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Max Real.

Tom Crabbe.

Hermann Titbury.

Harris T. Kymbale.

Lissy Wag.

Hodge Urrican.

Wie man sieht, gehören von diesen sechs Auserwählten fünf dem stärkeren und nur eine Person dem schwächeren Geschlechte an – wenn diese Bezeichnung noch passend ist, wo es sich um amerikanische Frauen handelt.

Die öffentliche Neugierde sollte in der ersten Stunde jedoch nicht vollkommen befriedigt werden – man fragte sich nun, wer die Träger dieser sechs Namen seien, wo sie wohnten, welcher Gesellschaftsclasse sie angehörten u. dgl. Darüber konnte die »Tribune« ihren unzähligen Lesern freilich vorläufig nichts mittheilen.

Ja, lebten sie denn zur Zeit auch noch, die Auserwählten der posthumen Verlosung? Diese Frage erschien doch nicht unwichtig.

Die Einlegung der Namen in die Urne war schon vor einiger Zeit, vor mehreren Monaten erfolgt, und angenommen, daß inzwischen keiner von denen, die das Los bestimmt hatte, gestorben war, so konnte doch der oder jener Amerika verlassen haben.

Waren sie aber in der Lage, den Bestattungszug zu begleiten, so nahmen sie, wenn auch darum vorher nicht befragt, ohne Zweifel ihre Plätze um den Wagen ein. Es erschien ja ausgeschlossen, daß sie abschläglich antworteten, daß sie der absonderlichen, doch ernsthaft gemeinten Aufforderung William I. Hypperbone’s – der sich wenigstens nach seinem Hintritt als excentrisch erwies – nicht nachkommen und damit auf die Vortheile verzichten sollten, die das im Bureau des Notar Tornbrock niedergelegte Testament ihnen ohne Zweifel zuwandte.

Nein, sie waren jedenfalls zur Stelle, denn sie konnten sich mit Recht als Erben des großen Vermögens des Hingeschiedenen betrachten, und die Erbschaft entging diesmal gewiß der beutegierigen Hand des Staates.

Die ehrbaren Leutchen unterhielten sich über die Tagespolitik.(S. 39.)

Davon konnte man sich drei Tage später überzeugen, als die »Sechs«, ohne einander bisher zu kennen, auf dem Austritt des großen Hauses in der La Salle Street erschienen und der Notar ihnen, nach gewissenhafter Feststellung ihrer Persönlichkeit, die Guirlanden des Leichenwagens zum Halten überreichte.

Wie neugierig wurden sie aber von allen betrachtet und gleichzeitig wegen ihres Glücks beneidet! Auf Anordnung William I. Hypperbone’s, der jedes Zeichen von Trauer bei seinem großartigen Begräbnisse bestimmt ausgeschlossen wissen wollte, hatten sie sich der in den Tagesblättern veröffentlichten Klausel gefügt und Festtagskleider angelegt – Kleidungsstücke, die durch ihre Qualität und ihren Schnitt schon verriethen, daß deren Träger sehr verschiedenen Gesellschaftsclassen angehörten.

Aufgestellt wurden sie in folgender Ordnung:

In erster Reihe: Lissy Wag zur Rechten, Max Real zur Linken.

In zweiter: Hermann Titbury zur Rechten, Hodge Urrican zur Linken.

In dritter Reihe: Harris T. Kymbale zur Rechten, Tom Crabbe zur Linken.

Tausend Hurrahs begrüßten sie, als die Aufstellung vollendet war – Hurrahs, denen sie mit einer freundlichen Verneigung antworteten, welche freilich von der andern Seite keine Erwiederung fand.

In dieser Weise setzten sie sich also in Bewegung, als der polizeiliche Aufsichtsbeamte das Zeichen zum Aufbruch gegeben hatte, und ebenso folgten sie acht volle Stunden lang den Straßen, Alleen und Boulevards der großen Stadt.

Wie erwähnt, kannten die sechs zum Begräbniß William I. Hypperbone’s Eingeladenen einander bisher nicht, sie zögerten aber nicht, gegenseitig Bekanntschaft zu machen. Und wer weiß – die menschliche Habgier ist ja unersättlich – ob die Anwärter auf die zukünftige Erbschaft sich nicht schon als Rivalen betrachteten und vielleicht fürchteten, daß diese nur einem einzigen von ihnen zufallen und nicht unter den Sechsen vertheilt werden möchte.

Der Leser weiß schon, wie dieses Begräbniß vor sich ging, unter welchem ungeheueren Zulauf von Schaulustigen es seinen Prunk von der La Salle Street bis zum Oakswoodssriedhose entfaltete, von welchen Orchester-und Gesangvorträgen, die nichts von düsterer Trauer an sich hatten, es begleitet wurde und welch freudige Ausrufe beim Vorüberkommen des Zugs zur Ehre des Verstorbenen überall erschollen.

Jetzt handelte es sich nur noch darum, in das stille Reich der Todten einzutreten und den, der einst William I. Hypperbone vom Club der Excentrischen war, in seinem Grabe zur ewigen Ruhe zu betten.

Drittes Capitel.

Oakswoods.

Der Name Oakswoods läßt erkennen, daß die Oertlichkeit, die dieser Friedhof einnahm, früher von einem Eichenwalde bedeckt gewesen war. Gerade Eichen kommen in den ausgedehnten Einöden von Illinois – einst von der Ueppigkeit seines Pflanzenwuchses Prairie State genannt – am häufigsten vor.

Von allen Grabmonumenten, die der Friedhof enthielt und worunter sich viele recht kostbare befanden, konnte sich doch keines mit dem vergleichen, das William I. Hypperbone schon vor einigen Jahren zu seiner persönlichen Benutzung hatte errichten lassen.

Bekanntlich bilden die amerikanischen, ebenso wie die englischen Begräbnißplätze richtige Parke. Hier fehlt nichts, was das Auge ergötzen kann, weder Rasenflächen, noch lauschige, schattige Plätze oder fließendes Wasser. Die Seele kann dabei gar nicht in Trauerstimmung kommen. Die Vögel zwitschern hier munterer als anderswo, vielleicht weil sie auf diesem Felde der ewigen Ruhe niemals gestört und verscheucht werden.

Das nach den Plänen und auf Kosten William I. Hypperbone’s erbaute Mausoleum erhob sich nahe einem Weiher mit stillem Wasser. Das Monument in angelsächsischem Geschmack zeigte alle Launen des schon die Renaissance streifenden gothischen Baustils. Aeußerlich durch seine Façade eine Kapelle mit einem bis zur Spitze etwa hundert Fuß aufragenden Glockenthurm, bildete es gleichzeitig eine Villa oder ein Landhaus durch die Form seines Daches und die Anordnung der bunten Fenster mit Jalousien.

In dem mit Kreuzen und Steinblumen verzierten Thurme, der auf den Widerlagern der Façade ruhte. hing eine Glocke von mächtigem Klange, die die Stunden der darunter angebrachten, in der Dunkelheit beleuchteten Uhr verkündete. Die metallische Stimme dieser Glocke war, wenn sie aus den durchbrochenen und vergoldeten Schalllöchern ertönte, bis über die Umschließung der Oakswoods und bis nach dem Ufer des Michigansees hin vernehmbar.

Das Bauwerk maß hundertzwanzig Fuß in der Länge und in seinem Querschiff sechzig Fuß in der Breite. Seine Grundform war die eines lateinischen Kreuzes, dem sich ein halbkreisförmiger Chor anschloß. Das Gitter um das Ganze, eine schöne Probe von Aluminium-Schmiedearbeit, stützte sich in gleichen Abständen auf Säulen mit Fackelträgern. Vor diesem standen Gruppen von herrlichen, immergrünen Bäumen, zwischen denen das stolze Mausoleum sich erhob. Durch das jetzt geöffnete Thor des Gitters gelangte man über einen mit Gebüsch und Strauchwerk eingerahmten Weg zu einer Art Perron, zu dem fünf weiße Marmorstufen hinaufführten. Hinter ihm befand sich ein Portal mit zwei bronzenen Thürflügeln, deren Felder in durchbrochener Arbeit Blumen und Früchte ausfüllten.

Dieser Eingang diente für ein Vorzimmer, worin Divans mit großen goldenen Nägeln und eine prächtige Vase aus chinesischem Porzellan, die häufig mit frischen Blumen gefüllt wurde, aufgestellt waren. Von der Decke hing ein siebenarmiger Krystallkronleuchter mit elektrischen Lampen herab. Durch Kupferrohre in den Ecken strömte die milde, gleichmäßig warme Luft eines Heizapparats aus, der in der kalten Jahreszeit von einem Friedhofswächter der Oakswoods bedient wurde.

Stieß man die verglasten Flügel einer dem Perronportale gegenüberliegenden Thür auf, so gelangte man in den Hauptraum des Bauwerks. Dieser bildete einen großen, runden Saal, ausgestattet mit dem übertriebenen Luxus eines Erzmillionärs, der auch nach dem Ableben die Pracht und die Bequemlichkeiten des Lebens nicht missen will. Durch mattes Glas, das den oberen Mitteltheil der Decke abschloß, fluthete ein reichlicher Lichtstrom in das Innere. An den Wänden prangten Arabesken, Laubwerk, Leisten, kugelförmige Vorsprünge, Blumen und Bogenlinien, die ebenso sein wie die einer Alhambra ausgemeißelt waren. Der untere Theil der Wandfläche verschwand hinter Divans mit leuchtend farbigem Ueberzuge. Da und dort standen Statuen aus Bronze oder Marmor, Faune und Nymphen darstellend. Zwischen den mit glänzendem Stuck verputzten Pfeilern, den Stützpunkten für die Rippen der Wölbung, konnte man einige Werke neuerer Meister – in der Hauptsache Landschaften – bewundern, die ein goldener Rahmen mit besonders leuchtenden Punkten darin umschloß. Dicke, weiche Teppiche bedeckten den mit spiegelndem Mosaik verzierten Fußboden.