorsprung gegenüber den ersten vier Partnern, sondern der Lissy Wag auch ausreichende Zeit zur Wiedergenesung.